| Re:Resignation, Unglauben und Wut |  |
Du hast einen wichtigen Punkt gebracht "IMO richtigen Weg". Du drehst gerade massiv hohl, weil du für dich persönlich meinst, dass wir uns alle impfen lassen und dann ist Friede, Freude und Eierkuchen.
Ich kann dies verstehen. Man ist gefrustet, verängstigt, isoliert, depressiv und ggf. sogar finanziell von der Pandemie betroffen. Und wirklich nahezu jeder schreit: Impfen, impfen, impfen und gut ist. Nur bei aller liebe - von den Medien, den Maniacs und ein paar "echten Virologen", die aber anscheinend N=1 als Grundlage für Ihre Entscheidungen nehmen, sehe ich dies irgendwie nicht. Zumindest nicht mit dieser Vehemenz.
Unsere Impfung hilft sehr gut - gegen den schweren Verlauf. Ansonsten vermehrt sich das Virus - wenn man seine Informationen nicht auf den Milchmädchenrechnungen des Helmholtz Institut aufbaut - leider immer noch erschreckend gut unter den Geimpften. [https://www.thelancet.com/journals/laninf/article/PIIS1473-3099%2821%2900648-4/fulltext#seccestitle150]
Der Impfschutz wirkt sehr gut gegen letale Konsequenzen, aber die Wirkung lässt - Wissenstand jetzt nach 2 Impfungen und noch ausstehender Daten nach den dritten Impfungen - personenabhängig recht schnell nach und das altersbedingte Risiko bleibt auch nach Impfung. Ergo: Selbst mit Boostern wirst du Hygienemassnahmen - Wissenstand jetzt - nicht einstellen können und das Ding durchlaufen lassen können, weil wir ansonsten unser Gesundheitssystem allein durch die Älteren mit nachlassendem Impfschutz oder Leute, bei denen die Impfung per se nicht gewirkt hat (Titerbestimmung ist ja bei Corona sinnlos, wie ich im Maniac gelernt habe - wir haben dies all die Jahrzehnte im Gesundheitswesen bei Hepatitis wohl nur zum Spaß gemacht) sehr schnell an die Belastungsgrenze in den Wintermonaten treiben.
Zudem wirst du bei der jetzigen Konstellation - Nicht steriler Impfschutz und ggf. dem Versuch darauf aufbauend eine Durchseuchung zu erreichen - die Wahrscheinlichkeit einer Fluchtmutante maximal fördern. Beta und Delta kamen ja auch nicht in Lockdown-Regionen auf, sondern waren Resultat einer (unabsichtlichen) Durchseuchung aufgrund gesellschaftlicher und gesundheitlicher Defizite. Dieses Risiko würde bei dem Szenario bestehen bleiben, bzw. durch die Impfung noch mit dem verstärkten Selektionsdruck verstärkt werden.
Einzig die Hoffnung, dass der R-Wert aufgrund der oben verlinkten Konstellation unter 1 sinken könnte, wäre ein kleiner Grund zur Hoffnung für mich. Da sich so die Pandemie auslaufen könnte. Aber ob dies mit den jetzigen Mitteln reicht oder nicht eine logistische Hölle wäre - um den Impfschutz konstant hoch zu halten - kann ich nicht abschätzen.
Lange Rede, kurzer Sinn: Ich finde die Impfung auch prinzipiell total super. Habe - mit Fieber und Höllenqualen - gerade meine Drittimpfung hinter mir gebracht. Sehe aber die Impfung als das was sie ist: Ein Notfallnetz, wenn die Hygienemassnahmen mal nachlassen um die Überlebenschancen zu erhöhen, aber sicher nicht den Weg aus der Pandemie.
Medizin und Wissenschaft sind leider nicht allmächtig, auch wenn wir verdammt viel damit können und der Impfstoff in dieser kurzen Zeit ein Wunder darstellt.
Witzig finde ich dabei, dass ich an meiner Einschätzung immer wieder zweifele, da das Geschrei der "Impf"-Junkies doch recht groß ist. Nachdem ich jedoch letzten vermehrt mit Kollegen in Kontakt gekommen bin, eben u.a. bei der Impfung, überrascht es doch, wie weit diese Einschätzung unter "echten Mediziner" verbreitet ist.