Thema:
Re:Hammerartikel zu der Streeck-Studie flat
Autor: token
Datum:15.04.20 09:52
Antwort auf:Re:Hammerartikel zu der Streeck-Studie von Matze

>>Erstmal Respekt dass du, obwohl du unter dem Lockdown ziemlich leidest, nicht monothematisch kritisierst sondern auch solche Perspektiven anführst.
>
>Danke. So langsam geht es aufwärts. Irgendwann gewöhnt man sich sogar an die Einsamkeit im Home Office.
>

Das freut zu hören. Dass so eine harsche Umstellung und die Unsicherheit über den perspektivischen Alltagsentwurf bis auf geraume Zeit an die Substanz geht ist ja mehr als verständlich. Da ist der eine mehr und der andere weniger betroffen. Wie stark es schlaucht hängt da natürlich auch von den eigenen Umständen ab. Selbst als introvertierter Stubenhocker hat man da zu knabbern. Hardcore finde ich den Entwurf der kleinen Mietwohnung mit zwei Kleinkindern und wo beide Elternteile im Homeoffice gebraucht werden. Da wird man natürlich wahnsinnig. Da werde ich schon verrückt wenn ich mit so jemandem skypen muss und mag mir gar nicht vorstellen wie es ist da aktuell 24/7 drin zu stecken.

Auch ich bin für Lockerungen die etwas Anspannung aus der Gesamtlage herausnehmen. Ich würde auch nicht nur in Lockerungen denken, denn Lockerung sagt ja, ein wenig so wie vorher. Damit kann man aber nicht allem gerecht werden, es wird, so denke ich, auch neuartige Lösungsentwürfe brauchen. Gerade Kleinkind-Betreuung und Pflegeheime sind so Sonderkonstellationen wo die bisherige Gangart schwer vorstellbar scheint, und wo es möglicherweise sehr spezifischer Angänge bedarf, die eine ganz andere Logistik brauchen.

Nur eben auch, dass dies auch seriös auf den Weg gebracht wird. Auf einer belastbaren Grundlage mit abschätzbaren Risiken. Wenn die da ist, gut, wenn die nicht da ist, dann halte ich es nicht für sinnvoll einfach irgendwas zu machen, nur um es zu machen. Die Vorgänge der letzten Tage und die wahrscheinlichen Motive der Protagonisten samt ihrer Methoden haben bei mir eher Vertrauen abgebaut. Und auch dieser Artikel mit seiner Zeichnung der Abläufe bestätigt dieses Unbehagen.

>Ich hatte am Anfang, nachdem auch Sid sie in Telegram positiv kommentiert hatte, viel Hoffnung auf die Studie gesetzt aber ich kannte auch weder Streecks Vorgeschichte noch die ganzen Verstrickungen. Allein deshalb fand ich den Artikel schon interessant.
>
>>Ob Laschets Verstrickungen mit den Vorgängen rund um die Heinsbergstudie tatsächlich schon derart gezielt taktisch motiviert lagen und verantwortungslos getrieben wurden wie es der Artikel darstellt, keine Ahnung.
>>Obwohl man das Gesamtbild so darstellen kann, würde ich Stand jetzt eher seine Kompetenzen in Frage stellen, statt eine solch gezielten Steuerung zu mutmaßen. Ich glaube hier kommen einfach viele Dinge unglücklich zusammen und nicht dass da so gezielt die Strippen gezogen werden.
>
>Ich hab als Fazit eher gesehen, dass sowohl Streeck mit seinen vorschnellen Veröffentlichungen als auch Laschet mit seinem Berufen darauf (immer mit dem Ziel einer schnellen Lockerung) ihre Glaubwürdigkeit riskieren. Die windige Marketingbutze mit Dieckmann erhöht auch nicht gerade das Vertrauen.
>
>Von Laschet hielt ich immer relativ viel aber dass er jetzt schon im Alleingang Schulöffnungen und andere Lockerungen ankündigt, finde ich nicht so gelungen. Wenn er mit dem Ergebnis der heutigen Konferenz nicht zufrieden ist, kann er das ja immer noch tun aber vorher wirkt es irgendwie etwas profilierungssüchtig.


Gerade Laschet hat eine mediale Offensive gegen diese Alleingänge gefahren, es spricht schon Bände wenn er das gerade selbst macht. Heute ist die Beratung, aber so wie sich manch einer schon in Stellung bringt mit unlauteren Methoden, könnte man fast meinen heute gebe es eine Lockerungstombola oder einen Bieterwettbewerb wo man sich schon mal strategisch in Position bringt und da auch schon mal vorab den Druck aufbaut indem man Tatsachen schafft, auch wenn diese jeglicher Grundlage entbehren.

Dies ist jetzt jedenfalls nicht der Zeitpunkt wo individuelle Machtinteressen das Verhalten von Verantwortungsträgern determinieren sollten. Und erst recht nicht der Zeitpunkt wo unfundierte Entscheidungen getroffen werden können. Die Spielregeln dieser Krise diktiert der Virus. Dieser steckt den Rahmen ab innerhalb dessen man agieren kann. Da kann man das tun was "möglich" ist innerhalb dieses Rahmens, auch wenn man sieht dass mehr als das "nötig" wäre. Wenn Dinge nötig sind, die aktuell nicht ohne unkalkulierbares Risiko möglich sind, dann soll man eben daran arbeiten diese möglich zu machen. Indem man die nötigen Voraussetzungen schafft, logistisch wie auch im Hinblick auf die Erarbeitung der wissenschaftlichen Faktenlage die ausreichend gut ist um als Entscheidungsgrundlage zu fungieren. Und das schafft man sicher nicht indem man Deadlines setzt die sich nicht daran orientieren wie viel Zeit etwas braucht, sondern daran was man der Bevölkerung vor Wochen symbolisch als nächsten Schlüsseltermin kommuniziert hat. Erinnert mich in den aktuellen Abläufen ein wenig an schlecht organisierten Projektsteuerung die mit Wunschdenken, Realitätsverlust, unehrlicher Kommunikation, persönlichen Interessen wie man sich innerhalb dieses Chaos gut verkaufen kann komplett unnötige Rückwürfe und veritable sunk costs produziert.

Nur ist das Spielbrett auf dem man unterwegs ist die ganze Nation, und es wäre wirklich fatal wenn man jetzt was aus der Hüfte schießt, wo es dann hinterher heißt, gehe nicht über Los, ziehe nicht 4000 Euro ein, alles auf Anfang.
Dass das passieren kann und man etwas beschließt bei dem man nicht versteht ob man damit einen Rebound riskiert, ist gerade meine größte Sorge. Und mein Fokus richtet sich hierbei unter anderem auf Laschet, der schon kurz nach Lockdown als noch Corona-Parties gefeiert wurden, den Relativierer gespielt hat.


< antworten >