Die acht Folgen der ersten Staffel sind durch und insgesamt gefiel mit LA RÉVOLUTION dann doch sehr. Man muss aber leider feststellen, dass ab der Halbzeit das Erzähltempo wider Erwarten gedrosselt wird. Es passiert immer noch interessanter Kram, aber man merkt es schon - auch dass das Drehbuch sich ein paar Dinge leicht macht.
Das schmälert leider den Gesamteindruck, aber es hat mich persönlich nicht so viel gestört. Das Setting des prärevolutionären Frankreichs ist einfach noch recht frisch und zusammen mit der kundigen Inszenierung hatte die Serie eine tolle Atmosphäre (vielleicht etwas wie PAKT DER WÖLFE)!
Durch den zentralen Mystery-Aspekt hinein in den Horror wird die Einzigartigkeit noch verstärkt, aber man muss das halt mögen! Eine "normale" Historienserie über Standesunterschiede ist LA RÉVOLUTION nicht - hier wird gerne auf die blutige Kacke gehauen und plakatives Pathos nicht gescheut.
Staffel 1 hat zwar einen groben Abschluss, aber die Geschichte ist noch lange nicht beendet. Wehe, Netflix setzt die Serie ab! (Sie gehörte am Wochenende zu den deutschen Top-Serien auf Netflix und als französische Produktion ist sie vielleicht von irgendwelchen amerikanischen Produktionsproblemen verschont - auch wenn dort gerade wieder verstärkt Corona grassiert.)
Das Finale selbst war passend zum leichten Abwärtstrend "nur" gut: Actionreich, packend inszeniert, aber gefühlt zu klein (Budgetfrage?).
Fazit: Wie schon gesagt eine sehr schöne Überraschung und eine ausdrückliche Empfehlung, wenn man das Setting mag (trotz Auf und langfristig Ab)!
Ein paar Story-Details/Fragen: Man könnte (kritisch) fragen, wer eigentlich die Hauptperson in der Serie ist. Der Fokus geht öfters hin und her bzw. Figuren im Mittelpunkt können dann oft gar nicht so viel aktiv beitragen. Hat mich aber wenig gestört und ich fand es sogar toll, dass der vermeintlich harte Held Albert Guillotin gar nicht so im Zentrum steht und auch nicht mehr mit Elise zusammenkommt.
Apropos: Dass sie stirbt, fand ich schade! Sie war ja schon eine fähige Frauenfigur auf der Seite des Guten. Erst dachte ich, sie wird aus Kummer von Albert wiederbelebt, aber das passierte zum Glück nicht.
Aber ergibt der Verrat von Ophélie Sinn (zufällig treffen sich alle im selben Haus :-D)? War die Geschichte, Elise habe sie einst aus der Gosse gerettet, gelogen (ich weiß nicht mehr, an welcher Stelle sie das wem erzählt)? So oder so vertraut ihr Elise ja blind, aber wie Ophélie da am Ende in fescher Lederuniform selbstbewusst dem König dient, scheint sie ja schon länger ein falsches Spiel zu spielen. Es gab einige Zeit vor dem Verrat schon eine vielsagende Kameraeinstellung auf ihr Gesicht, daher kam der Rückenschuss nicht völlig überraschend. Naja, hoffentlich ist das nicht nur ein Drehbuchkniff des Kniffs wegen.
Und daran anschließend bleibt die Identität Madeleines unklar. Die kleine Überraschung, dass sie die Tochter von Elise und Albert ist, wird/muss ja wohl stimmen. Aber sie hat auch eine Verbindung zur blaublütigen Neue-Welt-"Hexe" Nais (?), deren Blut vom König abgezapft wird, und ist vielleicht gar deren Tochter? Was aber keinen Sinn ergibt?! Oder ist Madeleine zufällig eine Immune (sie spritzt sich ja das blaue Blut ohne Effekt) oder so und hat dadurch irgendwie eine geistige Verbindung zu Nais?
Vom König sieht man nicht viel, aber es gab einen herrlichen Dracula-Vibe. Interessant: Der sadistische Hauptmann der Garde (grandiose Szenen mit seiner Hand und sein späteres Überleben!) wurde verschont, weil Voodoopriester Oka "gesehen" hat, dass man ihn noch brauchen wird. Aber das passiert gar nicht in Staffel 1! :-D
Und noch einen Shoutout an den völlig übertriebenen bösen Sohn Donatien und seine stockschulen Freunde! Immer übertrieben, immer böse (trotzdem leichte Tiefe infolge Missachtung durch seinen Vater {super Schicksal!}, was Donatien dann aber auf seine Schwester überträgt). Ich könnte mir vorstellen, dass einige diesen Part samt blaublütiger Adliger auf Menschenjagd in ärmlichen Wirtshäusern für einige Zuschauer zu übertrieben ist, aber ich habe gut gelacht.
Herrlich auch, dass die französische Nationalflagge, die Trikolore, durch ein Leichentuch entsteht, dass nach dem Straßenkampf blaues und rotes Blut aufsog. Irgendwie platt, irgendwie geil. Und am Ende wird dann der Arzt Joseph seine Guillotine erfinden müssen, um all die blaublütigen Adligen zu erledigen ...