Thema:
Re:Das Halbwissen in diesem Ast ist mal wieder erschreckend flat
Autor: _bla_
Datum:29.09.18 07:36
Antwort auf:Re:Das Halbwissen in diesem Ast ist mal wieder erschreckend von Zinkhal

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>>>Nach deinen Ausführungen ist es also gerechter, wenn ein kinderloses Ehepaar weniger Steuern bezahlt, als ein alleinerziehender Elternteil, obwohl in Summe die gleichen Einkünfte vorliegen?
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>>Wie meinst du das? Welche Summe gibt es einem alleinerziehenden Elternteil? Die Summe der Einkommen von alleinerziehendem Elternteil+Kind? Ich bin zwar grundsätzlich für eine Ausweitung des Ehegattensplittings zum Familiensplitting, aber das wenn sich bspw. zwei Erwachsene 60000 Euro pro Jahr teilen, sie weniger Geld als Steuer abgegeben können, als wenn sich ein Erwachsener und ein Kind 60000 Euro teilen, scheint mir jetzt auch nicht völlig abwegig. Das der Finanzbedarf kleiner Kinder doch meistens schon deutlich geringer als der von Erwachsenen ist doch nicht völlig abwegig.
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>Du hast angeführt, dass ein Ehepaar mit der Verteilung 70k + 30k  ohne Ehegattensplitting schlechter gestellt wäre, als ein Ehepaar mit 50k + 50k und ich habe deine Aussage so interpretiert, dass du dies als nicht fair empfindest.


Richtig.

>Im Umkehrschluss würde dies zugleich bedeuten, dass deiner Meinung nach ein alleinerziehender Elternteil mit 100k mehr Steuern zahlen müsste. Ich meine in meinem Beipsiel Kinder ohne eigenes Einkommen.

Nicht mehr Steuern als derzeit, aber die derzeitige Rechtslage, in der ein Alleinerziehender mit Kind mehr Steuern zahlt als eine Ehepaar ist durchaus nachvollziehbar.

>Sobald diese auf eigenen Beinen stehen, sind sie aus steuerlicher Sicht auch keine Kinder mehr und nach meinem Verständnis würde zu diesem Zeitpunkt auch das Splitting wegfallen.

Redest du jetzt vom derzeitigen Ehegattensplitting (was völlig unabhängig von Kindern ist) oder von einem hypothetischen Familiensplitting?


>Ich denke, dass der Finanzbedarf eines Alleinerziehenden deutlich höher ist, als der zweier kinderloser Ehegatten.

Pro Person ja, aber nicht wenn du pro wirtschaftlicher Einheit rechnest. Die wirtschaftlichen Einheiten sind hier "Alleinerziehender+Kind" und "Ehemann+Ehefrau".

>Viele Fixkosten werden (ob Ehe oder nicht) in einer Partnerschaft geteilt. Würde ich in einer kinderlosen Partnerschaft oder Ehe leben, hätte ich definitiv mehr Geld zur Verfügung.

Ich glaube hier liegt das Verständnisproblem. Es geht nicht um eine Ehe, in der beide Partner das gleiche Einkommen mitbringen und dann plötzlich weniger Steuern zahlen, als wenn sie Singles sind. Das ist nicht so und soll auch nicht so sein und ja sich einer Partnerschaft Kosten zu teilen macht vieles günstiger. Es geht darum, wie viel Steuern gezahlt werden müssen, wenn eine Ehe aus zwei Person ein bestimmtes Gesamteinkommen hat verglichen mit einem Single, der allein über ein Einkommen verfügt, welches der Gesamteinkommen des Paares entspricht. Pro Person hat der Singlehaushalt also doppelt so viel Geld zur Verfügung.
Wenn du in einer kinderlosen Partnerschaft leben würdest, aber dein Partner würde kein eigenes Geld verdienen und du müsstest den gesamten Lebensunterhalt für euch beide verdienen hättest du bestimmt nicht mehr Geld zur Verfügung.


>Und diese Konstellation würdest du steuerlich entlasten wollen. Hier sehe ich die Ungerechtigkeit.

Ich will nichts steuerlich entlasten, sondern die derzeitige Regelung beibehalten.


>Da würde ich widersprechen. Wie oben schon geschrieben, bin ich der festen Überzeugung, dass ein Paar mit 40k (20k + 20k) finanziell besser gestellt ist, als ein Single mit 40k (der Single hat bei 40k definitiv eine höhere Steuerbelastung).

Das Paar hat nach Steuern 1.192 Euro pro Person zur Verfügung, der Single hingegen 2.064. Du meinst wirklich das Zusammenleben so viel Geld spart, das das Paar mit ihren jeweils 1192 Euro einen genauso hohen Lebensstandard erreicht wie der Single?
So viel Geld spart das Zusammenleben nicht, du müsstest hier fast 900 Euro pro Person einsparen. Klar, eine 2 Zimmerwohnung ist günstiger als zwei 1 Zimmerwohnungen, Internet, GEZ, Netflix, etc. braucht man nur einmal. Aber es muss immer noch Essen für beide eingekauft werden, beide brauchen Kleidung, Handys, Autos oder Fahrkarten, wenn beide in den Urlaub fahren wird zwar das Hotelzimmer pro Person deutlich günstiger, aber es braucht immer noch jeder sein einzelnes Flugticket. Eine Partnerschaft spart schon Geld, aber doch nicht 42% aller Ausgaben pro Person.

>Erst wenn ein Kind dazukommt, verschiebt sich diese Rechnung. Aber auch als Single kann ich Vater sein und würde trotzdem mehr Steuern zahlen müssen, als ein kinderloses Ehepaar (z.B. 10k + 30k). Und das empfinde ich im Rahmen der ganzen Diskussion als die wesentliche Ungerechtigkeit.

Nochmal: Ich bin für ein Familiensplitting. Dort würde Alleinerziehende mit Kind beim gleichen Gesamteinkommen genauso besteuert wie kinderlose Ehepaare. Das wäre ein Ausweitung des Splittings. In diesem Thread wurde aber gerade die Abschaffung des Splittings begrüsst. Das würde dem Alleinerziehendem und seinem Kind nichts nutzen, sondern nur die gleiche unfaire steuerliche Situation des Alleinerziehenden auf sie ausweiten.

>>>Wie von Gaius B. angesprochen, haben wir einen progressiven Steuersatz, der sich nach der individuellen Leistungsfähigkeit richtet. Das Konstrukt der Ehe als einziges Argument der Steuervergünstigung anzuführen, hat nichts mit sozialer Gerechtigkeit zu tun.

Es ist nicht das Konstrukt der Ehe, sondern die wirtschaftliche Einheit die berücksichtigt wird. Wenn zwei Personen mit identischen Einkommen eine Ehe eingehen, dann zahlen sie vor und nach der Eheschließung genauso viele Steuern. Die Ehe als solche wird nicht berücksichtigt, sondern nur das sich Einkommen geteilt werden.


>Ein fixer Steuersatz würde im Endergebnis aber gerade zu mehr Ungerechtigkeit führen und effektiv die Besserverdiener privilegieren (siehe Abgeltungssteuer).

Ja, eben. Deshalb halte ich ja auch ein Splitting für sinnvoll, weil man damit den Steuertarif stark progressiv gestalten kann, aber es eben trotzdem zu keiner unfairen Behandlung von Ehepaare mit gleichem Gesamteinkommen aber unterschiedlicher Verteilung der Einkommen kommt.

>Der Grundgedanke des Ehegattensplittings ist ja auch nicht verkehrt, er knüpft meiner Meinung nach nur an die falschen Voraussetzungen an (Ehe).

Und was für eine Voraussetzung stellst du dir stattdessen vor?

>Wenn die Ehe als solche zu keiner pauschalen Entlastung, aber auch Belastung führt und somit faktisch Single x 2 ist, warum sollte diese dann zusätzlich noch steuerlich begünstigt werden (sofern die Zusammensetzung der Einkünfte nicht ausgeglichen ist)?

Sie ist nicht steuerlich begünstigt. Es ist nur so, das wenn ein Ehepaar bspw. 15k+25k verdient, dann zahlen sie die gleichen Steuern, wie ein Ehepaar mit 20k+20k oder zwei Singles mit 20k+20k. Ein unverheiratetes Paar mit 15k+25k zahlt etwas mehr Steuern als ein Paar mit 20k+20k. Der angebliche "Splittingvorteil" besteht nur darin, das das Ehepaar mit ihren 15k+25k eben nicht mehr Steuern zahlt, als das Ehepaar mit 20k+20k.


>Genau, wenn das Kind der ausschlaggebende Grund für Einkommensunterschiede ist, warum nicht das System anpassen und das Kind als Voraussetzung für das Splitting nehmen? Natürlich gibt es zig Gründe für Einkommensunterschiede. Dein Beispiel würde ich ebenfalls begünstigen und das Splitting anwenden wollen.
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>Das Problem an unserem Steuerrecht ist meiner Meinung nach im wesentlichen, dass jede (teilweise unbedeutende) Eventualität Einzug ins Gesetz und in die Rechtsprechung findet. Unser EStG ist eine Ansammlung von Ausnahmen.


Du widerspricht dir hier gerade selbst. Das Splitting ist ein einfaches Konzept, welches mit einer einzelnen Regel, nämlich "gleiches Gesamteinkommen je Ehepaar=gleiche Steuerlast" ganz viele unterschiedliche Fälle abdeckt, von Kinderbetreuung über Krankheit, Arbeitslosigkeit, Behinderung, Unfälle, etc. Und du willst es ersetzen, durch lauter Einzelregelungen, die du aber im gleichen Atemzug zu Recht kritisierst.

>Es muss aber vielmehr auf die breite Masse abgezielt werden.

Das Splitting ist es eine Regelung für die breite Masse.


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