Thema:
Re:Vertane Chance *spoiler* flat
Autor: token
Datum:30.06.20 12:03
Antwort auf:Re:Vertane Chance *spoiler* von Scarface

>>Die ganzen Probleme vom Sequel sind jedenfalls vermeidbar, und wenn man sich fragt, wie, dann ist die Antwort darauf, das solltet ihr wissen, genau dafür habt ihr selbst die Skizze geliefert.
>
>Naja, kann ich nicht mitgehen.
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>Das sind wie du sagst für einen Teil der Spieler Probleme und für einen anderen Teil ist das absolut genial gemacht mit den Perspektivwechseln.
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>Ich persönlich habe es voll abgefeiert, und zwar jeden einzelnen Punkt den du hier als negativ aufführst.
>Also, ich mein, ich fand es so richtig genial als Abby gegen Ellie zu kämpfen. Absolut einer der geilsten und intensivsten Spielmomente die ich bisher erlebt habe.
>
>Auch habe ich mich über jede nonlineare Rückblende gefreut.
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>Praktisch alles was du hier kritisierst ist bei mir perfekt aufgegangen as intended :))
>

Im Grunde bringt jedes erzählerische Medium spezifische Eigenheiten mit.
Beim Videospiel ist die wohl gravierendste Eigenheit die Interaktion des Spielers.
Ich würde, vollkommen wertfrei, Teil 1 und Teil 2 als eine Art Gegenentwurf begreifen. Im ersten Teil wird eine immersive Welt sehr akribisch ausgearbeitet, und das Gameplay hat sich ins Pacing der Story zu fügen, wohingegen die Story sich auch der klassischen Spielstruktur fügt.

So ist Teil 1 für mich halt ein Paradebeispiel dafür wie man es schafft eine gute Story in ein gutes Videospiel zu weben. Wobei Teil 1 für mich auch nicht der heilige Gral der Geschichtenerzählung in Medium Videospiel ist.
Da sehe ich Portal 2 wo sich jede Form von Storytelling komplett dem Spiel unterzuorndnen hat. Ein Spiel ohne Cutscenes und ohne Eingriff in das Interface des Spielers. Alles passiert ingame. Das finde ich noch geiler als das was TLoU1 gemacht hat.

Gleichwohl ist TLoU1 für mich die bislang gelungendste Symbiose des Mediums Film und des Mediums Videospiel. Diese Symbiose ist auch der klassische Ansatz den eigentlich fast jedes Spiel mit Story so gemacht hat.
Nur war es speziell TLoU1 das gezeigt hat wie man genau das auf sehr hohem Niveau geradezu perfekt hinkriegt.

Betrachte ich hingegen die Symbiose von Teil 2 sehe ich viele same old same old Probleme von Videospielen und kann nicht erkennen dass Aspekte die in Teil 1 noch sehr wichtig waren noch eine große Rolle spielen. Maßgeblich geht es mir um eine Anerkennung der Eigenheiten des Mediums und wie man mögliche Reibungspunkte welche diese Eigenheiten mitbringen umschifft.

Dass das für dich dennoch total geil war will ich dabei gar nicht in Abrede stellen. Und dass es mir nicht gefällt hat natürlich auch mit mir zu tun.
Ich denke aber schon aus der Perspektive "Gamedesign" die ja eher eine abstrakte ist, fehlt die Anerkennung der Eigenheiten des Mediums und die Finesse diese Eigenheiten einzufangen und ein rundum gelungenes Filmspiel aufzustellen.
Genau das ist Teil 1, eine gelungene Symbiose aus Film, Erzählung und Videospiel. Eine perfekt balancierte Mixtur mit ausgeprägtem Fingerspitzengefühl für ein ineinandergreifen dieser Ebenen.

Und Teil 2 wirkt dagegen mehr wie ein, zuerst war da die Geschichte und ihre Erzählstruktur, und drumherum wurde dann das Spiel aufgebaut.
Losgelöst davon ob das gewirkt hat oder nicht, lockt mich so ein Ansatz nicht hinter dem Ofen hervor. Ich kann da halt nichts wegweisendes erkennen, nur für überwunden geglaubte Konflikte zwischen den Ebenen Film, Erzählung und Spiel als unerwartetes Revival.
Es ist somit in seiner Ausarbeitung als Filmspiel näher dran an Uncharted als am ersten Teil. Wie gesagt war für mich TLoU1 genau der Gamechanger für meine Wahrnehmung von ND als Studio zur höchsten Anerkennung gereicht hat. Und hier sehe ich wieder einen Rückfall in alte Muster.
Und again, das ist immer noch jammern auf hohem Niveau, denn das ist immer noch sehr gut und kein 0-Punkte-Hate. Aber dieses Attribut Ausnahmespiel mag ich dem Titel nicht mehr geben. Dafür ist es mir in seiner Gesamtheit schlicht und ergreifend zu unrund.


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