Thema:
Re:Expertenfrage dazu ("Langzeitfolgen") flat
Autor: Phil Gates
Datum:26.10.21 12:02
Antwort auf:Re:Expertenfrage dazu ("Langzeitfolgen") von _bla_

>>Mich interessiert eigentlich dieser sweet spot zwischen: Wir wissen nicht "sicher", dass der Mond morgen runterfällt, und wir wissen nicht genau, ob der Saturn nicht vielleicht 500 Monde hat. Letzteres ist eben nicht ganz so sicher wie ersteres, und wir wissen eher "nichts gegenteiliges".
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>Das Saturn Monde Beispiel finde ich gut. Es ist ja durchaus möglich, das wir noch ein paar winzige Saturnmonde mit wenigen km Durchmesser entdecken. Wir können aber mit extrem hoher Wahrscheinlichkeit ausschließen, das wir Saturnmonde mit 100 km Durchmesser und mehr übersehen haben. Und so ähnlich ist das eben auch bei den Impfstoffen. Sehr sehr seltene oder unbedeutende Nebenwirkungen haben wir möglicherweise übersehen, das wir schlimme Nebenwirkung, die sehr viele Geimpfte betreffen übersehen haben, ist nahezu ausgeschlossen. Genauso wie man einen großen Mond halt wesentlich leichter entdeckt als einen winzigen, ist es auch mit den Nebenwirkungen.
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Korrekt. Wir wissen auch nicht, ob die Vulkane in der Eifel oder im Vogelsberg irgendwann nochmal ausbrechen, aber das Risiko, dass es zu unseren Lebzeiten passiert, ist ziemlich gering. Dass aber auf Hawaii, in Island oder Sizilien alle paar Jahre ein Vulkan ausbricht, ist gesichert.

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>>GUter Punkt, war mir so nicht bekannt. Gibts es da interessante Quellen für diese Zulassungsprozesse?
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>Der Wikipedia Artikel ist nicht schlecht:
>[https://de.m.wikipedia.org/wiki/Arzneimittelzulassung]
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>Vor dem Conterganskandal waren bspw. gar keine richtigen Studien erforderlich. Heute hast du immer umfangreiche Studien und du hast auch noch viele Tierversuche bei denen bspw. geprüft wird, ob es zu Problemen in der Schwangerschaft kommt und das Medikament oder auch einzelne Komponenten davon werden in viel höherer Dosis verabreicht um evt. Probleme festzustellen. Bei den Fettkügelchen, die die mRNA bei Biontech umhüllen wurde bspw. festgestellt, das es bei Nagetieren erst ab einer Dosis, die 300 bis 1000fach über der im Impfstoff liegt, zu harmlosen Leberveränderungen kommt, die von denen sich die Leber aber auch wieder erholt hat. Mal zum Vergleich: Die 20fache Dosis der normalen Dosis Paracetamol kann zum potentiell tödlichen Leberversagen führen. (Allerdings ist durchaus fraglich, ob Paracetamol heute noch zugelassen würde, wenn es ein neu entdecktes Medikament wäre. [https://www.propublica.org/article/tylenol-mcneil-fda-use-only-as-directed] )
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Paracetamol würde vor allem nicht mehr gegen Migräne und Schmerzen zugelassen. Als Fiebersenker vermutlich schon, wenn es nicht heute bessere Wirkstoffe gäbe, die weniger leberschädlich sind. Als Fiebersenker ist Paracetamol aber durchaus ein wichtiges und in der empfohlenen Dosierung sehr sicheres Medikament und steht auf der Liste der unentbehrlichen Arzneimittel der WHO. Contergan war übrigens gar nicht wirklich der Grund, warum heute Zulassungsstudien erforderlich sind, das war ein anderes Medikament, Sulfanilamid - ein Hustensaft, an dem reihenweise Kinder gestorben sind. Das führte in den USA 1938 dazu, dass Arzneimittel durch die FDA zugelassen werden mussten. Das deutsche AMG trat erst 10 Jahre nach Contergan, 1972, in Kraft. Contergan ist seit einiger Zeit wieder als Orphan Drug bei Myelomen im Einsatz, vermutlich wirkt es auch bei Morbus Crohn. Das Zeug war eigentlich ein sehr gut verträgliches Schlafmittel mit nahezu keinen Nebenwirkungen. Männer oder Frauen, bei denen eine Schwangerschaft ausgeschlossen werden kann, könnten das problemlos nehmen. Da auch heute nur ganz ausnahmsweise Studien an Schwangeren gemacht werden, würde das heute im Rahmen der normalen Zulassung auch nicht auffallen, dass Contegan in einem bestimmten Zeitfenster (ca. Woche 4-12)  das Erbgut des Embryos schädigt, deshalb steht fast immer im Beipackzettel, dass Schwangere das Medikament nur in Absprache mit einem Arzt nehmen sollen (was dann im Endeffekt das Risiko auf den Arzt abwälzt und weshalb es auch heute noch zu so einem "Skandal" kommen könnte). Problem war bei Contergan, dass es gegen Schwangerschaftsübelkeit beworben wurde. Es gibt aber auch heute kein 100% sicheres Medikament, bei der Zulassung werden Nutzen und Risiko abgewogen. Man kann sich auch mit Zucker oder Salz umbringen, und wenn man 10 Liter Wasser auf Ex trinkt, ist auch das lebensgefährlich.

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>>Letzteres war mir gar nicht bekannt. Aber du meinst "nur" das Spieprotein, das halt am Virus dran ist, richtig?
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>In der Zelle werden ja die einzelnen Proteine des Virus einzeln gebaut. Es gibt einen mRNA Bauplan vom Spikeprotein und der wird dann halt verwendet um Spikeproteine zubauen, von denen dann viele später in die Virushülle eingebaut werden. Es gibt tatsächlich einen winzigen Unterschied zwischen Spike im Impfstoff und Spike im Virus: Das Spike im Virus muss in die Virushülle eingebaut werden, damit es die richtige Form bekommt, das Spike im Impfstoff hat eine winzige Veränderung, die dazu führt, das es auch ohne Einbau in die Virushülle, die gleiche Form hat, wie ansonsten im eingebauten Zustand. Ansonsten ist es leicht verbogen. Bei AstraZeneca und SputnikV wurde ein unmodifiziertes Spikeprotein verwendet.
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>>Ich glaube die Crux dieser ganzen Diskussion ist, dass Skeptiker das Gefühl vermittelt bekommen müssten, dass die Wissenschaftler *sehr gut* überblicken, dass das Riskio extrem klein ist. Stattdessen haben sie das Gefühl: Man weiß nur einfach nichts Gegenteiliges und hofft auf das Beste. Das mag uns absurd vorkommen. Wenn einem aber der Einblick in *jegliche* Wissenschaft fehlt, kann man wohl auf solche Ideen kommen.


Die Skeptiker hören RNA und denken, das sei dasselbe wie DNA. RNA kann aber die Keimbahn nicht verändern, auch wenn beide aus denselben Aminosäuren bestehen.

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>Was ich mich allerdings frage ist: Wer selbst nicht mal über naturwissenschaftliche Grundlagenkenntnisse verfügt, warum kommt man dann auf die Idee man wüsste es besser als Wissenschaftler, die sich seit Jahrzehnten damit beschäftigen? Den aktuellen Stand der Wissenschaft nachvollziehen ist schon schwierig genug, aber Fehler zu finden ist noch viel schwerer.


Das ist doch kein auf die Wissenschaft beschränktes Phänomen. Wir haben 83 Millionen Bundestrainer und auch bei Gerichtsprozessen spricht doch Volkes Stimme ohne jegliche juristische Kenntnisse vielfach von Skandalurteilen, wenn ein Täter nicht gleich öffentlich hingerichtet wird.


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