Thema:
Re:Bin mal mit asiatischem Geschäftsbesuch Zug gefahren flat
Autor: token
Datum:01.10.18 15:51
Antwort auf:Re:Bin mal mit asiatischem Geschäftsbesuch Zug gefahren von hellbringer

>>Das ist wie bei einem Kind, wenn du dessen Alltag durch Regeln durchdeklinierst, dann wird es an dem Punkt wo es im toten Winkel seines Workbooks angelangt, recht hilflos sein, während das vernachlässigte Balg das sich selbst Frühstück machen muss, es gar nicht anders kennt als permanent selbständige Entscheidungen treffen zu müssen.
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>Großteils Zustimmung zu deinem Text, aber das hier ist eine schöne Vorlage :)
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>In Japan müssen Schulkinder ihr eigenes Essen transportieren, portionieren und an andere Schulkinder ausgeben. Darüber hinaus müssen sie das Klassenzimmer selber putzen. Ganz junge Schüler bekommen noch Unterstützung von den Lehrern, später machen sie alles vollständig alleine. Dadurch spart man erstens Personalkosten und zweitens lernen Kinder etwas von täglicher Hausarbeit und Eigenverantwortung. Noch ein Nebeneffekt: Sie machen weniger Dreck, weil sie dann weniger Arbeit haben.
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>Bei uns wachsen die Kinder mit der Einstellung auf "das macht jemand anders für mich, interessiert mich nicht", was ich furchtbar schlecht finde.


Ja, sowas finde ich auch gut. Ich glaube, es ist schon viel geholfen nicht nur Vorbildrollen zu lehren (essen teilen) sondern vor allem andere Rollen zu zeigen, damit Kinder überhaupt lernen zu reflektieren was ihr Verhalten überhaupt bewirkt.
Mal ein triviales persönliches Beispiel:
Im stehen pinkeln.
Ich hab erst im Erwachsenenalter damit aufgehört. Bei uns hat Klo immer die Mutti gemacht. Zwar wurde mir beigebracht "Dreck zu sehen", also, wenn du es machst, dann mach es richtig, nein, das ist noch nicht sauber, schau hier, das musst du auch ausräumen, beim Saugen Ecken freiräumen etc.
Aber Klo? Mutti.

Mir fehlte aufrichtig jedwedes Bewusstsein dafür wie sich dieses Stehgesprenkel auswirkt. Erst in der Ehe wurde ich irgendwann verdonnert, und denk mir, ja okay, meinetwegen. Und dann habe ich erst auf den Knien schrubbend erkannt wo die Suppe überall hinsprenkelt, was unter anderem aber auch daran lag gelernt zu haben den Dreck auch wirklich zu "sehen".

Das hat meine Wahrnehmung auf links gedreht, auch die Wahrnehmung meines eigenen Verhaltens, plötzlich fand ich es richtig asozial wenn ich irgendwo zu Gast bin, im Stehen zu pinkeln. Davor hab ich aber keineswegs gedacht, ha, egal, das zu putzen ist deren Aufgabe, ich bin einfach bewusst rücksichtslos! Nope, ich habe schlichtweg überhaupt nicht darüber nachgedacht.

Und das Bewusstsein für solche Dinge wird halt nicht wirklich angeboren, das ist eben Erziehung. Und in unserer Leistungsgesellschaft wird beigebracht Verantwortungen die an einen gerichtet werden gerecht zu werden, aber eben auch, Verantwortungen zu delegieren. Weil so funktioniert moderne Wirtschaft. Jeder ist ein Rädchen im Getriebe. Und im Kontext dieser Delegation gehen die Aspekte Reflektion und Mitverantwortung glaube ich ein wenig unter. Stattdessen wird auch die Verantwortung für die Erziehung der eigenen Kinder mittlerweile gerne delegiert.


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