Thema:
Re:Das Halbwissen in diesem Ast ist mal wieder erschreckend flat
Autor: Zinkhal
Datum:28.09.18 23:46
Antwort auf:Re:Das Halbwissen in diesem Ast ist mal wieder erschreckend von _bla_

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>>Nach deinen Ausführungen ist es also gerechter, wenn ein kinderloses Ehepaar weniger Steuern bezahlt, als ein alleinerziehender Elternteil, obwohl in Summe die gleichen Einkünfte vorliegen?
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>Wie meinst du das? Welche Summe gibt es einem alleinerziehenden Elternteil? Die Summe der Einkommen von alleinerziehendem Elternteil+Kind? Ich bin zwar grundsätzlich für eine Ausweitung des Ehegattensplittings zum Familiensplitting, aber das wenn sich bspw. zwei Erwachsene 60000 Euro pro Jahr teilen, sie weniger Geld als Steuer abgegeben können, als wenn sich ein Erwachsener und ein Kind 60000 Euro teilen, scheint mir jetzt auch nicht völlig abwegig. Das der Finanzbedarf kleiner Kinder doch meistens schon deutlich geringer als der von Erwachsenen ist doch nicht völlig abwegig.


Du hast angeführt, dass ein Ehepaar mit der Verteilung 70k + 30k  ohne Ehegattensplitting schlechter gestellt wäre, als ein Ehepaar mit 50k + 50k und ich habe deine Aussage so interpretiert, dass du dies als nicht fair empfindest. Im Umkehrschluss würde dies zugleich bedeuten, dass deiner Meinung nach ein alleinerziehender Elternteil mit 100k mehr Steuern zahlen müsste. Ich meine in meinem Beipsiel Kinder ohne eigenes Einkommen. Sobald diese auf eigenen Beinen stehen, sind sie aus steuerlicher Sicht auch keine Kinder mehr und nach meinem Verständnis würde zu diesem Zeitpunkt auch das Splitting wegfallen.

Ich denke, dass der Finanzbedarf eines Alleinerziehenden deutlich höher ist, als der zweier kinderloser Ehegatten. Viele Fixkosten werden (ob Ehe oder nicht) in einer Partnerschaft geteilt. Würde ich in einer kinderlosen Partnerschaft oder Ehe leben, hätte ich definitiv mehr Geld zur Verfügung. Und diese Konstellation würdest du steuerlich entlasten wollen. Hier sehe ich die Ungerechtigkeit.

Die Leistungsfähigkeit sollte meiner Meinung nach auf die einzelnen Ehepartner als solche abzielen und nicht auf das Kollektiv (Zusammenrechnung beider Einkünfte im Rahmen einer Ehe).

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>>Na ja. Genauso wenig leuchtet es mir ein, das ich als Single mehr Steuern zahlen sollte, als ein kinderloses Ehepaar, dass in der Summe gleichviel verdient.
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>Es geht doch um die finanzielle Leistungsfähigkeit. Die Steuern sollen so verteilt werden, das sie möglichst wenig wehtun. Wenn du ein Paar hast, welches sich 40k pro Jahr teilt (also 20k pro Person), dann kommt es damit irgendwie über die Runden, aber jede Abgabe tut richtig weh. Ein Single mit dem gleichen Einkommen hat hingegen einen wesentlich angenehmeren Lebensstandard, wenn er etwas abgeben muss, tut das wesentlich ihm weniger weh, schließlich hat er pro Person ein doppelt so hohes Einkommen wie das Ehepaar.


Da würde ich widersprechen. Wie oben schon geschrieben, bin ich der festen Überzeugung, dass ein Paar mit 40k (20k + 20k) finanziell besser gestellt ist, als ein Single mit 40k (der Single hat bei 40k definitiv eine höhere Steuerbelastung). Erst wenn ein Kind dazukommt, verschiebt sich diese Rechnung. Aber auch als Single kann ich Vater sein und würde trotzdem mehr Steuern zahlen müssen, als ein kinderloses Ehepaar (z.B. 10k + 30k). Und das empfinde ich im Rahmen der ganzen Diskussion als die wesentliche Ungerechtigkeit.

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>>Wie von Gaius B. angesprochen, haben wir einen progressiven Steuersatz, der sich nach der individuellen Leistungsfähigkeit richtet. Das Konstrukt der Ehe als einziges Argument der Steuervergünstigung anzuführen, hat nichts mit sozialer Gerechtigkeit zu tun.
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>Der progressive Steuersatz sorgt ja gerade dafür, das das Splitting überhaupt nötig ist. Gäb es bspw. einen fixen Steuersatz von 30% würde das Splitting gar keinen Unterschied bewirken. Die individuelle Leistungsfähigkeit verändert sich durch die Ehe. Es macht doch einen Unterschied, ob ich 50k verdiene und das ganze Geld nur für mich ausgegeben kann, oder ob ich mir das zu gleichen Teilen mit meiner Frau teilen muss, die aus irgendeinem Grund nicht arbeiten kann. (Und die darauf übrigens auch einen Rechtsanspruch hat)


Ein fixer Steuersatz würde im Endergebnis aber gerade zu mehr Ungerechtigkeit führen und effektiv die Besserverdiener privilegieren (siehe Abgeltungssteuer). Der Grundgedanke des Ehegattensplittings ist ja auch nicht verkehrt, er knüpft meiner Meinung nach nur an die falschen Voraussetzungen an (Ehe).

Gerade der Einstiegssteuersatz und die danach folgenden progressive Steuersatzentwicklung entlastet tatsächlich die Geringverdiener. Der fixe Steuersatz würde in diesem Zusammenhang zwar die Problematik der Progression und des Ehegattensplittings lösen, wäre aber definitiv nicht gerechter.

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>>Ich finde, dass grundsätzlich der begünstigt werden sollte, der einen wesentlichen Beitrag zur Gesellschaft leistet. Dies ist für mich unter anderem das Großziehen eines Kindes. Diese Gruppe gehört (auf welchem Weg auch immer) deutlich mehr entlastet. Die Ehe allein sollte dieses Privileg nicht gewähren.
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>Eine Ehe alleine sorgt auch für keine pauschale Entlastung. Es wird nur davon ausgegangen, das sich die Ehepartner das gemeinsame Geld teilen. Wenn das zu keinen Einkommensverschiebungen führt, weil ohnehin jeder genau die Hälfte des Einkommens beisteuert, dann sorgt auch das Splitting für keine Veränderung.


Wenn die Ehe als solche zu keiner pauschalen Entlastung, aber auch Belastung führt und somit faktisch Single x 2 ist, warum sollte diese dann zusätzlich noch steuerlich begünstigt werden (sofern die Zusammensetzung der Einkünfte nicht ausgeglichen ist)?

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>Der Grund für hohe Einkommensunterschiede und damit auch eine starke Wirksamkeit des Splittings ist oftmals gerade das Großziehen von Kindern. Und bei vielen anderen Gründen sehe ich auch nicht, warum das kein Beitrag zur Gesellschaft sein sollte. Wenn ein Ehepartner bspw. aufgrund von Krankheit oder Unfall nicht arbeiten kann und der andere Partner das Einkommen für beide erbringen muss, halte ich das Durchfüttern des anderen Partners zweifellos für eine Leistung für die Gesellschaft. Ohne den Partner der sein Einkommen teilt, müsste hier auch in der Regel der Steuerzahler einspringen.


Genau, wenn das Kind der ausschlaggebende Grund für Einkommensunterschiede ist, warum nicht das System anpassen und das Kind als Voraussetzung für das Splitting nehmen? Natürlich gibt es zig Gründe für Einkommensunterschiede. Dein Beispiel würde ich ebenfalls begünstigen und das Splitting anwenden wollen.

Das Problem an unserem Steuerrecht ist meiner Meinung nach im wesentlichen, dass jede (teilweise unbedeutende) Eventualität Einzug ins Gesetz und in die Rechtsprechung findet. Unser EStG ist eine Ansammlung von Ausnahmen. Desto komplizierter anzuwendendes Recht ist, umso eher sind die weniger finanzstarken Schichten benachteiligt, da sich diese keine entsprechende Beratung leisten können. Mann muss sich daher mal mit dem Gedanken anfreunden, nicht allen Eventualitäten Rechnung tragen zu können. Es wird immer Härtefälle geben. Es muss aber vielmehr auf die breite Masse abgezielt werden.


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