Thema:
Re:Ich habe mit zwei der Game Directors über die Gewalt. flat
Autor: token
Datum:19.06.18 13:43
Antwort auf:Re:Ich habe mit zwei der Game Directors über die Gewalt. von suicuique

>Ich bin ein großer Gegner davon Sachverhalte zu sehr "runter zu brechen".
>Man neigt dabei die feinen Details zu übersehen die aber entscheidend für die Erfahrung sind.
>akademisches Beispiel: auf quantenebene gibt es nur bedingt viel Unterscheidung zwischen einem (sehr) großen Sack Kartoffeln und  mir. Aber ich hoffe doch sehr dass mehr hinter mir steckt als diese Betrachtung! :)
>
>Genauso wie jedes Spiel "im Endeffekt" mehr als nur bissel Knöpfchendrücken ist, finde ich nicht dass du dieses Knöpfchendrücken so rauskürzen kannst aus dem Medium Spiel wenn es um Rezeption geht.
>
>Da gehe ich schlicht nicht mit. Sorry :)
>

Ich denke es ist auch so dass man so einen Vergleich überhaupt nicht tätigen kann. Wenn ich Tetris zocke dann identifiziere ich mich nicht mit dem Schicksal der Blöcke. Ich hab hier keinen Ansatzpunkt für einen Vergleich mit dem Medium Film.  
Wenn ich BotW zocke dann werde ich geflutet mit Anreizen etwas zu tun, so dass ich das was passiert als meine Entscheidung begreifen kann, da ich davon ausgehe dass ein anderer Spieler den man auf den exakt gleichen Ausgangspunkt wie mich setzt zu 99% einen KOMPLETT anderen Spieleabend verbringen wird als ich es tue weil er anderen Anreizen hinterherlaufen wird als ich es tue.

Da geht es mir persönlich schon sehr um den Kontext zu TLoU, ein Skriptspiel, ein Spiel in dem du keine Entscheidungen treffen kannst, ein Spiel das schon eine Form von Stream hat der zwar nicht vollautomatisch abläuft, aber Spieler so einschränkt dass diese am Ende alle ziemliche Spielerlebnisse haben und allesamt die exakt gleiche Storyline mitnehmen, da diese keinerlei Varianzen vorsieht die in der Entscheidungsgewalt von Spielern liegen.

Du hast natürlich recht dass man den Aspekt des Vergleichs Film zu Spiel nicht so weit glatt bügeln sollte als dass valide Unterschiede unter den Teppich gekehrt werden.
Aber das ganze wurde angestoßen mit der Aussage man könne Gewalt in Filmen und diesen verstörenden Ansatz der Gewaltdarstellung (Stichwort Scorsese) schon diese Sonderstellung zugestehen wo man Gewaltdarstellung nicht per se als Problem begreifen darf, im Medium Spiel seiest du dir jedoch sehr unsicher ob dieser Angang richtig wäre.

Ich glaube sogar zu verstehen woher diese Unsicherheit kommt, dieses Gefühl kommt man hätte mit dem Komplex Gewalt in einem interaktiven Medium etwas anderes vor der Brust als in einem Erzählmedium. Ich weiß jetzt gerade nicht ob du schon Shooter in VR gezockt hast, ich musste danach jedenfalls schon ein wenig in mich gehen und mich fragen was das jetzt gerade war. Ob sowas noch okay ist, ob sowas noch gesund ist für den Geist. Ob sowas etwas mit einem macht das nachhaltige Auswirkungen hat.

Ich glaube ich störe mich hier vor allem an der Sonderrolle für Film. Wo man sagt, das ist etwas anderes, das darf das. Wenn du mich fragst, wenn ich bei mir selbst mal schaue wo so etwas wie Medientraumatisierung vorliegt dann ist die Liste der Videospiele eine tabula rasa. Film? Von sowas wie Benny's Video oder Mann beißt Hund sind wohl noch heute Dinge da die ich mal als blaue Flecken der Seele umschreiben würde, und wenn es um erlebte Intensität geht, schlägt die Eröffnungsszene von Ryan die analoge Eröffnung in einem CoD-Spiel, trotz fehlender Interaktion bin ich da eher in einem intensivem Ich-Erlebnis drin als dort wo ich es theoretisch steuern kann.

Vielleicht lenkt dieser Vergleich Film/Spiel in der Fragestellung wie sich welche Formen von Gewalt im Medium wie auswirken auch nur vom eigentlichen Thema ab, vielleicht sollte man die Frage was unterscheidet das interaktive Medienerlebnis vom passiven Medienerlebnis losgelöst vom Gewaltkomplex betrachten, und den Gewaltkomplex losgelöst von einem Vergleich mit anderen Medienformaten.

>>Und auch hier denke ich, nein. Du hast keine Handlungsfreiheit, sondern vordefinierte Handlungsräume. Und meist ist es so, dass es in so einem Handlungsraum nicht mal einen Entscheidungsraum gibt. Alles ist klar vorgegeben.
>
>Das wird mir jetzt, da bin ich ehrlich, zu esoterisch.
>Wenn Du das Ganze soweit runterbrichst warum nicht die ultimative Frage stellen was Freiheit ist. Determinismus Determiniertheit mal als Schlagwort in die Runde geworfen.
>Das ist nicht auf Spieleerfahrungen beschränkt und nach meinem Wissensstand ist im Bereich der Mathematik immer noch kein Zufallsaspekt gefunden worden. Und diese ist ja für unser Verständnis der Welt nicht ganz unwesentlich ;)
>

Erwischt, ich gehe tatsächlich davon aus dass unsere Vorstellung von Freiheit eine selbstinduzierte Illusion ist ;)

Ich glaube wir haben uns hier wirklich ein wenig im Filmvergleich verrant. Man kann die Frage ob der Umgang mit Gewalt wie ihn jetzt TLoU vorlebt im Medium Videospiel ein "Problem" darstellt auch losgelöst und für sich betrachtet behandeln. Und damit schließt sich irgendwo der Kreis, denn dann stellt sich mir erneut die Frage, wie überhaupt ist dieses "Problem" definiert ;)


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