Thema:
Minimalkonsens flat
Autor: Atlan
Datum:06.05.22 16:32
Antwort auf:Ich hab immer wieder mal Probleme mit dem Inhalt von Derrick

Jepp. Ich finde das Video an sich zwar gut, wenn auch unnötig lang, und halte Kliemann natürlich ebenfalls für ne Knalltüte.

Aber wo es bei den großen Vorbildern oft um Systemfragen geht, pickt Böhmermann sich viel zu häufig irgendwelche Einzelschicksale und -themen heraus. Bei denen dann wirklich alle bis auf ein paar AfDler Beifall spenden, am Ende unter dem Johlen der Menge ein symbolischer Kopf rollt und die Mehrheitsmeinung sich gegenseitig auf die Schulter klopft in moralischer Selbervergewisserung des richtigen Lebens im falschen. Jedoch:

Don't hate the player, hate the game.

Und genau das macht Böhmermann fast nie. Es wird nicht die überbordene Huldigung des Unternehmertums kritisiert, sondern nur der ein oder andere zwielichtige Betrüger. Es wird nicht der Kapitalismus an sich kritisiert, sondern nur der vermeintlich faule Apfel in einem Korb, der ansonsten ja superdupertoll wäre und zum Wohle aller. Im Grunde ist Böhmermann der Proto-(Sinn)fluencer schlechthin, eine lebende Twitter-Bubble, die fleischgewordene Startseite von Spiegel Online. Sein Schaffen lässt sich am besten zusammenfassen mit einem Wort, das der Tod echter Satire ist und ihrem Zweck, der Mehrheit ideologiekritisch den Spiegel vorzuhalten: staatstragend.


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