Thema:
Re:Grüner Landrat schlägt Alarm flat
Autor: Pezking
Datum:29.12.23 09:37
Antwort auf:Grüner Landrat schlägt Alarm von Hsk

>[https://www.focus.de/panorama/gruenen-landrat-macht-drastische-asyl-ansage-ja-die-stimmung-ist-gekippt_id_259531500.html]
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>Der Mann beschreibt sehr gut die Lage vor Ort. Auch in den Schulen.


Das deckt sich in vielen Punkten mit meinen Erfahrungen hier vor Ort, bezogen auf die Kommunalpolitik (das von ihm beschriebene "Sprachengewirr" ist für mich hier im Raum Frankfurt seit meiner Kindheit Normalität, da habe ich auch keine "Verschlimmerung" feststellen können).

Letztendlich hapert es halt am Geld, und wenn man als Staat nicht willens ist, in Migration und Integration angemessen zu investieren, dann muss man diese eben eindämmen. Eine vermeintlich billige Lösung ist hier keine Lösung.

Die Problematik, wie sie sich bei uns im Landkreis darstellt: Viele Geflüchtete aus den Jahren 2015 und 2016 haben mittlerweile positive Asylbescheide, aber noch keine eigene Wohnung gefunden. Normalerweise wechselt mit dem positiven Asylbescheid hier der "Schwarze Peter" in Sachen Unterbringung vom Landkreis zu den Kommunen: Asylunterkünfte des Landes sind eigentlich nur für Asylbeantragende gedacht, und die Kommunen müssen dafür sorgen, dass es bei ihnen möglichst keine Obdachlosen gibt.

Nun hat der Landkreis hier jahrelang auf diesen Schritt verzichtet, weil zwischenzeitlich viel weniger Geflüchtete hier ankamen. Sprich: Wenn jemandem Asyl gewährt wurde, dieser jedoch keine eigene Wohnung hatte, durfte dieser länger in den Asylunterkünften des Landes wohnen bleiben. Dadurch wurden die Kommunen enorm entlastet, und dementsprechend war Migration hier in der Bevölkerung auch jahrelang weit davon entfernt ein Reizthema zu sein.

Inzwischen jedoch kommen wieder erheblich mehr Geflüchtete hier an, so dass der Landkreis seine Unterkünfte wieder tatsächlich für Asylbewerber braucht. Sprich: Jetzt strömen die bewilligten Asylbewerber der letzten Jahre in die Kommunen, die nun zügig für deren Unterbringung sorgen müssen. Also erwerben und mieten die Kommunen in hohem Maße zusätzliche Liegenschaften, damit sie ihrer Pflicht zur Verhinderung von Obdachlosigkeit nachkommen können - und das blöderweise in einer Zeit der Inflation, steigender Energiepreise und entsprechend leerer Kassen.

Die akute Problematik ist also sehr leicht nachvollziehbar.

Nicht nachvollziehbar ist für mich jedoch die Scheuklappenpolitik, die jahrelang auf dem Weg hierher betrieben wurde. Es war doch sonnenklar, dass Flüchtlingsströme vom Ausmaß der Jahre 2015/2016 keine dauerhafte Ausnahme bleiben werden und diese Flickschusterei in Sachen Unterbringung nicht lange funktionieren wird.

Es ist ein schlechter Witz, dass man acht, neun Jahre nach der Flüchtlingskrise von 2015 wieder kurz davor steht, Vereinshallen zur Unterbringung zweckentfremden zu müssen. Man hatte hier zwischenzeitlich lange genug Zeit, um eine neue Infrastruktur zu schaffen, die solche Schritte dauerhaft verhindert.

Ich halte nach wie vor Investitionen in eine möglichst stark umsorgte Migration samt Integration für potenziell höchst profitabel für Deutschland. Große Probleme wie der demografische Wandel ließen sich damit wunderbar lösen. Aber hierfür müsste man halt auch wirklich Bock auf Migration haben und an dieser Stelle kräftigst investieren. Und das ist halt nicht der Fall; lieber nimmt man das Ganze immer nur als akute Problemstellung wahr, als lästiges Ärgernis, und begnügt sich mit Improvisation und lückenhaftem Löcherstopfen.

Aber was will man auch von einem Land erwarten, das selbst in die Bildung und Fürsorge der "eigenen Bevölkerung" viel zu wenig investiert.


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