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"Kurz"-Fazit nach zehn Story-Missionen auf Switch flat
Autor: Link
Datum:11.08.19 15:54
Antwort auf:Tiny Metal 2: Full Metal Rumble (Switch) von Kilian

Ich bin alter Fan von Advance Wars, aber bisher nicht dazu gekommen, das erste Tiny Metal oder Wargroove auszuprobieren. TM2 musste ich nach den teils sehr positiven Reviews und auch wegen des Freundschaftspreises aber mal eine Chance geben. Kurzfazit nach zehn Missionen: Das Spiel macht mir durchaus Spaß und entwickelt manchmal auch einen ziemlich starken Sog, hätte aber noch so viel besser sein können und kommt IMO leider nicht an Advance Wars heran.

Wieso nicht?

Stichwort Grafik: 3D oder Pixel ist sicherlich Geschmackssache, aber bei TM2 leidet jedenfalls für mich die Lesbarkeit des Spielfelds. Wenn man im Handheld-Modus auch nur ein wenig rauszoomt, kann man die Prozentwerte der Einheiten kaum noch erkennen. Auch äußerlich unterscheiden sich manche nur auf den zweiten Blick. Und wer wie ich gerne in der AW-Perspektive spielt, also nicht isometrisch, sondern "gerade" von oben, muss bei jedem Missionsstart leicht fummelig die frei drehbare Kamera ausrichten. Außerdem haben gerade die Gefechtsanimationen nicht den Charme von AW, weshalb ich sie anders als dort bald ausgestellt habe. Und liebevolle Kleinigkeiten wie das Männchen, das bei AW auf eroberte Städte draufhüpft, sucht man vergebens.

Überhaupt, Kleinigkeiten: Die Farbe der Linie, die die Bewegungsreichweite angibt, ähnelt teils zu stark dem Untergrund, oder auch, dass die Kamera beim gegnerischen Zug so schnell zur nächsten Aktion springt, dass man kaum verarbeiten kann, was da genau passiert ist... oder die nicht ganz so flüssige Bewegung des Cursors (AW läuft wohl mit 60 FPS, was anscheinend selbst in diesem Genre einen Unterschied macht).

Sehr ordentlich finde ich dagegen die Porträts der Protagonisten, das ist schön an AW angelehnt. Auch die Sprachausgabe passt eigentlich ganz gut zum Stil, die Musik sowieso, auch wenn sie für mich jetzt nicht besonders raussticht.

Viel wichtiger ist aber natürlich das taktische Gameplay, und hier schränkt sich TM2 aus meiner Sicht leider unnötig ein. Die Missionen ähneln sich bisher ziemlich, im Grunde geht es fast immer darum, nach vorne zu stürmen, Basen und Fabriken zu besetzen und so für finanzielle Überlegenheit zu sorgen. Durch unterschiedliches Terrain und Ausgangssituationen kann das trotzdem ganz spannend sein, aber wenn mich nicht alles täuscht, gab es bei AW auch immer wieder Missionen ohne Fabriken, bei denen man mit einem festen Truppenkontingent auskommen musste und die daher sehr präzise designt waren und auch entsprechend gespielt werden wollten. Ich hoffe, im späteren Spielverlauf kann auch TM2 noch mit so etwas aufwarten.

Dazu kommt dann noch der Faktor Kriegsnebel: Der ist bei TM2 ab Schwierigkeitsgrad Normal standardmäßig aktiviert - dabei könnte man doch gerade hier Abwechslung reinbringen, nämlich durch Missionen, bei denen alles sichtbar ist, die dafür aber erforden, sich sehr genau mit Reichweiten auseinanderzusetzen, die Produktion eigener Einheiten auf den Gegner abzustimmen usw. Meiner Meinung nach eine verpasste Chance. 

Generell habe ich - jedenfalls bisher - das Gefühl, deutlich seltener als bei AW genau schauen zu müssen, wie weit denn nun diese oder jene gegnerische Einheit ziehen und feuern kann oder welche kritischen Bereiche auf der Karte es schnell zu sichern gilt... als wären die Missionen, ob mit Fabriken und Kriegsnebel oder ohne, einfach nicht so "tight" designt wie dort. Ich hoffe, da kommt noch was, kniffliger soll es ja auf jeden Fall noch werden. 

Positiv sind aber kleine Erweiterungen des Kampfsystems wie Focus Fire (mehrere Einheiten attackieren zugleich einen Gegner) und Assault (eine Einheit verdrängt den Gegner unter größeren Verlusten von seinem Standort). Beides kann die Schlacht gerade dann angenehm abkürzen, wenn die zahlenmäßige Überlegenheit sowieso schon erdrückend und der Sieg nur noch eine Frage der Zeit ist. Außerdem gibt es noch andere kleine Extras, die bisher zwar kaum ins Gewicht fallen, aber kann ja noch werden... bisschen blöd allerdings, dass einen das Spiel in einem Fall oft durch Zusatzziele aktiv davon abbringt, es auch wirklich zu benutzen. An Inhalt scheint es aber nicht zu mangeln, man kann jedenfalls haufenweise Skirmish-Maps freischalten. 

Die Story... kapiere ich vielleicht nicht ganz und glänzt manchmal auch mit Ungereimtheiten, etwa wenn vor einer Mission vor einer gegnerischen Einheit gewarnt wird, die dann aber nie auftaucht. Im Großen und Ganzen passt es aber schon, versucht sich gar nicht schlecht an AW-Vibes.

Bugs hatte ich bisher kaum, nur ein Einheitentyp ist irgendwie seltsam, es kommt mir vor, als könnte der Gegner damit andere Einheiten angreifen als ich (und als das Kästchen zu Stärken und Schwächen aussagt). Ach ja, als ich die Gefechtsanimationen noch eingeschaltet hatte, haben dort manchmal Soundeffekte gefehlt.

Trotz der vielen kleinen und größeren Kritikpunkte macht das Spiel durchaus eine Menge Spaß, auch wenn es IMO in keinem Bereich dem großen Vorbild das Wasser reichen kann. Vielmehr führt es immer wieder vor Augen, was Intelligent Systems damals Geniales geschaffen hat. Egal, ich bleibe jedenfalls dran, denn es tut einfach gut, zumindest mal wieder etwas Ähnliches zu spielen. AW-Freunden würde ich empfehlen, sich die Demo anzugucken, denn dann sieht man schon, ob man mit Grafik und Spielgefühl zurechtkommt.

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