Thema:
Re:Weiter gehts.... flat
Autor: JPS
Datum:23.07.21 21:43
Antwort auf:Re:Weiter gehts.... von 677220

>Danke für die Erklärung, die mich aber nicht überzeugt hinsichtlich der Tatsache, dass das jetzt der/ein Skill sein soll der ITler so wertvoll macht.

"ITler" ist keine Berufsbezeichnung und beschreibt daher nicht ansatzweise die konkrete Tätigkeit oder das Aufgabengebiet.

>In meiner Idealvorstellung ist so ein hochbezahlter ITler bei Topfirmen eher jemand, der den ganzen Tag programmiert und mit dem Ergebnis Prozesse im Unternehmen wirtschaftlich und qualitativ verbessert, in dem Abläufe, ERP-Systeme und Spezialprogramme so angepasst werden, dass sie dem konkreten Nutzer massig Zeit ersparen und das Leben einfacher machen.

Es geht laut Stellenangebot um einen Job als "System- und Anwendungsadministrator". Mit Softwareentwicklung oder Prozessoptimierung auf hohem Niveau hat das entsprechend gar nichts zu tun, zumal wir dann auch klar im sechsstelligen Bereich unterwegs wären.

Deine geschilderte Tätigkeit gibt es denke ich in größeren Firmen auch gar nicht in der Form, da das viel zu viele Bereiche umfassen würde und in großen Firmen Aufgabengebiete eher sehr spezifisch sind. Da wird nicht derjenige der den Bedarf analysiert auch die Umsetzung (Programmierung) durchführen.

Wenn nun also jemand als "Anwendungsadministrator" gesucht wird, wäre es (zumindest aus Sicht der Personalabteilung, die sich über solche Checklisten dann auch selbst ein wenig absichern kann) hilfreich, wenn er in mit den vom Unternehmen genutzten Produkten bereits Erfahrung hat.

Entsprechend werden dann halt auch Leute gesucht die mit Microsoft365 (wie im letzten Beitrag beschrieben ist das eigentlich viel zu wenig spezifisch und kann alles und nichts bedeuten) Erfahrung haben.

Persönlich halte ich das auch für einen schlechten Maßstab zur Beurteilung, ob jemand ein guter Administrator ist, aber es ist halt zumindest Mal ein (auch über Schulungen und Zertifikate) nachweisbarer Skill, während die wirklich entscheidenden Fähigkeiten nicht so leicht über eine Checkliste erfasst werden können.

Zumindest sollten die Skills, so sie denn tatsächlich zum Unternehmen passen, die Einarbeitungszeit reduzieren - im Idealfall bringt der Bewerber sogar umfangreiche Erfahrung mit und kann daher die Qualität in seinem Fachbereich direkt steigern und neue Lösungsansätze einbringen.

>In der Praxis kenne ich das so nicht. Da sind ITler eher Leute, die halt ein Wissen haben, das ich nicht habe (mir aber grundsätzlich aneignen könnte, was ich jedoch nicht will), und ansonsten genauso ahnungslos sind wie ich, was das große Ganze betrifft.

Das liegt daran, dass Du ab einer gewissen Größe der IT-Abteilung die Leute die im Hintergrund die Sache am Laufen halten, komplexere Fehler analysieren, Migrationen planen und für die Sicherheit und Einhaltung von Datenschutzbestimmungen sorgen gar nicht zu sehen bekommst.

Du bekommst einen 1st Level Supporter ans Telefon oder an Deinen Arbeitsplatz geschickt, der diesen eher gering bezahlten Drecksjob deshalb macht, weil er noch nicht lange genug dabei ist oder tatsächlich nichts drauf hat.

Das ist schlicht kein erfüllender Job und nichts was jemand dauerhaft machen will - zumal auch die Kohle nicht stimmt. Also wandert jeder der kann in Tätigkeitsbereiche ab, in denen er mit diesem direkten User-Support nichts mehr zu tun hat.

Zumindest in größeren Unternehmen ist das auch problemlos möglich, wenn man dran bleibt und seine Qualifikation verbessert. Nachteil in großen Unternehmen ist halt, dass die Tätigkeiten weniger abwechslungsreich und enger abgesteckt sind. Dadurch ist das nicht für jeden das richtige.

Manche sind lieber Jack-of-all/many-Trades - so dass Du bei kleineren Firmen eher die Chance hast auf jemand zu treffen der einen Fehler auch tatsächlich selbst analysieren kann, statt nur Checklisten abzuarbeiten und beim ersten Widerstand die nächste Support-Ebene einzuschalten.

Ein solcher "ITler" wird dann aber natürlich auf Grund der Breite seiner bearbeiteten Themengebiete nur in wenigen Teilbereichen wirklich tiefe Kenntnisse besitzen - da ist der eigentliche Skill die Fähigkeit sich sehr schnell in nahezu jedes Thema eigenständig einzuarbeiten, durch Berufserfahrung auf Erfahrungswerte zurückgreifen zu können und Auswirkungen seiner Maßnahmen auf andere Bereiche richtig einzuschätzen.

Gibt aber natürlich auch bei kleineren Firmen "Administratoren" die eigentlich nur First-Level-Support betreiben und für alle komplexeren Themen externe Dienstleister hinzuziehen.

Insgesamt sind die Chancen also überall groß, dass zumindest der Supporter den Du regelmäßig zu Gesicht bekommst nicht allzu viel drauf hat oder noch nicht sehr lange dabei ist. Wenn du Glück hast ist er wenigstens engagiert und hat für die gängigsten Wehwehchen des Client-Bereichs durch genügend Erfahrung einen schnellen Lösungsansatz.

Über seine Fähigkeiten als Systemadministrator sagt das aber relativ wenig aus, da der Support von Clients schlicht kein besonders relevanter Bereich ist, der eine tiefergehende Analyse von Problemen überhaupt rechtfertigen würde.

Bei Problemen einzelner Clients ist es sehr schnell kostengünstiger einfach das System neu aufzusetzen oder auch mal im Zweifel direkt neue Hardware zu beschaffen, statt lange die tatsächliche Ursache einzugrenzen. Erst wenn ein Problem wiederholt auftritt oder dauerhaft mehrere Clients betrifft wird es relevant - dann aber in großen Firmen eben auch nicht mehr von dem Dir vertrauten 1st Level Supporter bearbeitet.

Es gibt dennoch "ITler" die ihren Schwerpunkt auf Client-Systeme gelegt haben - da geht es dann aber um Dinge wie Deployment, Erstellung von Images und allgemein die Automatisierung von Abläufen - auch wieder Sachen die Du als Endanwender nicht zu Gesicht bekommst, wenn Du Dich mit einem Problem an die IT-Abteilung wendest.

Und ja, vieles in der IT kann man - wenn man eine grundlegende Affinität für den jeweiligen Bereich besitzt - auch selbst lernen. Das trifft aber im Prinzip auf jeden Beruf zu. Um in seinem Bereich wirklich gut zu sein, ist aber lange Berufserfahrung und laufende Fortbildung (wohl kaum ein anderer Beruf erfordert so viel lebenslange Auffrischung von Kenntnissen) nötig.

Komischerweise ist aber gerade die IT ein Bereich in dem viele Kunden und Endanwender zu dieser Fehleinschätzung kommen, dass sie das auch alles sehr schnell selbst erlernen könnten. Vermutlich weil sie wie oben beschrieben eben nur einen kleinen und sehr wenig relevanten Bereich (in dem entsprechend auch kaum langjährige Berufserfahrung vorzufinden ist) zu Gesicht bekommen.


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