Thema:
Ganz oder gar nicht bleibt der falsche Ansatz flat
Autor: thestraightedge
Datum:04.01.19 09:21
Antwort auf:Wie viel Verzicht wäre nötig? von Dr. Robotnik

>Ich hatte vor ein paar Tagen diesen Artikel auf Zeit.de gelesen:
>[https://www.zeit.de/kultur/2018-12/klimawandel-umgang-konsumverhalten-regeln-einwegplastik-veganismus]


Sehr interessanter Artikel, danke. Passt ja ein wenig zu dem SPON-Link in meinem Ausgangsposting.

Es ist so utopisch wie es notwendig wäre, dass wir uns alle in Lehmhütten oder alternativ Capsule-Hotels zurückziehen. Aber es muss was passieren, vermutlich schneller, als uns allen vor 5 Jahren noch klar war.

>Ich unterstelle den meisten die die moralische Öko-Keule schwingen, dass sie nur in so weit auf etwas verzichten, wie es sie selbst nicht oder kaum einschränkt. Manche sogar nur so weit, wie sie am Ende sogar profitieren.

Warum unterstellst Du das? Wo ist der Beleg dafür? Ich kann die ganzen Diskussionen Marke "jaja, Du bist vegan ABER ATMEST UND PUBST JA TROTZDEM NOCH" schlichtweg nicht mehr ertragen, auch wenn das hier vermutlich nicht dahin gehen soll.

Und wo profitiere ich von meinem Verzicht, außer dass ich quakende Kids habe, kompliziert einkaufe und Inhaltslisten studieren muss und nicht mehr skifahren gehe?

>Beispiel: Ich kaufe nur bei Denns, weil ich es finanziell nicht spüre und fühl mich dadurch sogar noch besser (mal abgesehen davon, ob das jetzt so viel ökologischer ist).

Bio kaufen ist aber doch schon ein guter, je nach Produkt großer (und teurer) Schritt.

>Das bringt mich nun auch zu der Frage, die ich mir nach dem ersten Absatz des Artikels gestellt habe: Wie viel Verzicht wäre wirklich nötig um das Ruder rum zu reißen? Kann das jemand benennen? Und würden das bitte mal jeder für sich selbst reflektieren?

Das mache ich seit Jahren, und seit ca. 2 Jahren auch auf Familienebene. Nur mal ein paar Beispiele, tlw. sicher banal:
- wir wären dieses Jahr eigentlich im Urlaub den Süden geflogen und machen das jetzt aus ökologischen Gründen nicht. Stattdessen gehts mit dem Auto 600 km weit, was <5% des CO2-Ausstosses der Flugreise bedeutet. Dazu ist der Urlaub noch "öko" (kleine private Unterkunft in den Bergen).
- Winterurlaub ist nicht mehr, so gern meine Frau auch wieder Snowboard fahren möchte. Wobei ich dann gestern just das hier fand:
[http://www.spiegel.de/reise/aktuell/alpen-skidoerfer-im-check-nur-zwei-lifte-wie-zauberhaft-a-1245753.html]
- Avocado, Mango, Kakis: meine Lieblingsfrüchte, die schon lange eigentlich nur in Ausnahmefällen konsumiert werden, weil der Appel vom Nachbarn eigentlich das gleiche bringt, aber nicht um den Globus gejettet ist. Regional einkaufen ist glaube ich oft ebenbürtig oder besser als Bio. Im Rewe gibts jetzt z.B. Champions lose. Endlich wieder! Teurer als die im Plastiktray, aber natürlich kaufe ich die
- persönliche Entscheidungen wie vegetarische/vegane Ernährung usw. muss ich hier ja nicht mehr erläutern; auch das hatte schon immer auch mit Verzicht zu tun. Ich liebte Fleisch.
- nächstes Auto wird mind. ein Plugin-Hybrid
- Ökostrom seit Jahren; in den nächsten 5 Jahren hätte ich gern eine Solaranlage auf dem Dach samt Speicher im Keller
- und dann halt so der ganze Konsumscheiss: Kaffee to go: Bock drauf, aber nee, scheiss Becher. McDonalds on the Road: jaja, die Kids krähen, aber nope. Überraschungseier an der Kasse: wieder kräht jemand, aber nope, der Schrott landet doch eh nach 2 Tagen im Müll. Ich überdenke inzwischen jede Investition, und meine Frau (endlich) auch. Muss das Teil sein? Wann wirds wie entsorgt? Kann ich mir dennoch mal ein Spiel gönnen oder ne Star Wars Figur? Imo ja, siehe oben: Lehmhütte wird nix, und man muss schon unterschieden zwischen ner Deutschland-Ventilator-Mütze mit fest verbauter Batterie ausm Kik oder nem Sammlerstück, welches ich meinen Kindern vermachen werde.

Und wie im Ausgangsposting bzw. SPON-Artikel steht: kompensieren! Vermeiden ist immer besser, kompensieren ist aber dennoch gut. Den CO2-Verbrauch meiner Familie 2019 zu kompensieren kostet mich ca. 750-1.000 €. Ich werde das im Sommer, wenn ich circa den Fußabdruck samt Urlaubsreisen usw. ermitteln kann, machen. Dann wartet die neue XBox One halt noch ein Jahr.

>Ich glaube: Das Ausmaß des Verzichts ginge so ziemlich allen hier zu weit.
>Und: Wenn mir einer sagt: "Ich mache immerhin irgendwas. Robotnik du bist zu 100% schuld, ich nur zu 96%" dann ist das für mich keine auch nur annähernd ausreichende Entschuldigung.


96% wäre wohl ein bisschen wenig, aber wenn 50% der Menschen 50% machen, dann sollte das nicht als Entschuldigung gelten, sehr wohl aber eine gewisse Relevanz mitbringen. Es geht doch gar nicht um Entschuldigungen, und warum ist der Ansatz, wenigstens etwas oder eine Menge zu machen statt alles nicht akzeptiert? Da ist man doch schnell wieder beim "WIR solln dasunddas machen, ABER IN CHINA...!". Nee, so gehts halt nie weiter.


Tatsächlich muss es in meinen Augen auch staatliche Maßnahmen geben. Dass Flugreisen so pervers günstig sind kann man ändern. Nicht von heute auf morgen, um die Wirtschaft nicht abzuwürgen, aber: dass ich mit der Familie geschickt gebucht günstiger auf eine spanische Insel fliegen kann als mit dem Auto nach Dänemark zu kommen ist absurd. Auch im Geschäftsumfeld erkenne ich immer wieder eine gewisse Reiselust, eben weils in den Bilanzen nicht wirklich aufschlägt. Viel davon wäre durch Telkos, Videokonferenzen usw. ebenfalls zu erledigen. Insofern klingt der Artikel hier und dort hart, hat aber viele relevante Aspekte, auch was Verbote, staatliche Regulierung usw. angeht. Dass es damit große Probleme geben wird sieht man ja gut am explodierten (LOL) Ast im Silvester/Feuerwerk-Thread.


< antworten >