Thema:
Re:Unbegrenzte Amtszeiten regen zu Machtanhäufung an flat
Autor: _bla_
Datum:17.01.21 21:26
Antwort auf:Re:Unbegrenzte Amtszeiten regen zu Machtanhäufung an von raist

>>Amtszeitbeschränkungen können zumindest ein gutes Hindernis gegen den Umbau einer Demokratie in eine Diktatur sein.
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>In dieser Einfachheit leuchtet mir das nicht so recht ein. Ein Schwenk auf eine Diktatur benötigt doch umfassende Veränderungen. Und ob man in diesem Zug auch einfach noch die Amtszeitbegrenzung aufhebt, hat doch keine nennenswerte Relevanz.


Doch das hat schon große Relevanz. Eine Amtszeitbegrenzung wird in der Regel in der Verfassung festgeschrieben sein, evt. sogar mit der Vorgabe das diese nicht geändert werden kann. Das ist dann erheblich schwieriger das zu ändern, als viele andere Sachen, die sich auch mit einfacher Mehrheit ändern lassen. Viele Schritte auf dem Weg zur Diktatur lassen sich in kleinen, für sich alleine relativ unauffälligen, Schritten gehen, etwa Einschränkungen von Presse-, Versammlungs- und Meinungsfreiheit und Umbau der Justiz. Bei einer Amtszeitbegrenzung geht sowas kaum. Eine Amtszeitbegrenzung ist auch sehr einfach zu verstehen. Das ist etwas anderes als irgendwelche formalen Regeln für die Berufung von Richtern.

>Warum es für einen demokratisch gewählten Kanzler nach 16 Jahren einfacher sein sollte, den Souverän von einem Schwenk auf eine Diktatur zu überzeugen als nach acht Jahren, verstehe ich nicht so recht.

Weil ein Schwenk auf eine Diktatur selten von heute auf morgen passiert. Er verläuft in der Regel in vielen kleinen Schritten. Und natürlich ist die Amtszeitbegrenzung nicht die ultimative Waffe dagegen. Es gibt viele andere wichtige Elemente einer wehrhaften Demokratie und viele davon sind wichtiger als eine Amtszeitbegrenzung, aber trotzdem halte ich sie für ein gutes und wichtiges Instrument. Also etwa so wie ein Airbag beim Auto: Bremsen, Sicherheitsheitsgurte und Knautschzonen sind wichtiger um tödliche Unfälle zu verhindern, aber ein Airbag hat sich als sehr gute Ergänzung erwiesen.

>>Ich finde das ist eine ähnliche Fragstellung wie mit dem Mindestlohn: Es gibt ernstzunehmende Argumente für einen hohen Mindestlohn und es gibt ernstzunehmende  Argument für einen geringen Mindestlohn, aber gar keinen Mindestlohn zu definieren, scheint mir ebenso unsinnig, wie keinerlei Beschränkung der Amtszeit zu bestimmen.
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>Ein Mindestlohn ist doch nun kein unabdingbarer regelbedürftiger Bestandteil einer funktionierenden Gesellschaft. Das könnte man z.B. durch ein Grundeinkommen regeln, wenn man es wollte. Also nicht, dass ich jetzt gegen den Mindestlohn argumentieren wollte (den finde ich gut), aber das es total unsinnig wäre, keinen Mindestlohn gesetzlich zu definieren, kann ich so nicht unterschreiben.


Natürlich kann eine Gesellschaft auch ohne Mindestlohn funktionieren, aber er schadet eben auch nicht. Wenn ich mit einem Grundeinkommen erreicht habe, das sich niemand findet, der für unter 10€ die Stunde arbeitet und es gibt gleichzeitig einen Mindestlohn von 5€/h, dann ist der Mindestlohn eben völlig wirkungslos. Vielleicht gibt es aber eben doch irgendwelche Ausbeuternischen, wo das dann doch nicht stimmt und da hilft dann selbst so sehr geringer Mindestlohn etwas.
Das Gleiche hättest du bei einer sehr langen Amtszeitbegrenzung. Wer argumentiert, das Amtszeiten eh nach spätestens 16 Jahren enden, der müsste eigentlich auch kein Problem mit einer Beschränkung auf 20 Jahre haben, weil laut seiner Aussage ja eh immer früher Schluß ist.


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