Thema:
Re:das stimmt :P … und: wir steuern auf Hollywood-Modell zu flat
Autor: Felix Deutschland (deaktiviert)
Datum:01.12.19 19:15
Antwort auf:Re:das stimmt :P … und: wir steuern auf Hollywood-Modell zu von elementalMaster

>>>das stimmt … aus eingeschweißten 360er Titeln kann ich mir echt ein Iglu bauen :D
>>>
>>>Was aber heute imho echt ein Problem ist, ist dass Steam es den Leuten so krass beigebracht hat, nur noch im Sale zu kaufen.
>>
>>Nur in diesem Forum kann auf die erste Aussage im selben Post, vom selben User, direkt die zweite folgen.
>
>Ich glaube durchaus, dass auch in anderen Foren manchmal - möglicherweise sogar auch im selben Post vom selben User - auf eine Aussage auch noch eine zweite Aussage folgt.


Gut, geschenkt.

>Aber im Ernst: Vor 10 Jahren hatten wir eine Finanzkrise, deswegen war - bei einem noch niedrigeren Stand des Pfunds als zu schlimmsten Brexit-Zeiten - der Preisverfall bei UK-Spielen noch krasser als heute, und ich hab mir da wirklich sehr viele von gekauft. Aber eben zusätzlich zu dem anderen Kram.

Deine Logik hat nur einen Haken: Die UK-Amazon-Preise waren bereits in den Jahren VOR der Subprime-Krise Ende 2008 so niedrig. Leute haben bereits PS2- und OG-Xbox-Spiele günstig beim Engländer eingetütet, seit Jahren.

Der Punkt ist: Die Industrie hat hart daran gearbeitet, den Gebrauchtmarkt zu bekämpfen bzw. es dem Kunden schwieriger zu machen, gebrauchte Games zu kaufen. Dadurch ist peu a peu ein Zweitmarkt zum quasi "zweiten Erstmarkt" geworden, und tatsächlich eine Profitmöglichkeit darin gesehen, diesen abzuschöpfen.

Spiele verkaufen, seit jeher, die allermeisten Einheiten in den ersten ein bis vier Wochen nach Release. Danach sacken die Käufe bei so gut wie allen Titeln ab und steigen erst wieder an, wenn man sie stark rabbattiert. Also auf ein Preisniveau geht mit Neuspielen, die sonst lapidar gesagt in den Schredder wandern würden, das sogar noch unter Gebrauchttiteln liegt. Statt die Sache abzuschreiben, wird versucht, daraus noch Geld zu machen.

Kennt man auch aus dem Einzelhandel bspw. als "Sommerschlußverkauf".

Grotesk wird es, wenn man sich vor Augen hält, wie viele Games in Zeiten des Digitalvertriebs schlicht verschenkt werden. Aber mich deucht, es dürfte einer ähnlichen Logik folgen.

>Heute haben wir keine Finanzkrise, und trotzdem kaufen die Leute, gerade was PC Spiele angeht, fast nur noch im Sale.

Sprich für dich selbst. Ich hab vor fünf, sechs Jahren noch haufenweise Kohle in den Steam Sales gelassen. Dieses Jahr hab ich afair kein einziges mal in nem Steamsale zugeschlagen, dafür aber die meisten PC-Titel, die ich dieses Jahr gezockt habe, zum Launch gekauft.

Die Art, wie viele dieser Titel funktionieren, hat das quasi vorausgesetzt, Stichwort "GaaS". Ein Anthem zu spielen, welches 10 Euro kostet weil Rabatt, macht noch weniger Sinn, als zum Launch, weil in einem Titel der auf permanenten 4er-Coop ausgerichtet ist, schlicht zu wenig User unterwegs sind.

Das sah vor zehn Jahren noch anders aus, als es viel mehr Games mit Singleplayerfokus gab und "Always Online" noch eine vage Drohung am Horizont der MMORPGs war.

>Ich habe gerade selbst ein VR-Game auf Steam und da verkaufen wir halt 99% der Einheiten im Sale. Das Ganze ist nun zum Glück nur ein "Passion Project" neben unseren normalen Jobs, keiner hat seine Karriere aufgegeben oder eine Hypothek aufgenommen, um mal den Traum vom Spiele Entwickeln auszuprobieren. Dennoch müssen wir nun nach knapp einem Jahr im Verkauf einsehen, dass es wohl bei dem einen Versuch bleiben wird. Hätten wir alle Einheiten zum "Normalpreis" verkauft, wäre das Ganze durchaus tragbar gewesen und wir würden inzwischen den nächsten Titel entwickeln.
>
>Ich sehe nun also aus der Entwicklerperspektive die Schattenseite dieses Verhaltens und finde es deswegen jetzt auch nicht supergeil, wenn sich hier Leute darüber freuen, dass sie ja eigentlich nur Gebrauchtware zocken und für ihr Hobby überhaupt kein Geld ausgeben. Verstehen kann ich es aber allemal, denn für den PC kaufe ich mir die Games tatsächlich fast auch nur im Sale. Das hat wiederum zwar auch was damit zu tun, dass ich idR lieber gemütlich auf dem Sofa zocke und mein Gaming-PC im Büro steht, aber bevor ich hier schon wieder mehrere Aussagen in einem Post tätige, hör ich mal lieber auf zu labern :P


Ich will darauf hinaus, das die Industrie lediglich dem Kaufverhalten der Kunden Rechnung trägt, nicht umgekehrt, dass die Industrie ihre Kunden in irgendeiner Form "schlecht erzogen" hätte. Das setzt vorraus, das diese Sales sich für die Industrie nicht lohnen würden, was schlicht falsch ist.

Viel bedenklicher ist das Überangebot. Es kommen pro Woche allein auf dem PC über zwei- bis dreihundert Spiele raus. Es ist nicht mehr überschaubar, was alles existiert, und was in Zukunft Leute interessiert. Es findet ein langsamer, aber stetiger Shift statt, dem zufolge VK-Zahlen weniger wichtig werden als Engagements, vergleichbar mit dem (ähnlich überfrachteten) App-Markt.

Deswegen hast du GaaS, deswegen hast du Dailies, deswegen hast du Spiele, die dich in einem permenanten Zustand des "Mehr haben wollens" psychisch gefangen halten, damit du möglichst NIE aufhörst, sie zu spielen. _DAS_ ist die Dressur, die hier gerade stattfindet.

Aber lasst uns mal lieber die Mär vom Geiz-ist-geil-Gamer weiterspinnen, wer weiß, vielleicht wird sie allein durch Wiederholung irgendwann mal wahr. Ein Alleinstellungsmerkmal in diesem Forum ist die Dichotomie, die da nonchalant zwischen dem tugendhaften Konsolengamer und dem gierigen, rattenartigen PC-Spieler aufgemacht wird, die ist echt immer wieder #nice.


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