Thema:
Re:Contra flat
Autor: StefanK
Datum:15.10.21 15:03
Antwort auf:Contra von Maio4c

>Vielen Dank für deine ausführliche Antwort, aber irgendwie fühle ich mich ein bisschen missverstanden und ich finde mir wurden die Worte ein bisschen im Mund herumgedreht, bzw. muss ich einiges noch näher ausführen, weil ich es etwas missverständlich ausgedrückt...
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>>Erstmal: Schön, dass du scheinbar deine Berufung zum Beruf gemacht hast. Jeder top Lehrer ist ja eine Gute Sache.
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>>Aber, und jetzt mach ich mich unbeliebt - no front an dich - aber es passt gerade so gut, weil es auch bei dir durchklingt:
>>
>>Dieses permanente Gejammer der Lehrer bzgl. Bezahlung und Freizeit geht mir echt auf den Sack!
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>Also, ich denke, dass zwischen "permanenten Gejammer" und einer fundierten Meinung schon ein Unterschied liegt.
>


War auch nicht auf dich konkret bezogen, sondern auf die vielen anderen Leherer, bei denen man immer wieder dieses Gejammer innerhalb kürzester Zeit mit- oder gesagt bekommt.

>>"Klar schränkt der Stundenplan die Tagesplanung (v.a. am Vormittag) ein" - Also ich seh hier die (Grundschul)Lehrer:in täglich kurz nach 12 entspannt nach Hause radeln! Dazu 65+ Ferientage! Also an Freizeit und work-LIFE-balance sollte es nicht hapern. Niemend in der viel zitierten freien Wirtschaft mit Vollzeitjob hat so viel Freizeit.
>>
>
>Wie du sicher unten gelesen hast, habe ich genau die tolle Work-life balance gelobt und ich bin mehr als zufrieden. Die einzige Einschränkung ist eben, dass du auf deinen Stundenplan eben keinen Einfluss hast. Wenn dein Kind z.B. am Freitagnachmittag gerne zum Reiten geht und das hat letztes Jahr noch super geklappt, kann es halt sein, dass es im nächsten Schuljahr nicht für dich möglich ist, weil du in der Oberstufe nachmittags unterrichtet. Einfach mal tauschen oder Gleitzeit ist nicht möglich - das ist ein absolut starres System, auf das man keinen Einfluss hat. Oder an einem "Nicht-Ferien-Tag" mal auf ein Konzert oder ein Länderspiel, ist halt nicht möglich. Aber wie gesagt, dass wird anders kompensiert.
>


Sehe trotzdem nicht, wo ein Lehrer nun den großen Nachteil zu einem Arbeiter hat der z.B. von 10-17 Uhr Kernarbeitszeit hat. Und die Beispiele Konzert/Länderspiel versteh ich auch nicht, wo da der Lehrer im Nachteil ist. Du meinst wenn du Mittwochs bis 3 Uhr nachts Party machen willst und dann morgens früh hoch musst? Dann muss man in Ausnahmefällen auch mal vielleicht mit 4-5 Std Schlaf auskommen. Und ein Länderspiel ist jetzt auch nicht gerade zu Schulzeiten?
Und wann gar nichts mehr hilft: Mal einen Tag im Jahr "krank" sein, sollte auch gehen...

>>"dass finanziell die ganz großen Sprünge, wie sie in der freien Wirtschaft möglich sind, einfach niemals stattfinden werden"
>>Also die meißten Lehrer die ich kenne, fahren ca. 4x im Jahr in den Urlaub. Das ist nicht nur möglich, weil man so viel Ferien hat, sondern auch weil die Bezahlung sehr gut ist. Und jetzt bitte nicht noch das Märchen, dass Klassenarbeiten am Strand korrigiert werden müssen...
>
>Auch das ist ein Stereotyp, der gute alte "Lehrer fahren so oft in den Urlaub" Dampfhammer. Den könnte man sicher auch für Personen in der freien Wirtschaft schwingen, es kommt halt darauf an, wo man im Leben seine Prioritäten hat. Wir fahren sicher keine 4x in den Urlaub.
>


Vielleicht muss man es anders rum sehen. Zieht vielleicht der Job des Lehrers eher Leute an, die sehen, dass man viel Ferien hat? Und das auch entsprechend nutzen wollen?

>Tatsächlich ist es aber so, dass manche "Ferien" tatsächlich keine sind. Zum Teil punktuell, zum Teil auch komplett. Ich sitze in meinen "Herbstferien" zum Beispiel tatsächlich jeden Vormittag vor dem Rechner und korrigiere 18 W-Seminararbeiten mit jeweils 15 Seiten Umfang.
>


Wärst halt mal Sport- und Mathelehrer geworden :-D

>>Hast du dir mal ausgerechnet, wie viel du real brutto verdienen müsstest, damit du dein netto A15 Gehalt inkl. Zulagen erreichst? Sicherlich 80-100K pro Jahr! Und als Hinweis: Damit gehört man dann zu den oberen 10-15% in Deutschland. Wenn wir dann anfangen den realen Stunden Lohn zu berechnen, sind wir wohl noch viel weiter oben.
>>Und dann hast du bestenfalls 30 Tage Urlaub. Und die üppige Pension hat man auch nicht. Und ich nehme an, dass es in der Gehaltsregion auch stressig werden kann.
>>Ich bin mir sicher, nur die allerwenigsten Lehrer würden in der Wirtschaft, finanziell dass erreichen, was sie als Beamte erreichen.
>
>Auch hier habe ich geschrieben, dass ich nicht "zufrieden", auch nicht "sehr zufrieden", sondern sogar "sehr, sehr zufrieden" mit meinem Gehalt bin. Trotzdem ist es einfach Fakt, dass es keine Gratifikationen in Form von Gewinnbeteiligung, Firmenwagen oder erfolgsorientierte Boni gibt.


Würde ich komplett befürworten, dass Lehrer Leistungsorientiert entlohnt werden...
(Wobei diese genannten Boni auch nur ein (sehr)kleiner Teil der Angestellten erhält. Dein ganzer Freundes und Bekannten Kreis scheint nur aus höchstbezahlten zu bestehen :-D)

>Wenn man es mal plump sagt, ein Lehrer der keinen Bock mehr hat, auf A15 sitzt und nur das Minimum arbeitet, bekommt das selbe oder sogar mehr, wie jemand, der sich Mühe gibt, innovativ ist und wirklich was bewirkt. Der "Faule" kann weder abgemahnt, versetzt oder gefeuert werden, der kann das Ganze bis zur Pension durchziehen.

... weswegen ...

>>
>>Ich finde jeder Lehrer sollte, bevor er verbeamtet wird, vielleicht mal 2 Jahre in der Wirtschaft arbeiten - für den Realitycheck. Besser: Beamtentum bei Lehrern ganz abschaffen.
>
>Ja, krasse Meinung, aber ich denke dann wird es noch schwerer sein, Lehrer zu finden. Gerade in den Naturwissenschaften dürfte es dann brutal werden...
>


... vielleicht Beamtentum einfach nicht das richtige Modell bei Lehrern ist. Dass z.B. ein Deu/Eng Lehrer mehr zu korrigieren/vorbereiten/arbeiten hat als ein Sport/Mathe Leherer sollte auch einem Blinden klar sein. Also sollte es hier ja schon gehaltsmäßig unterschiede geben.

Und der Motivierte/Engagierte Lehrer der einfach mehr macht als Dienst nach Vorschrift sollte ebenfalls finanzielle Vorteile haben.

Aber dieses reine: Viel Ferien, top Bezahlung, üppige Pension, Null Extra Anstrengung dank Unkündbarkeit bei Beamten - das zieht halt imho einfach schon eine gewisse Klientel an die nicht unbedingt optimal für den Job ist. Also gerne: gute Lehrer gerne wie Top Facharbeiter in der Wirtschaft bezahlen. Und insgesamt mehr Leistungsorientiertheit bei der Bezahlung.

>>Ein Lehrer hat so viele Privilegien, da wäre etwas mehr Demut und Zufriedenheit angebracht. Und wer mit dem Lehrer Job nicht klar kommt: Einfach was in der Wirtschaft suchen - für die großen finanziellen Sprünge! :-D
>
>Wie gesagt ich bin sehr demütig und vor allem auch dankbar und ich denke, das habe ich auch in meinem post deutlich gemacht. Beim erneuten Durchlesen, empfand ich meinen Text vielleicht sogar so geschrieben, dass ein böswilliger Leser ihn sogar als "stealth bragging" interpretieren könnte, was mir unangenehm ist
> - du siehst das ja glücklicherweise komplett anders ;-)


Ja, so wie du zu dem Thema schreibst merkt man schon, dass du einer der "guten" / reflektierten Lehrer bist. :-)


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