Thema:
Re:Nachtrag zur Situation in München... flat
Autor: Kilian
Datum:24.07.19 16:56
Antwort auf:Re:Nachtrag zur Situation in München... von suicuique

>Und wie wollen die das machen? Ne Fahrspur wegnehmen oder zu Lasten der Parkstreifen (sofern vorhanden)?

Ist anzunehmen. Die Erfahrung in anderen Städten zeigt, dass genau das der Weg zum Erfolg ist (s.u.).

>Ich meine die Straßen sind jetzt schon komplett überlastet. Bauliche Veränderungen sind nur zu Lasten des Straßenverkehrs möglich. Und der bricht jetzt schon regelmäßig zusammen.

Dass man das denkt ist nachvollziehbar, aber nicht richtig. Tatsächlich ist es genau andersrum: Wo man einem bestimmten Verkehrsmittel Raum gibt, wird er eingenommen und die Zahlen (Autos, Fußgänger, Radfahrer auf einem bestimmten Streckenabschnitt) steigen. Wo man ihn wegnimmt, gehen die Zahlen zurück. Wichtig ist nur, dass man es kompensiert, d.h. dass man den Leuten genügend Ausweichmöglichkeiten auf andere Verkehrsmittel gibt.

London ist jahrzehntelang täglich unter dem Autoverkehr zusammengebrochen, bis man anfing die Nutzung der Straßen für den sogenannten motorisierten Individualverkehr (MIV, also private Autofahrer) teuer und somit unattraktiv zu machen. Gleichzeitig hat man den ÖV und das Angbeot für F+R deutlich verbessert und es geschafft, einen einigermaßen funktionierenden Ausgleich zwischen den Verkehrsmitteln herzustellen.

New York City ist ebenfalls jahrzehntelang täglich unter dem Autoverkehr zusammengebrochen, bis man zugunsten des Radverkehrs massiv Autospuren weggenommen und diese dem Fuß- und vor allem dem Radverkehr zur Verfügung gestellt hat. Dass diese Stadt innerhalb von wenigen Jahren von praktisch null ein zusammenhängendes Radwegenetz aufgebaut hat, ist ziemlich unglaublich. Ich habe es selbst schon genutzt und es ist großartig! :)

Mehr dazu unter [http://www.nyc.gov/bikemap]

>Wäre es nicht konsequenter man würde zb alles innerhalb des Altstadrings zur Fußgängerzone erklären?

Fußgängerzonen sind für Fußgänger; von so einer einseitigen und rigorosen Zuweisung der Nutzung halte ich nichts. Besser wäre ein Shared Space, d.h. jeder Verkehrsteilnehmer (Fußgänger, Radfahrer, Auto etc.) ist gleichberechtigt und muss auf den anderen achten. Das hat sich bspw. in den Niederlanden schon lange durchgesetzt und auch die Regensburger Altstadt fährt seit Jahren sehr gut mit diesem Modell. Nur haben viele Gemeinden Bedenken, weil es straßenverkehrsrechtlich schwer umzusetzen ist und sich die Entscheider in der Politik oft die Wirksamkeit dieses Modells schwer vorstellen können...

>Damit hätte man die Probleme zwar in den angrenzenden Zonen nicht gelöst aber man könnte ein deutliches Signal geben wohin die Reise geht ...

Das Signal ist vollkommen ausreichend, wenn man die Anzahl an Fahrspuren und Stellplätzen in der Innenstadt reduziert und gleichzeitig Ausweichmöglichkeiten (ÖV: höhere Taktfrequenzen, Fahrzeuge mit mehr Kapazität; F+R: qualitative und quantitative Verbesserung des Angebots) anbietet. So verlagert man gezielt den Verkehr und schafft die bestmögliche Verteilung.


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