Thema:
Re:Sexkaufverbot! flat
Autor: Mampf
Datum:20.05.20 11:42
Antwort auf:Re:Sexkaufverbot! von Pjotr

>>Also, dass dieses Gewerbe halt grad problematisch ist, ist ja völlig logisch, und dass es hier keine Maßnahmen gibt, wie man ein infektionsrisiko vermeidet (moment, da fällt mir Nackte Kanone ein!), leuchtet ein.  Was ich nicht verstehe ist aber, warum einige Politiker meinen , wieder zurück ins Mittelalter zurück gehen zu wollen.
>
>Das hat nichts mit Mittelalter zu tun. Dass Prostitution für eine Gesellschaft schädlich ist, ist (auch) eine traditionell linke und feministische Position.


Dann war das von mir vielleicht missverständlich ausgedrückt. ich wollte keinesfalls Prostitution in seiner Bedeutung verharmlosen oder die Kritik daran politisch verorten, sondern den Gedanken, dass ein Verbot Prostitution unterbindet, als mittelalterlich deklarieren. Und solche  Überzeugungen kenne eher aus Konservativer denke (es gibt ja auch linke Konservative Denke).


>Und das hat nicht mit Angst oder Ekel vor Sex zu tun, sondern ist auf feministische Theorie und die marxistischen Konzepte von Entfremdung und Verdinglichung zurückzuführen.

Schon klar, dass es keiner Phobie entspricht, das hab ich ja auch nicht behauptet.

>Prostitution ist eine extrem gegenderte Institution: Männer handeln Frauen, Männer kaufen Frauen.

Über die tatsächliche Verteilung will ich nur sagen: Ja, ich glaube auch dass da statistisch deutlich mehr Frauen drunter leiden, als Männer, aber dennoch halte ich es für absolut diskriminierend da singulär nur Frauen als Opfer zu sehen. Die Armen Männer, die da Ausgebeutet werden sollten genauso beachtet werden auch wenn ihre Zahl im Vergleich deutlich geringer ist. Aber diese einfach nicht zu beachten, und die Handvoll Frauen, die von dem Geschäft profitieren, zu ignorieren, halte ich für eine Verharmlosung des Problems, und ist imo ein Indikator dafür , dass es unter Feministen auch ewig Gestrige gibt, und vor allem ein Anteil (den ich nicht quantifizieren kann und mag), der durchaus Männerfeindlich eingestellt ist (Nicht falsch verstehen, ich will Feminismus jetzt nicht abwerten, sondern nur differenziert und kritisch betrachten. Es ist ein wichtiger Aspekt, dass es da keine einheitliche Bewegung gibt und es von Alice Schwarzer bis Lady Bitch Ray sehr viele unterschiedliche Positionen gibt).


>Die Zahl der freiwilligen, selbstbestimmten Prostituierten macht nur einen Bruchteil aller Prostituierten aus - die meisten sind Opfer von Menschenhändlern oder werden durch sozioökonomische Umstände zu diesem Beruf gezwungen. Prostitution gibt Sex einen Warencharakter. Anstatt einer einvernehmlichen, freiwilligen Aktivität zweier Personen, wird Sex (und die Prostituierte) zu einem Produkt, auf das Männer das Anrecht auf Konsum beanspruchen.

Ja, das Problem sehe ich. Doch wird meinem Verständnis nach das Unrecht durch ein Verbot halt noch schlimmer. Afaik und Imo dient eine Legalisierung dem Schutz der "Anbieter", bzw. die erste Grundlage zur Selbstständigkeit und damit zur Selbstbestimmung. Es ist auch Schwer, Globale Zustände nicht Isoliert zu betrachten. Dank Globalisierung wäre es aber auch ein Fehler, die Situation für die einzelnen Länder rein Isoliert zu betrachten. Sowohl Verbot als Legalisierung ändern nichts an der Existenz eines Schwarzmarktes.

>Als würde Prostitution sonst nicht stattfinden, und als wäre es für die Würde der SexarbeiterInnen von  Vorteil, wenn sie wieder Illegal, und somit meist im abhängigen Verhältnis arbeiten müssten.
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>Die meisten Prostituierten arbeiten immer noch in abhängigen Verhältnissen. Die deutschen Großbordelle, die ein Produkt der Liberalisierung sind, werden trotz legaler Prostitution immer wieder des Menschenhandels überführt.


Also wichtig, weiterhin was dagegen zu unternehmen, was nur Gelingt, wenn in der Hinsicht Transparenz herrscht. Außerdem lässt sich juristisch doch was daran Schrauben, also an dem Abhängigkeitsverhältnis. Umso größer das Bordell ist, umso schwerer die Überprüfung. Ich bin halt erstaunt, wie übersichtlich die Gesetzliche Lage zum Thema ist. Das Gesetz zur Prostitution ist grad mal 3§ lang und durchaus Ausbaufähig.

>Ausserdem kriminalisiert das geforderte Nordische Modell Prostitution (Verkauf von Sex) an sich nicht - das Nordische Modell kriminalisiert stattdessen Sexkauf. Die Gewalt des Staates fokussiert sich explizit auf Freier und nicht auf Prostituierte. Das Nordische Modell funktioniert ergo ein bisschen wie die Entkriminalisierung (!= Legalisierung) von Drogen.

Mal abgesehen vom imo eher unpassenden Vergleich mit Drogen (auch wenn ich weiß was du meinst), mag ja aus einer Illegalität heraus dieser Schritt zur Entkriminalisierung ja schon mal ein guter Anfang zu sein. Aber ich denke, für Länder wie D, in denen Legalität schon vorherrscht, stellt dieser Schritt einen Rückschritt dar. Sicherlich sollten Aussteigerprogramme und Aufklärung zu dem Thema staatlich gefördert werden, und die Sicherstellung der Unabhängigkeit der ArbeiterInnen Priorität haben.

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>>Gibts sStudien, ob das wirklich was bringt?  ICh war bisher immer der ÜBerzeugung, dass legalisierung von Prostitution den Prostituierten zu gute kommt. Hat sich das gewandelt, oder vergessen das Vertreter der Konservative einfach immer wieder?
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>Wann kam Liberalisierung von Arbeitsverhältnissen je den Arbeitern zu Gute? Deutschland war einer der Vorreiter in der Legalisierung von Prostitution. Wofür ist Deutschland heute bekannt? Reiche Zuhälter, Grossbordelle und "all you can fuck".


Und du glaubst, durch das Illegalisieren werden die Zustände besser? Eine kurze Recherche hat zwar ergeben, dass es zwar in Schweden (seit 1999 illegal) seit dem Verbot nur noch die Hälfte an bezahltem Sex ausgemacht werden konnte, aber eben mit dem Hinweis, dass dabei von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen werden muss. Sicher, was halt im Illegalen schwer zu halten sind, sind halt die Großbordelle, mit all ihren Flatrate Partys etc. Halte ich auch für bedenklich. Aber das ist ha nix, was nicht juristisch zu regeln ist. Das meine ich ja. Solange es gesetzlich Regulierbar ist, solange hat der Staat auch mehr Kontrolle über die Rahmenbedingungen. Wenn der Staat letztendlich darin nur eine Lukrative Steuereinnahme sieht, dann klar, gebe ich dir vollkommen Recht. Wenn du  "Liberalisierung" auf politischer Ebene der FDP beziehst, klar, da profitiert letztendlich der "Großgrundbesitzer" von, und der Arbeiter entspricht dem modernen Sklaven. Aber der liberale Gedanke dahinter, dass manche Menschen durchaus Selbstbestimmt sein können, auch was Thema Sex angeht, ist ja nicht außen vor.

Ich denke, bzw. gehe davon aus, bzw. bin soweit im Bilde darüber, dass es diesbezüglich auch innerhalb des Feminismus unterschiedliche Ansichten gibt. Ich sehe es selber auch sehr sehr schwer einzuschätzen. Ich bin fest von Überzeugt, dass es manche Menschen gibt, die durchaus Selbstbestimmt sexuelle Dienstleistungen anbieten wollen und können. Aber ich schätze es so ein, das diese Menschen in Fakt nur einen Bruchteil darstellen, und der Großzahl der SexarbeiterInnen letztendlich, ob direkt oder indirekt, unter Zwang arbeiten, bzw. (und imo ist das der bedeutendere Aspekt), ausgebeutet werden und letztendlich von dem Handel eher der Kunde als auch der "Arbeitgeber" eher profitiert, als der eigentliche Anbieter. Und da gilt es imo politisch aktiv zu werden und nicht um alle Jahre wieder, aus Tugend und Moral abgeleitet, ein Verbot zu fordern, was den eigentlichen Personen, die zu schützen gilt, ein Schlag ins Gesicht darstellt.

Mir ist aber bewusst, dass es moralisch sicherlich ein Balanceakt darstellt, sexuelle Dienstleistungen zu legalisieren, aber auch die Würde des Menschen sicherzustellen.

Edit:

Folgenden Artikel zu Schweden (leider was veraltet), bestätigt meine Befürchtungen

[https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2013-12/schweden-prostitution-verbot-freier-strafe/seite-2]
>
>[https://nordicmodelnow.org/]


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