Thema:
Danke flat
Autor: Gadon
Datum:20.01.24 05:05
Antwort auf:Re:Und was steht da jetzt? /nt von Pezking

>>C&P:
>>
>>@Reaktanz und Remigration
>>Den Aufstieg der AfD verfolgt die Mehrheit der Beobachter mit Wut oder Ratlosigkeit. Beides trägt zur Lösung des Problems nichts bei. Warum verliert die AfD in Umfragen nicht ein Prozent, wo doch das Potsdamer Geheimtreffen in die Nähe der Wannseekonferenz gerückt wurde? Und auch ohne Übertreibung steht ja fest: In der AfD gibt es Leute, die Nazifantasien hegen.
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>Yep.
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>>Die Antwort ist dieselbe wie bei Aiwanger und der Bayernwahl: Die Skandalisierung verfängt bei den Menschen, die man eigentlich erreichen müsste, überhaupt nicht mehr. Und dafür gibt es gute Erklärungen.
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>Ich frage mich, warum man überhaupt glaubt, dass diese "Skandalisierung" AfD-Wähler als Empfänger vorsehen soll? Als wäre das eine Taktik gegen Faschismus?
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>In erster Linie ist sowas doch stets ein Bekenntnis zur eigenen Meinung, zum eigenen Weltbild.
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>Warum also damit aufhören? Warum so tun, als würde irgendjemand glauben, das wäre ein Patentrezept zum Umstimmen von AfD-Wählern?
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>Wenn einem nach Aufschrei ist und man Demokratie und Rechtsstaat in Gefahr sieht: Soll man dann etwa erst überlegen, ob die Unterstützer der Faschisten das womöglich unangenehm finden? Ob das kontraproduktiv sein könnte? Und dann lieber die Klappe halten?
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>Wer positioniert sich denn dann überhaupt noch klar und deutlich und gut erkennbar gegen Faschismus?
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>Und wem würde dieses Zögern letztendlich nützen?
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>>Erstens sind „Rasissmus“, „Fasischmus“, „Nazi“ und „Menschenfeindlichkeit“ als Kampfbegriffe so inflationär benutzt worden, dass sie gar nicht mehr wirken.
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>Die Probleme fangen schon damit an, wenn man diese vier Begriffe in einen Topf wirft und so tut, als wären sie austauschbar und kämen so gut wie nie mehr zielgerichtet und wohldosiert zum Einsatz.
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>Was natürlich Unfug ist. Auch hier: Diese Argumentation lässt letztendlich gar keinen Raum mehr für die Verwendung dieser Begriffe.
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>>Wer Polizeikontrollen von Schwarzen, die sich als begründet erweisen, mit dem gleichen Begriff belegt, wie Deportationspläne von Millionen Menschen, der hat die Herrschaft über die Begriffe verloren und eine Abstumpfung erzeugt, die eine sinnvolle inhaltliche Diskussion unmöglich gemacht hat.
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>Wer zur Hölle macht das?!?
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>Die völlig falsche Darstellung fängt hier schon an, wenn man von begründeten Kontrollen spricht. Die standen doch nie zur Debatte! Rassistisch wird es erst, wenn die Hautfarbe den einzigen Anlass zur Kontrolle liefert.
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>Haarig wird es immer dann, wenn Menschen auf ihre Hautfarbe, Ethnie, Herkunft etc. reduziert werden. Wenn jemand andere konkrete Anlässe für eine Polizeikontrolle liefert, ist das doch ganz klar nicht mehr der Fall.
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>Und warum sollten neuerdings Begriffe ihre grundsätzliche Wertigkeit verlieren, wenn sie andernorts falsch oder inflationär gebraucht werden würden?
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>Wer kann sich denn die Remigrationspläne ansehen und diese dann nicht als rassistische Nazischeiße einstufen?
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>>Zweitens haben die Medien durch eine einseitige Parteinahme ihre Glaubwürdigkeit in den Milieus, die man mit den relevanten Informationen erreichen müsste, weitgehend verloren. Schon die Durchschnittswerte sind ja schlecht, aber in der Zielgruppe AfD-Wählerschaft ist die Glaubwürdigkeit nahe bei Null angekommen. Und das ist vor allem fehlender Objektivität geschuldet. Mit mehr Information und weniger „Haltung“ wäre das besser gelaufen.
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>Und bei diesen dummen Behauptungen platzt mir auch regelmäßig der Arsch.
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>Zum einen bieten alle Medien der AfD regelmäßig (IMO also viel zu oft) eine Plattform. Gerade auch die öffentlich-rechtlichen.
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>Zum anderen muss in einer funktionierenden Demokratie die Presse auch die Freiheit zur Meinung und Einordnung haben. Würden sich Journalisten nicht mehr trauen, Demokratiefeindlichkeit oder Faschismus beim Namen zu nennen, dann wäre die Presse schlagartig ein stumpfes Schwert, vor dem sich kein Drecksack mehr in acht zu nehmen bräuchte.
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>>Drittens und vermutlich am wichtigsten: So lange die These vertreten wird, man dürfe den inhaltlichen Forderungen der AfD-Sympathisanten nicht entgegenkommen und auch alle Begriffe tilgen will, die sie benutzen, erzeugt man nur Reaktanz. Wer nicht bereit ist, Missstände zu beseitigen, weil sie von den Falschen angesprochen werden oder sich ideologisch so einmauert, dass jeder Kompromiss mit den inhaltlichen Anliegen dieser Wählerschaft, eine Menschenrechtsverletzung und Verrat an der Demokratie bedeutet, kann gar nichts anderes erzeugen als Reaktanz, also Trotz.
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>Aber genau das ist doch nicht der Fall? Die Union tritt längst wieder erheblich Einwanderungsfeindlicher auf und auch die Ampel beschließt laufend Verschärfungen rund um das Thema Migration.
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>Natürlich entspricht das alles nicht 1:1 den Forderungen von AfD usw. - aber wie kann man denn da von "ideologischer Einmauerung" reden, wenn sich ständig etwas bewegt?
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>>„Dann erst Recht!“
>>Eigentlich wäre es nämlich ganz einfach: Würde man einsehen, dass die  Migrationspolitik ihre Ziele nicht erreicht, weder am Arbeitsmarkt noch in der Fluchthilfe, dann könnte man sich auch wieder auf steuernde Maßnahmen einigen. So lange aber selbst die geplanten Asylprüfungen an den Außengrenzen als Haftlager diffamiert und jeder Steuerungsversuch bekämpft und diffamiert wird, geht das eben nicht.
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>Ist das denn der Fall? Und warum wird hier nur einer Seite eines völlig normalen und gesunden demokratischen Diskurses Diffamierung vorgeworfen?
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>Darf man denn etwa nicht mehr dieser Ansicht sein?
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>Das wird man doch wohl noch sagen dürfen!
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>Eine Demokratie muss das aushalten!
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>>Würde man einsehen, dass eine Gesellschaft materielle Zumutungen nur erträgt, wenn dabei der Eindruck von Leistungsgerechtigkeit und Fairness einigermaßen gewahrt bleibt, dann könnte man nicht darüber hinweggehen, dass die Sozialtransfers für bestimmte Gruppen so üppig ausfallen, dass Arbeit sich nicht mehr lohnt. Man würde sich auch eingestehen, dass fast 50 Milliarden Euro für fluchtbezogene Kosten nicht durchzuhalten sind, wenn das Land wirtschaftlich absteigt.
>>Kurz gesagt: Wenn man Politik gegen Mehrheiten der Bevölkerung durchzieht, weil man ideologisch unbeweglich geworden ist und Konflikte mit der Realität aussitzt, dann darf man sich nicht wundern, wenn eine relevante Minderheit eine Rechtsprotestpartei wählt. Wir brauchen bei den liberalen und progressiven Kräften im Land mehr Selbstkritik. Bevor unser Land da endet, wo Donald Trump Amerika gerade hinsteuert, muss man auf diejenigen Menschen inhaltlich eingehen, die wir zu verlieren drohen. Wer stattdessen weiter daran festhält, man müsse mit einer Eskalation des Kampfes gegen Rechts, also der Methode, die seit Jahren versagt, ein Drittel der Wählerschaft endgültig bekehren, der spaltet die Gesellschaft und riskiert selbst die Demokratie.  
>>Und schließlich sollte man keine Gefahren heraufbeschwören, die es gar nicht gibt. Ein Treffen von zwei Dutzend mehr oder weniger Irren so aufzuladen, als stünden Massendeportationen bevor, wenn die AfD eine Landtagswahl gewinnen sollte, erzeugt bei den Betroffenen Ängste, die man nicht vertreten kann. Wir sollten selbstbewusst sagen, dass die Pläne von Teilen der AfD mit legalen Mitteln gar nicht erreicht werden könnten. Die Voraussetzung dafür wäre eine Umsturz, mindestens mit den Mitteln, die Adolf Hitler zur Überwindung der Verfassung von Weimar eingesetzt hat. Das wird in Deutschland in den 20er Jahren unseres Jahrhunderts niemals passieren. Wir haben starke Institutionen, wir haben verfassungstreue Richter und Polizisten, wir haben eine Verfassung mit Widerstandsrecht, wir haben verfassungsverteidigende Medien, wir haben starke Gewerkschaften , wir haben eine Bundeswehr aus Bürgern in Uniform und eine überwältigende Mehrheit der Bürger, die unsere Demokratie verteidigen würde, wenn es ernst würde. Sollte die AfD wirklich versuchen, Deportationspläne unter dem Label „Remigration“ umzusetzen, würde das ihr Ende bedeuten.
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>Und deshalb soll man gefälligst die Schnauze halten? Weil eine Partei mit Wahlergebnissen über 20% eh keine Macht hat und einem deshalb nicht bange sein muss?
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>Sorry, aber dieses ganze Geschwalle zielt nur darauf ab, dass die AfD widerspruchslos ihre Scheiße in die Welt posaunen können soll.
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>Nur zur Sicherheit: Ich halte Palmer übrigens natürlich nicht für einen Nazi. Und nicht mal ansatzweise für einen AfD-Sympathisanten. Aber ein Idiot ist er allemal.
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>Und während man sich so um die Formulierung nicht-faschistischer Gründe für das Wählen der AfD bemüht, verliert man völlig aus dem Blick, dass absolut nichts davon die Unterstützung von Faschisten rechtfertigt. Nix. Null.
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>Und zu allem Überfluss verliert man die Urheber des AfD-Erfolgs aus den Augen: Nämlich die Faschisten selbst. Es kann doch niemand ernsthaft glauben, dass die tatenlos von Wahlerfolg zu Wahlerfolg stolpern und sich dagegen kaum wehren können, weil nur die anderen Parteien sie auf diesen Kurs gesetzt haben? Wie verquer kann man nur denken? Wie sehr kann man die ganzen Desinformationskampagnen in den sozialen Medien ignorieren? Oder den mehr und mehr hemmungslos unsachlich hetzenden Boulevard?
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>Wir haben ein Riesenproblem, wenn die demokratische Opposition sich nicht zu fein dafür ist, den AfD-Erfolg für den eigenen Wahlkampf auszuschlachten und der AfD damit am laufenden Band recht gibt. Und dann wundert man sich, wenn die AfD wächst und wächst...
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>Man muss endlich kapieren: Der AfD ist nicht an einem inhaltlichen demokratischen Diskurs gelegen. Die AfD verachtet den demokratischen Rechtsstaat und die liberale Gesellschaft. Und niemand, der das erkennt und formuliert, trägt irgendeine Schuld am AfD-Erfolg.



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