Thema:
Re:Die erwachsene Antwort zu dem Thema flat
Autor: Killersepp (deaktiviert)
Datum:22.02.23 21:59
Antwort auf:Re:Die erwachsene Antwort zu dem Thema von JPS

>>>>TL;DR: Nein, niemand ist ein schlechter Mensch, weil er HP Legacy spielt - aber die Bedenken der trans-Community sind durchaus nachvollziehbar, und deren Gefühle sollten bei dem Thema Vorrang haben.
>>>
>>>Welche Bedenken? Dass eine Person mit ein paar Prozent am Gewinn/Umsatz beteiligt ist, deren Einstellung fragwürdig ist?
>>
>>Es geht nicht primär darum, Joanne finanziell zu schädigen
>>Allerdings muss man sie auch nicht noch reicher machen.
>
>Wenn das aber nicht der primäre Punkt ist, was ist dann dieser primäre Punkt?


Sage ich doch unten.

>Primär schädigst Du mit einem Boykott doch den Publisher und dessen Mitarbeiter. Die Entscheidung für die Entwicklung dieses Spiels und die Verwendung der Lizenz haben davon nur einige wenige Personen getroffen.

Mitarbeitern von Spielefirmen "schaden" ich und du mit jedem Spiel, das wir nicht kaufen. Zumal die Arbeitsbedingungen in den USA (und nicht nur dort) für Angestellte von Spielefirmen extrem schlecht sind, und die Meisten nach der Vollendung eines Projekts, ganz gleich wie erfolgreich es sein mag, sowieso entlassen werden. Aber das ist ein anderes Thema.

>>Das Ziel ist vielmehr, ein Zeichen zu setzen. Das magst du als "Virtue Signaling" abtun - aber wenn sich  die vielen, prominenten Streamer, welche sich als "Allies" sehen, das Spiel geschlossen boykottiert hätten, dann hätte die TERF-Bewegung zumindest im UK schon einen Dämpfer erfahren.
>
>Ist das Ziel also die Publisher zu erziehen, dass sie künftig keine Lizenzen mehr verwenden, an denen eine fragwürdige Person mitverdient?


Nein. Ich bin z.B. ein großer Fan von H.P. Lovecraft's Werken, und wünsche mir mehr und bessere Titel, die sich auf diesen Kanon beziehen (Und failing that, kann ich immer noch Quake zum xten Mal durchspielen ;). Das ändert aber nichts daran, dass Lovecraft ein selbst für seine Zeit absolut virulenter Rassist war, nach dem man besser keine Awards für Horror-Literatur benennen sollte.
Es ging darum, ein Zeichen zu setzen, und auf die aktuellen und sehr dringenden Missstände hinzuweisen. Im Sinne von: "Hey, trans Menschen sind momentan enormen Angriffen ausgesetzt, und JK Rowling ist eine räudige TERF. Da machen wir nicht mit!" Beachte bitte: Ich spreche hier nur von Streamern, die sich als "Allies" von trans Menschen sehen. Wenn du das Spiel spielen willst, habe ich absolut kein Problem damit. Selbst wenn du es kaufst und nicht raubkopierst ;)

>Und warum sollen prominente Streamer geschlossen eine solche Aktion durchführen, wenn sie diese Einschätzung selbst gar nicht teilen, sondern dazu gedrängt werden?

Weil es die meiner Meinung nach moralisch richtige Position ist, duh. Wie gesagt: Es geht um die Nachricht, die gesendet wird. Und ich möchte nochmal betonen, dass ich das wirkliche Harassment von Leuten, die sich gegen einen Boykott entschieden haben, absolut nicht gutheiße. Aber andererseits dürfen sich diese Menschen auch nicht aufregen, wenn sie in Zukunft von trans Menschen schief angeguckt werden.
Free speech is a two-way street, und so.

>Damit sind wir doch dann schon wieder weit über einen Aufzeigen von Missständen oder einen passiven Boykottaufruf hinaus und es geht doch darum anderen Menschen den eigenen Willen aufzudrängen und sozialen oder finanziellen Druck auf sie auszuüben. Man ist nur ein "guter" und weiterhin unterstützenswerter Streamer (von Dir "Ally" genannt), wenn man den Boykott mitmacht.

"Ally" musst du nicht in Anführungszeichen setzen, das ist ein durchaus sinnvolles Konzept. "Anderen Leuten den eigenen Willen aufzwängen"... ja nu, das ist halt im Grunde der Sinn einer jeden "politischen" Aktion, ganz gleich von welcher Couleur sie ausgeht. Ich würde es eher als "Andere von seiner Meinung überzeugen" betiteln :)

>Und das an einen willkürlichen Stelle, während man selbst an zig anderen Stellen ähnliche Missstände in Kauf nimmt und mit seinem eigenen Konsum fördert.

Wie gesagt: Es geht um ein aktuelles Problem in der "Westlichen Welt" (oder zumindest UK und USA, im Moment). Ein Problem dem man noch mit rein plakativen Aktionen wie diesen entgegenwirken kann. Für andere Probleme, wie die von dir genannte Anteilschaft Saudi-Arabiens an Nintendo, sind halt viel systemischer, und bedürfen anderen Lösungen. (Ganz abgesehen davon, dass Big N auch ohne Saudische Anteilnahme ein absolut kunstfeindlicher Scheißverein ist, aber das nur am Rande. Emulation IST SEHR GUT!)  

>>Es gibt keinen ethischen Konsum im Kapitalismus. Das ist unzweifelhaft war, aber auch kein Freifahrtschein. Und vor allem: Lebensmittel braucht man zum, naja, Leben; und Smartphones de-facto mittlerweile auch (selbst in Deutschland ;). Wir reden hier aber von einem Videospiel, also einem absolutem Luxusgut. Und es gibt jede Menge anderer Spiele.
>
>Einerseits schon, andererseits gibt es bei "Kunst" nie eine komplett gleichwertige Alternative. Wenn Du Elden Ring nicht spielen kannst, bringt es Dir nichts, wenn Du stattdessen God of War Ragnarök oder Skyrim spielen könntest. Du verpasst trotzdem ein wegweisendes Spiel das von vielen Spielern als GOTY, GOTD oder sogar GOAT eingestuft wird.


OK, fairer Punkt. Auch wenn ich das HP-Universum mittlerweile nicht so wirklich toll finde (und das sage ich als jemand, der alle Bücher im Original gelesen hat - die letzten 3 allerdings mit sehr vielen Bauchschmerzen :D ) - wer darin aufgewachsen ist, wird sich schwerlich davon lösen können. Meine Sympathie haben diese Menschen absolut (und dazu gehören einige meiner engsten FreundInnen); und es lässt sich auch absolut nicht abstreiten, dass ein Hogwarts der Vergangenheit ein sehr faszinierendes Szenario ist. Kunst ist Kunst ist Kunst - und wenn Avalanche Software hier ein sehr gutes Spiel abgeliefert hat (wonach es ja aussieht), will ich das gar nicht abstreiten; noch will ich irgendjemand den Spaß verderben. Aber es geht hier, wie gesagt, nun mal um prominente Streamer, und die haben nun mal auch eine soziale Verantwortung, ob sie es wollen oder nicht.

Verbleiben wir doch gütlich in einem Punkt: Hasanabi - mit dem ich persönlich ein paar Detailprobleme habe, der aber IMO trotzdem ein cooler Typ ist - ist der größte politische Streamer auf Twitch, und er unterstützt trans-Rechte ziemlich uneingeschränkt. Er wollte eigentlich HL für eine 24-Stunden-Aktion streamen, und alle Einnahmen daraus an das Trevor Project spenden. Das war imo gar keine schlechte Idee, und wäre durchaus eine viable Alternative für einen Boykott gewesen (wenn alle mitmachen). Trotzdem bekam er einiges an Hass zu spüren - und das war nochmal ein paar Größenordnungen dämlicher. Mehr "Allies" wie ihn sollte es geben.
Deal?


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