Thema:
Re:The Shield angefangen flat
Autor: Felix Deutschland (deaktiviert)
Datum:22.08.19 17:15
Antwort auf:Re:The Shield angefangen von thestraightedge

>>The Shield ist ultra weird, weil die Show gleichzeitig versucht, "realistisch" zu sein (Viel Steadycam; grelle Farbkorrektur so das alles so aussieht wie eine Digitalkamera die gerade dabei ist die Helligkeit automatisch anzupassen und erstmal drei Ticken zu hell ausfällt; vergleichsweise schmucklose Locations für Aussendrehs), andererseits aber auch vier mega korrupte Cops als rechtschaffen oder zumindest rechtschaffender als den normalen Polizeibetrieb zu zeichnen versucht
>
>Ist das so? Es ist ein paar Jahre her, aber nach meiner Erinnerung kommt die Serie zwar ohne ständigen moralischen Zeigefinger aus, und stellt auch die Verfehlungen eher nüchtern / realistisch dar.


Ääääh... nee. In Folge 8 kriegt ein Pädo-Ganglord vom Strike Team ein Branding. Ein Konflikt zwischen zwei Rapper löst Vic unbürokratisch, indem er beide über Nacht in einem Schiffscontainer einsperrt in der berechtigten Hoffnung, dass halt einer den anderen abmurkt. Die "Holding Cell" ist ein buchstäblicher Menschenkäfig mitten in der Wache, welche in betont nüchternem Realismus, ääh verzeihung brachialster, jeglichem Echtwelt-Bezug entbehrender Holzhammer-Metaphorik in einer alten Kirche untergebracht ist. In der ersten oder zweiten Folge kommt Mackey in einen Verhandlungsraum mit einem Zippo-Feuerzeug, einem Telefonbuch und noch einem Gegenstand und knipst zur Begrüßung erstmal die Überwachungskamera ab.

The Shield ist typisch in seiner Ästhetik und seiner Figurenzeichnung für die frühen Nullerjahre, als es den Begriff "Edgelord" so nocht nicht gab. Alles war Nü-Metal-mäßig überstilisiert, es gab Filme wie "XXX" (Mit Vin Diesel den), wo der Held buchstäblich ein unsympathischer Hoden war. Ähnlich The Shield, dessen Protagonist auch sehr testikelhaft daherkommt und dessen Begriff von Rechtsstaatlichkeit haarsträubend ist, nur halt anders haarsträubend als bei seinen Kollegen.

Die einzige Figur mit Redeeming Qualities ist die schwarze Polizistin, die von CCH Pounder gespielt wird. Sie ist noch am ehesten sowas wie ein "Viewpoint Character", aber sie wird fast die gesamte Show hindurch als so ein Anhängsel benutzt, auch wenn sie später dem Strike Team auf die Pelle rückt, ist das auch wieder so auf Biegen und Brechen konstruiert... ich weiß nicht.

The Shield verkauft jegliche Kredibilität, besonders in der heutigen Zeit, aber das hätte man genauso gut damals auch schon so machen können, durch den Standpunkt, dass die Cops zwar gebrochen sind, aber halt irgendwie auch trotzdem noch die Helden. Weil, die anderen, "die Bösen", "der Feind", der ist halt noch viel viel schlimmeres Gesocks; seibernde Greise die ihre Enkelinnen für Fünf Mark verkaufen und ähnlich grauzonenbefreit angelegte Sachverhalte. The Shield würde funktionieren, wenn die Cops klare Antagonisten wären.

Von allen Shows in der Art, die noch folgten, besonders Sons Of Anarchy, ist die "Main Arc" aber von allen am Effektivsten. Da gebe ich Slochy auch Recht, dass das ein großer Kunstgriff war, die Serie von Episode 1 quasi an "zu rahmen" mit diesem Problem. Bei Sons of Anarchy wussten sie quasi nach vier Folgen schon nimmer, was sie groß erzählen sollten.

Trotzdem ist The Shield imo bestenfalls noch dazu gut, als The-Wire-Ersatz für Leute zu fungieren, die nicht so gern Dialogen folgen.

>Unterm Strich aber gibts nie einen Zweifel, wer da gerade was für eine große Scheiße baut.

Innerhalb des ethisch-moralischen Koordinatensystems der Show, welches ich als Zuschauer nicht zwingend wholesale meinem eigenen überstülpen muss.

>Ich meine, direkt der Anfang ist doch schon ein Tiefschlag, da weisste was abgeht.

Joa, und genau das geht ab: Ambivalenz. Ein Polizist tötet einen anderen Polizisten. Und nun? Ja, und das "Und nun?" ist quasi der narrative Motor zumindest für deren erzählerischen Bogen. Ist auch effektiv und funktioniert.

Hat seitdem aber einerseits durchaus bessere inciting incidents für Antihelden-Protagonisten gegeben und andererseits ist der ganze Archetyp des männlichen Antihelden, der sein Leben mutwillig zerfickt damit seine Familie nachts ruhig schlafen kann, ich möchte meinen ein ganz klein wenig abgestanden. Letztere Aussage basiert freilich auf meinem persönlichen Geschack, nur fürs Protokoll.

>Erstaunlich ist für mich, dass die Kamera aber eben das Wirken der "schlechten" Seite portraitiert, und deren Alltag, und eben nicht vornehmlich das Wirken gegen diese schlechte Seite, wie es andere Serien machen.

Was meinst du damit genau? Ich hab glaub ich den Faden verloren.


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