Thema:
Re:Vielleicht nochmal zur kriminologischen Einordnung: flat
Autor: Phil Gates
Datum:17.03.23 15:15
Antwort auf:Re:Vielleicht nochmal zur kriminologischen Einordnung: von FS

>>So ist es. Einen Mord kann man auch begehen, ohne ihn vorher geplant zu haben (siehe bspw. die Raser-Urteile… die haben das natürlich nicht geplant, die sind mit 200 durch Berlin gefahren, da geht es dann um „gemeingefährliches Mittel“).
>
>Der niedere Beweggrund "Eigensucht" wurde hier geltend gemacht.
>
>“Durch dieses Vorgehen stellte er seine Interessen - nämlich eine erneute Inhaftierung unter allen Umständen zu vermeiden - in krasser Eigensucht über das Lebensrecht anderer Verkehrsteilnehmer.“


Eigensucht ist eigentlich kein niederer Beweggrund.

>
>Man kann auch argumentieren er sei planerisch vorgegangen. Er hat die Raserei ja nicht durch eine Fehlfunktion (z.B. klemmendes Gaspedal) durchgeführt sondern gezielt sich eine Strecke ausgesucht und dass dabei Zitat “bei seiner Fahrweise das von ihm gelenkte Fahrzeug eine nicht vorhersehbare Anzahl von Menschen töten könnte, nahm er billigend in Kauf“.


Das Planerische ist auch nicht wirklich das entscheidende Thema, "sondern eine nicht vorhersehbare Anzahl von Menschen töten könnte" - das ist die Definition von gemeingefährliches Mittel.

>
>Das Urteil ist auch umstritten. Es ist der Grenzbereich zwischen Todschlag und Mord. Die Verteidigung sagte dazu auch “Wie kommt man dazu, davon auszugehen, dass unser Mandant vorsätzlich Personen ermorden wollte?“. Ich denke auch dass er nicht losgefahren ist um Menschen zu ermorden sondern um egoistisch seinem Wunsch nach Nervenkitzels nachzukommen.
>
>Ich neige da mehr dem Argument der Verteidigung zu folgen. In meinen Augen ein Fall von Todschlag mit maximaler Schuldschwere.


Bin ich bei Dir, es ist sogar schon fraglich, ob da überhaupt Vorsatz (billigend in Kauf nehmen) vorliegt. Ich habe vor 22 Jahren noch an der Uni gelernt, dass ein Raser oder ein Besoffener usw. grundsätzlich davon ausgeht, dass es gut gehen wird - das heißt er handelt vielleicht rücksichtslos und äußerst grob fahrlässig, aber nicht vorsätzlich. Diese Raserurteile versuchen eine sonst eintretende Strafbarkeitslücke zu füllen, weil der Täter sonst nur wegen fahrlässiger Tötung bestraft werden könnte und das dann irgendwie "zuwenig" erscheint.


< antworten >