Thema:
Re:Mangel an Transparenz, Aufklärung und Regulation flat
Autor: JPS
Datum:17.06.19 14:21
Antwort auf:Mangel an Transparenz, Aufklärung und Regulation von token

>Ich kann als Wähler nicht alles verstehen was eine Partei macht, noch kann ich überblicken warum sie etwas macht. Könnten und würden Menschen all das leisten bräuchten wir auch keine Parteien sondern einfach nur eine Plattform die Entscheidungen in den Raum stellt die wir dann direktdemokratisch absegnen oder verhindern.

>Eine Partei zu wählen ist also oftmals etwas wo man sich über das Gewicht von bestimmten Grundwerten positioniert. Wähle ich grün gebe ich Umweltthemen ein hohes Gewicht. Wähle ich rot gebe ich sozialer Gerechtigkeit ein hohes Gewicht. Wähle ich schwarz gebe ich einer Beständigkeit mit hohem wirtschaftlichen Fokus hohes Gewicht. Usw.

Darauf läuft es mit dem aktuellen System im Endeffekt hinaus - wobei selbst diese Basics in der Praxis nicht funktionieren. Der Niedergang der SPD zeigt IMO nicht, dass soziale Gerechtigkeit bei den Wählern eine geringe Priorität hat, sondern dass die Parteien noch nicht einmal ihren angeblichen Schwerpunkt bedienen, da die starke Entkopplung vom Wähler es sehr einfach macht erst Mal an die persönlichen Interessen zu denken - bis sich das auswirkt hat man ausgesorgt (siehe Schröder).

Klar können dann theoretisch wieder andere Parteien entstehen und in diese Lücken stoßen, das ist aber ein Prozess der so lange dauert, dass er vollkommen untauglich ist um in unserer sich schnell wandelnden Welt sinnvoll zu funktionieren.

Allein die Strukturen für eine echte neue Partei aufzubauen, die zu mehr als einer Protestwahl oder unwirksamen Stimme im <5% Bereich taugt, dauert Jahrzehnte. Sieht man z.B. an den Grünen - wie lange hat es bei diesen gedauert, dass sie zu einer Partei aufgestiegen sind, die Strukturen besitzt um vollumfängliche Politik in allen Themenbereichen anzubieten und somit bei einer Wahl zu mehr als einem unbedeutenden Statement des Wählers zu taugen?

Abgesehen von diesem Problem klappt das für den Wähler natürlich auch nur dann, wenn er genau einen Schwerpunkt hat, für den er bereit ist alle anderen Themen unterzuordnen. Man müsste als Wähler also quasi ein Extremist auf einem Gebiet sein, das zufällig von einer halbwegs relevanten Partei bedient wird. Ein Rechtsextremer wird aktuell z.B. kein Problem damit haben eine Partei für sich zu finden, da er zufrieden ist, wenn ein bestimmter Themenbereich nach seinen Vorstellungen angegangen wird.

Wer sich hingegen nicht themenübergreifend auf dieser lächerlichen Links/Rechts Achse (oder in einem etwas komplexeren System auf zwei Achsen - wofür es dann aber schon gar nicht für jede Position eine relevante Partei gibt) einordnen will, kann im Endeffekt seine eigene Position im aktuellen System gar nicht einbringen.

>Vielleicht will der Grünen-Wähler aber genau das, sagt, ich bin bereit diesem Thema hohes Gewicht zu geben, den daraus folgenden Entscheidungen auch dann Rückendeckung zu geben wenn die Konsequenzen aus diesen Entscheidungen auch bei mir selbst aufschlagen. Weil ich weiß, so geht es nicht weiter.

Davon gehe ich Mal aus - wobei das natürlich leichter ist, wenn man weiß das man die Konsequenzen notfalls von einer echten Einschränkung in Richtung ausreichend gefüllter Brieftasche umleiten kann. Ist auch so ein Problem an diesem System - man muss davon ausgehen, dass für das eigene Klientel immer Hintertüren eingebaut werden, dass die Grünen daher Umweltschutz nicht bestmöglich umsetzen, sondern in einer Form, mit der sie die eigenen Wähler nicht vor den Kopf stoßen.

Wählt also der Zeitarbeiter mit seinem Mindestlohn die Grünen, muss er damit rechnen, dass er die echten Konsequenzen für den Umweltschutz trägt, während das Lehrerehepaar stolz verkünden wird, dass es private Flugreisen eingeschränkt hat, was dann bedeutet, dass es immer noch 10x mehr Flugreisen unternimmt als der Die_Linke-wählende Zeitarbeiter.

Berufliche Flugreisen stellen viele Grünenwähler (soweit ich das in Diskussionen verfolgt habe) gar nicht in Frage - diese sind direkt mal alternativlos und ich bezweifle, dass die Grünen ein Gesetz auf den Weg bringen das diese Einstellung in Frage stellt.


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