Thema:
Re:Tierkinder essen flat
Autor: thestraightedge
Datum:20.04.19 12:00
Antwort auf:Re:Tierkinder essen von Felix Deutschland

>Wer sich wirklich moralisch berufen fühlt, der kauft nicht nach Etiketten, sondern danach, ob die Produkte tierischen Ursprungs sind, ob für das Produkt Tiere sterben mussten etc. Ich fühle mich dazu nicht moralisch berufen. Ich finde dieses performative, und in tse's post auch interrogative Element dieser letztenendes Lifestyle-Entscheidung aber enorm kontraproduktiv.

Eine Lifestyle-Entscheidung ist, ob ich Kinder habe oder nicht, ob ich Porsche fahre oder spare, ob ich Sneaker sammle oder viel Zeit vor meinem Aquarium verbringe. Sich Gedanken über den Konsum zu machen und sich dann einzuschränken ist v.a. eine Entscheidung aus ethisch-moralischen Empfindungen. Natürlich kann man auch das unter dem profanen "nur ein Lifestyle"-Argument subsummieren, wenn man denn unbedingt möchte.

Ein interrogatives Element ist nicht kontraproduktiv. Genau aus solchen Diskursen entstehen Meinungen und Reflexionen, bei mir genau so wie bei anderen. Natürlich gehts da auch um unterschiedliche Auffassungen, Meinungen, WERTE. Und da kann man auch mal sagen: finde ich echt kacke wie Du das machst, oder: ich verstehe nicht wie man das machen kann.

Das kannst Du natürlich als kontraproduktiv diskreditieren - das wäre aber v.a. eins: kontraproduktiv. Aber das weisste ja selbst.

> Natürlich finde ich es pervers, Babys zu essen, von welcher Lebensform auch immer. Lammfleisch, richtig gutes Lammfleisch, schmeckt so, wie ein Lammfell riecht. Nach Geborgenheit, Sorglosigkeit, buchstäblich dem Duft von frischem Heu. Es schmeckt sehr lecker, war aber mit Abstand eine der perversesten Sachen, die ich je gegessen habe. Und jetzt? Soll ich mich schämen? Soll ich für die Seele des armen Lämmlis beten? Oder soll ich die normalste Entscheidung treffen und einfach kein Lamm mehr essen, weil ich mich dabei fühle wie ein Creep und im Grunde auch von zwei Käsebrötchen satt werden würde? Das kann bei anderen wieder ganz anders aussehen. Aber dieses "seid ihr nicht manchmal selber von euch angewidert? Ich frage ganz wertfrei!", diesen Evergreen kann man ehrlich gesagt auch mal aus der Dauerrotation rausnehmen.

Kann man, sollte man aber nicht. Noch vor 150 Jahren sassen irgendwo Menschen und haben genau das gleiche gedacht: mein Nachbar hat die Sklaven freigelassen... ich finds aber noch ok... was soll ich tun?

Heute? Undenkbar, dass das erst 150 Jahre her ist. Durch solche Gedanken, gern auch öffentlich geführt, wandeln sich Dinge.

Mit Deiner Denke wird jeder Fortschritt und gesellschaftlicher Diskurs aufgehalten.

> Niemand ist perfekt, niemand lebt "100% ethisch" egal wie straight die edge auch sein mag.

Habe ich nie behauptet. Diese implizite Unterstellung ist überflüssig und Dein Diskussionsstil in solchen Momenten wie immer unangenehm und unangemessen.

>Das ist kein Wettbewerb, bei dem irgendwer gewinnt oder irgendwer davon profitieren würde, auf der Highscore-Liste ganz oben zu stehen. Ernährung und ethischer Konsum sind mittlerweile die neueste Ersatzreligion, und gerade der Umgang mit Veganismus ein gutes Beispiel dafür, passiv-aggressive Triezereien besonders im Bereich der Ernährung allein der Höflichkeit wegen doch bitteschön zu unterlassen. Ich finde keinerlei Unterschied zwischen einem Veganer, der einen für Fleischkonsum shamen will und irgendwelchen reaktionären Webergrill-Jüngern, die irgendeine harmlose Veganerin beim Grillabend für ihre Ratatouille-Pfanne auslachen. Wenn man in dieser Scheißwelt irgendwann vielleicht mal seine verdammte Ruhe haben könnte und sich gegenseitig für seinen Wert laufen lassen könnte, dann doch beim Essen.

Das würde funktionieren, wenn die Tierverwertungsindustrie nicht so unfassbare Auswirkungen auf ALLES hätte. Insofern muss man drüber sprechen, gern auch beim gemischten Grillabend. Das funktioniert übrigens in meinem Umfeld super. Man kann auch über Ethik und Moral sprechen, ohne wie Du zu reagieren. Auch übers Essen, sogar beim Essen.

>Aber nein, Zeit Magazin braucht noch die drölfte Kolumne über Leute die im ICE BiFi essen ("Das stinkt so!"), lass uns lieber weiter gegenseitig dafür ankacken, dass wir uns unterscheiden, bockt halt.

Naja - ich glaube, ohne Aufklärung und den ein oder anderen Spiegel wäre die Wahrnehmung in Deutschland längst nicht so weit wie sie inzwischen ist. Woher denn sonst auch? Durch glückliche Schweine aus der Werbung, grinsende Kühe auf der Steakverpackung oder Großindustrielle, die sich Bauern nennen und alle Werte über Bord geschmissen haben, damit die Villa sich rechnet?


< antworten >