Thema:
So brutal wie grandios flat
Autor: thestraightedge
Datum:24.03.20 11:06
Antwort auf:Systemsprenger (Film, 2019) von Tota

Wow, wie das Mädel da spielt. Unglaublich. Auch der Rest der Cast ist ABSOLUT glaubwürdig besetzt, allen voran die Sozialarbeiterin und der Schulhelfer.

Grundsätzlich ist das harter Stoff, also wirklich hart. Da schaut man zu und weiß, dass es solche Menschen gibt, und dass sie nicht au ihrer Haut können. Und obwohl die ganze Sache ständig eskaliert gibts die kleinen Momente der Vertrautheit und ein offenes, aber versöhnliches Ende. Aber: der Film stresst, man ist auch als Zuschauer ständig Zeuge dieses schmalen Grades zwischen vorsichtiger Normalität und Eskalation, und das strengt an.

Ich habe auch etwas neues gelernt: "Rettungsphantasien" ist ein Wort. Ich habe einst im Zivildienst in einer Jugendhilfeeinrichtung 13 Monate Dienst geleistet. Es hat mich unglaublich nach vorne gebracht, empathisch und persönlich, obwohl ich ja offiziell keine Sozialarbeit oder Erziehung ausüben durfte. Aber ihr kennt das sicher: das wird dann nicht so eng gesehen, und die Erzieher waren um jede Hilfe dankbar. Ich hätte das glaube ich als Job gut ausgeübt, aber: Ich konnte die Distanz nicht halten. Tagsüber diese lieben Kinder betreuen, und Abends mit dem Bulli zurück in die elterliche Hölle schicken. Das war eine permanente, immense Belastung für mich.

Jedenfalls: Systemsprenger zählt für mich zu den besten deutschen Filmen der letzten 5 Jahre.

Auch hier wieder: Hut ab Netflix, die sich den offenbar exklusiv im Streaming noch vor Home Video Release gesichert haben. Das, was früher bei den Plattenfirmen "A&R" waren, macht NF im Filmbereich mit beispiellos gutem Händchen, sowohl für Eigenproduktionen als auch für solche Zukäufe und Exklusivitäten.


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