Thema:
Re:Mangel an Transparenz, Aufklärung und Regulation flat
Autor: token
Datum:17.06.19 14:53
Antwort auf:Re:Mangel an Transparenz, Aufklärung und Regulation von JPS

>>Ich kann als Wähler nicht alles verstehen was eine Partei macht, noch kann ich überblicken warum sie etwas macht. Könnten und würden Menschen all das leisten bräuchten wir auch keine Parteien sondern einfach nur eine Plattform die Entscheidungen in den Raum stellt die wir dann direktdemokratisch absegnen oder verhindern.
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>>Eine Partei zu wählen ist also oftmals etwas wo man sich über das Gewicht von bestimmten Grundwerten positioniert. Wähle ich grün gebe ich Umweltthemen ein hohes Gewicht. Wähle ich rot gebe ich sozialer Gerechtigkeit ein hohes Gewicht. Wähle ich schwarz gebe ich einer Beständigkeit mit hohem wirtschaftlichen Fokus hohes Gewicht. Usw.
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>Darauf läuft es mit dem aktuellen System im Endeffekt hinaus - wobei selbst diese Basics in der Praxis nicht funktionieren. Der Niedergang der SPD zeigt IMO nicht, dass soziale Gerechtigkeit bei den Wählern eine geringe Priorität hat, sondern dass die Parteien noch nicht einmal ihren angeblichen Schwerpunkt bedienen, da die starke Entkopplung vom Wähler es sehr einfach macht erst Mal an die persönlichen Interessen zu denken - bis sich das auswirkt hat man ausgesorgt (siehe Schröder).
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Sehe ich auch so. Die Parteien haben Glaubwürdigkeitsprobleme, und für diese Probleme tragen sie weitestgehend selbst schuld. Diese Unruhe die von Außen erzeugt wird, kann gerade deswegen so effizient erzeugt werden, weil diese Angriffsflächen faktisch da sind. Aber wenn man Schuldige für irgendetwas sucht, da geht es Parteiverantwortlichen oftmals nicht anders als AfD-Wählern, wenn es Probleme gibt müssen die natürlich von irgendwo draußen kommen und lassen sich dann auch auf wenige Faktoren reduzieren. Damit schießt man aber am eigentlichen Problemherd vorbei, bzw. macht man es sich da zu einfach.

>Klar können dann theoretisch wieder andere Parteien entstehen und in diese Lücken stoßen, das ist aber ein Prozess der so lange dauert, dass er vollkommen untauglich ist um in unserer sich schnell wandelnden Welt sinnvoll zu funktionieren.
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>Allein die Strukturen für eine echte neue Partei aufzubauen, die zu mehr als einer Protestwahl oder unwirksamen Stimme im <5% Bereich taugt, dauert Jahrzehnte. Sieht man z.B. an den Grünen - wie lange hat es bei diesen gedauert, dass sie zu einer Partei aufgestiegen sind, die Strukturen besitzt um vollumfängliche Politik in allen Themenbereichen anzubieten und somit bei einer Wahl zu mehr als einem unbedeutenden Statement des Wählers zu taugen?
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Ich sehe in den Grünen auch keinen Heilsbringer und bleibe skeptisch, ich hab aber durchaus die Hoffnung dass es besser laufen könnte, wenn diese mehr Macht bekommen. Garantien dafür gibt es nicht, und wie du sagst, neue Parteien aufzubauen kostet zu viel Zeit, also muss man mit dem arbeiten was man hat. Und da ist nicht mehr viel übrig geblieben außer den Grünen in das man Hoffnung setzen könnte.

>Abgesehen von diesem Problem klappt das für den Wähler natürlich auch nur dann, wenn er genau einen Schwerpunkt hat, für den er bereit ist alle anderen Themen unterzuordnen. Man müsste als Wähler also quasi ein Extremist auf einem Gebiet sein, das zufällig von einer halbwegs relevanten Partei bedient wird. Ein Rechtsextremer wird aktuell z.B. kein Problem damit haben eine Partei für sich zu finden, da er zufrieden ist, wenn ein bestimmter Themenbereich nach seinen Vorstellungen angegangen wird.
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Das sehe ich weniger. Jede Entscheidung ist ein Wettstreit von Interessen weil jede Entscheidung in so einem komplexen System immer auf mehrere Themen abstrahlt. Du kannst also anderen Themen weniger Gewicht geben, ausklammern kannst du sie nie. Und das ist ja auch nicht der Wunsch. Sondern eben dass man beim Thema Klimawandel anfängt seriös zu arbeiten. Das bedeutet für mich, das tun was notwendig ist, damit das Ambitionsniveau das man hat ob des eigenen Vorgehens ein realistisches Szenario wird. Einfach nur Dinge tun von denen man weiß dass es so nicht reicht, das kann man auch komplett lassen. Scheitern ist keine Option, weil damit das komplette Investment verbrannt wird.
Und es kann keine Lösung sein die Dinge die man heute nicht schafft, auf morgen zu verschieben. Das machen wir jetzt schon 40 Jahre so, nun ist diese Zeit um das weiter so zu praktizieren schlichtweg nicht mehr da. Wir brauchen jetzt Lösungen, wir müssen unsere Etappenziele jetzt erreichen und können nicht sagen dass der nächste Staffelmann schneller laufen wird. Warum sollte er morgen die Dinge können zu denen wir uns schon heute nicht in der Lage sehen?

>Wer sich hingegen nicht themenübergreifend auf dieser lächerlichen Links/Rechts Achse (oder in einem etwas komplexeren System auf zwei Achsen - wofür es dann aber schon gar nicht für jede Position eine relevante Partei gibt) einordnen will, kann im Endeffekt seine eigene Position im aktuellen System gar nicht einbringen.
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Werde ich nicht groß widersprechen.
Wobei ich nicht glaube dass es das ist was schief geht, mir muss doch vollkommen klar sein dass ich in der politischen Landschaft lediglich eine möglichst große Schnittmenge mit meinen Ansichten bekommen kann. Das ist ja nicht das Problem, sondern dass einerseits der Eindruck entsteht, es mangelt an Angeboten für unterschiedliche Standpunkte, FDP, Grüne, CDU und SPD sind nun mal gar nicht so weit auseinander. Und weiter, man sieht im Grunde nicht dass diese Parteien gemessen an ihren Handlungen wirklich ihre eigenen Standpunkte vertreten, es wirkt eher so als würden sie dieses running system einfach nur verwalten und nicht gestalten.
Und der Boss bei dieser Verwaltungsaufgabe sitzt nicht in der Bevölkerung sondern der Wirtschaft.

>Davon gehe ich Mal aus - wobei das natürlich leichter ist, wenn man weiß das man die Konsequenzen notfalls von einer echten Einschränkung in Richtung ausreichend gefüllter Brieftasche umleiten kann. Ist auch so ein Problem an diesem System - man muss davon ausgehen, dass für das eigene Klientel immer Hintertüren eingebaut werden, dass die Grünen daher Umweltschutz nicht bestmöglich umsetzen, sondern in einer Form, mit der sie die eigenen Wähler nicht vor den Kopf stoßen.
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Ich sehe das unheimlich pragmatisch. Mir ist im Grunde egal wer zum erreichen der Ziele am stärksten bluten muss. Weil es einfach keine Argumente für Handlungsstarre gibt. Wenn du sagst, es kann nicht sein dass die Ärmsten den größten Beitrag leisten müssen. Ja, wäre nicht fair, aber letztlich komplett Suppe. Wenn die Ziele nicht erreicht werden, dann sind es die Ärmsten welche die Suppe als erstes auslöffeln. Die haben also nix gewonnen wenn man nichts macht. Es ist egal wen es trifft, Hauptsache machen.
UND:
Wenn man ernst macht trifft es jeden. Den einen mehr, den anderen weniger. Darüber kann man dann streiten wie man die Belastungen und Investments auf die Menschheit verteilt.
Hauptsache man fängt damit überhaupt mal an. Solange man nichts macht, kann man auch nicht darum ringen wie man das alles verteilt.

>Wählt also der Zeitarbeiter mit seinem Mindestlohn die Grünen, muss er damit rechnen, dass er die echten Konsequenzen für den Umweltschutz trägt, während das Lehrerehepaar stolz verkünden wird, dass es private Flugreisen eingeschränkt hat, was dann bedeutet, dass es immer noch 10x mehr Flugreisen unternimmt als der Die_Linke-wählende Zeitarbeiter.
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>Berufliche Flugreisen stellen viele Grünenwähler (soweit ich das in Diskussionen verfolgt habe) gar nicht in Frage - diese sind direkt mal alternativlos und ich bezweifle, dass die Grünen ein Gesetz auf den Weg bringen das diese Einstellung in Frage stellt.


Ajo, was soll ich sagen, ist alles kompliziert und es entsteht trotz der Bedrohung keine Solidarität wo jeder fragt, wie kann ich selbst helfen, sondern jeder Paranoia kriegt dass er gefickt werden soll und sich nicht ficken lassen will. So kommst du natürlich keinen Meter voran.


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