Thema:
Re:Darauf achten was fehlt flat
Autor: _bla_
Datum:16.10.21 15:38
Antwort auf:Re:Darauf achten was fehlt von Link

>>>Nahezu ist nicht nichts. Mein Bruder hat kürzlich geheiratet, klassischer Dink-Fall, beide verdienen gut, und er hat darüber gestaunt, dass er jetzt tatsächlich (in seinen Augen völlig überflüssige) steuerliche Vorteile hat. Wenn er mir da keinen Mist erzählt hat, gibt es also auch in solchen Konstellationen noch Ersparnisse durch das Splitting.
>>
>>Ich hatte das mal bei mir und meiner Frau ausgerechnet, der Vorteil lag bei uns bei deutlich weniger als 100 Euro pro Jahr. Das ist im Vergleich zur gesamten Steuerlast vernachlässigbar. Vielleicht hat er die Steuerklassen mit dem tatsächlichen Steuersatz verwechselt?
>
>Glaube ich nicht. Kann ja sein, dass zwischen beiden trotzdem ein größerer Unterschied im Einkommen besteht als bei Euch. Etwa der Unterschied zwischen sehr gutem und wirklich ordentlichem Verdienst. Aus dem eine unnötige Entlastung resultiert.


Solange Ehepartner beide jeweils Einkommen im Bereich zwischen 65k bis 120k haben, gibt es gar keinen Splittingvorteil. Liegt ein Partner über 120k und der andere nicht, kann es durch die ziemlich idiotischen Neuregelung des Solidaritätszuschlags sogar dazu kommen, das eine Ehepaar mehr Steuern zahlen muss als ein unverheirates Paar mit identischen Einkommen.
Hier gibt es eine schöne Grafik zur Wirkung des Splittings:
[https://www.wirtschaftsdienst.eu/inhalt/jahr/2019/heft/10/beitrag/verfassungswidrige-ehegattenbesteuerung-durch-die-reform-des-solidaritaetszuschlags.html]

Da kann man schön sehen, das die Einkommen schon sehr weit auseinder gehen müssen, damit es einen erheblichen Vorteil gibt. Schon wenn der Partner mit dem geringeren Einkommen 20% oder mehr das Gesamteinkommens einbringt, bleibt der Vorteil bei nicht ausgewöhnlich hohen Einkommen bei unter 3000 Euro. Sind die Gehälter auch nur halbwegs ähnlich verteilt, also bspw. 70:30 und halbwegs hoch, dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, das das Splitting nichts oder fast nichts bringt.

>Sehe ich ein. Aber warum sollen alle die, bei denen ein solcher Fall eben nicht eingetreten ist, auch entsprechend - und zwar je nach Konstellation massiv und nicht nur ein bisschen - entlastet werden? Nur weil es eventuell mal so kommen könnte? Und dafür dann die vielen gesellschaftlichen Nachteile in Kauf nehmen, die eine solche Pauschalregelung mit sich bringt (Stichwort Fachkräftemangel => mehr Frauen in Arbeit bringen)?

Einerseits ja, weil es eben mal so kommen könnte und andererseits eben auch der Fairness halber. Es geht darum, das Steuern nach Leistungsfähigkeit gezahlt werden sollen. Und warum sollte ein Ehepaar was zusammen bspw. 120k Euro Bruttoeinkommen hat, eine unterschiedliche Steuerlast haben, je nach dem wie sich dieses Einkommen auf die Partner verteilt? Das Ehegattensplitting sorgt einfach nur dafür, das zwei Ehepaare, die gemeinsam das gleiche Gesamteinkommen haben, auch gleich viele Steuern zahlen. Ansonsten würde unsere progressive Besteuerung dafür sorgen, das höhere Steuern fällig werden, wenn das Einkommen ungleich verteilt ist.

>Ich sag ja nicht, dass einfach jeder irgendwelche Vorteile bekommen soll. Ich würde sie eben an andere Voraussetzungen (Kinder oder auch Notlagen wie Arbeitsunfähigkeit eines Partners) knüpfen bzw das Geld lieber direkt in Kinder investieren.

Mein Vorschlag wäre halt: Man erlaubt zusammenlebenden Paare, egal ob verheiratet oder unverheiratet, maximal die Hälfte des eigenen Einkommen auf den anderen Partner vor der Versteuerung übertragen/schenken. Übertragenes Einkommen muss dann normal individual versteuert werden. Hat bei maximaler Nutzung den genau gleichen Effekt wie das Ehegattensplitting. Sorgt aber dafür, das klar wird, das sich der Vorteil eben daraus ergibt, das man sich das Einkommen teilt. Das Ehegattensplitting geht eben davon aus, das in einer Ehe jeder das halbe Gesamteinkommen zur Verfügung hat, unabhängig davon, wie viel er selbst verdient.


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