Thema:
Re:So einfach ist das flat
Autor: Telemesse
Datum:06.01.23 10:19
Antwort auf:So einfach ist das von Droog

>>>>>>Kompletter Quatsch. Wir haben nicht mehr 1990. Es war nie einfacher in Deutschland einen vernünftigen Abschluss und einen guten Job zu bekommen. Und kommt mir nicht mit "als Ausländer ist aber aber schwieriger blablabla". Gefühlt die Hälfte der Firmen hier (NRW) gehört Migranten, sind die etwa auch gegenüber den "eigenen" Leuten rassistisch?
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>>>>>Erzähl das mal den zig Fachleuten, die das untersucht haben und komischerweise zu einem anderen Schluss kommen.
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>>>>>[https://www.deutschlandfunk.de/jugendliche-mit-migrationshintergrund-geringere-chancen-auf-100.html]
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>>>>>Aus eigener Erfahrung, mein ehemaliger türkischer Azubi hatte einen 2,0 mittlere Reife Abschluss und hat etwas an die 20 Bewerbungen für einen Ausbildungsplatz verschickt, ohne Erfolg. Trotz Azubimangel.
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>>>>Das sehe ich etwas differenzierter. Ich arbeite an einer Hochschule, die einen Migrationsanteil unter den Studierenden von über 60% hat.
>>>>Das heißt, dass sie hier durchaus gleiche Chancen haben. ABER: was die Studierenden an Qualität und Verhalten abliefern spottet zunehmend jeder Beschreibung. Und das hat nichts mit mangelndem Willen oder Bereitschaft des Kollegiums zu tun - da kann ich mit Sicherheit sagen, dass es da keinerlei Vorbehalte oder Differenzierungen gibt. Wenn ich dir aber mal zeigen würde, was die für Arbeit abliefern, wie sie die Dozent*innen teilweise behandeln usw. - das ist schon erschütternd. Und das ausschließlich auf jahrelange mangelnde Akzeptanz der Bevölkerung zu schieben ist mir zu platt.
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>>>>>Und dass selbst eine Ausbildung und/oder ein abgeschlossenes Studium nicht für Chancengleichheit sorgt, auch dafür gibt es auch zig Belege.
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>>>>Also das sehe ich nicht unbedingt so - unsere Absolvent*innen finden alle sofort einen Platz, sofern sie nicht richtig beschissen abschließen (was auch vorkommt - es ist den meisten einfach komplett egal).
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>>>Das ist aber auch nur anekdotische Evidenz. In einer Multikulti-Metropole wie Berlin mag das so sein, in vielen anderen Teilen Deutschlands sind die Hürden immer noch größer, allerdings eher für männliche Gelernte und Absolventen. Ausländerinnen haben es einfacher. Da spielt dann der Sexismus für exotische Vorlieben des Arbeitgebers mit rein.
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>>Ich kann mich noch an Zeiten erinnern da waren so Betitelungen wie Kanacke oder Spaghettifresser (Hab ich als Kind selbst öfter mal zu hören gekriegt) nichts ungewöhnliches und weit weniger gesellschaftlich geächtet als heute,in der Provinz siwieso. Da muss man dann aber auch mal drüber stehen und sich gegen Widrigkeiten durchbeissen. Das sind doch alles keine kleinen Pussies um die es da geht. Die müssen aber eben auch mal was liefern und können nicht darauf warten das sich immer irgendjemand um sie kümmert. Angebote gibt es reichlich. Sie zu nutzen ist aber auch ein klare Holschuld.
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>Wenn ich nach deinen Profilpics gehe die du hier schon geposted hast, siehst du aber eher nicht aus wie ein Italiener/Südländer, sondern trägst wohl nur einen entsprechenden Namen. ;-)
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Mein Vater ist Genueser. Vorfahren stammen aus dem Raum Norditalien und Bozen. Also ja, optisch unterscheiden die sich nicht wesentlich vom gemeinen Zentraleuropäer. Ich werd halt im Sommer schneller braun und hab auch keine nennenswerten Probleme mit Sonnenbrand;-) Und ebenfalls ja, die Anfeindungen ergaben sich hauptsächlich über den italienischen Namen. Das war überwiegend in der Grundschule. Am Gymnasium war das dann nicht mehr relevant bzw. kann ich da jetzt nicht an nennenswerte Vorfälle erinnern. War dann aber auch schon in einer größeren Stadt. Grundschule war damals in einer Gemeinde mit 8.000 Einwohnern. Afair gabs da damals keine Ausländer bzw. hab ich als Kind keine wahrgenommen. Wir sind erst etwa ein Jahr vor meiner Einschulung nach Deutschland gezogen. Insofern hatten wir da in der kleinen Gemeinde schon einen gewissen Exotenstatus.
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>Das ist doch hauptsächlich das Problem, nämlich die äußerliche Erscheinung der jeweiligen Ethnie.
>Der kann noch so fließend deutsch sprechen, hochintelligent sein und regelmäßig Katzenbabys vorm ertrinken retten, er bleibt leider für einen nicht unerheblichen Teil ein Fremder.


Das bestreite ich auch gar nicht. Die Frage ist doch aber wie man damit umgeht und was man daraus macht. Und dazu gehört eben ein gesundes Selbstbewusstsein und auch ein gewisses Durchsetzungsvermögen. Das wird dir nie jemand ganz abnehmen können. Der gesellschaftliche Rückhalt für Ausländer oder Migranten ist imo heute aber ungleich größer als früher. Du musst dich also nicht mehr selbst mit den Idioten verbal oder körperlich auseinandersetzen, du kannst dir denken fick dich doch und suchst dir Leute die dich unterstützen; und die gibt es zuhauf. Der gemeine Kümmeltürke oder Spaghettifresser in den 70er oder 80ern konnte nirgends hingehen. Da gab es weder politischen noch gesellschaftlichen Rückhalt.
Und ob einer ein Fremder bleibt oder sich mit der Zeit integriert kann er eben auch ein gutes Stück selbst beeinflussen. Das dazu homogene Millieus und eine Distanzierung von der Mehrheitsgesellschaft nicht förderlich sind dürfte dabei ausser Frage stehen.
Was ich eigentlich sagen wollte: Man kann sich nicht nur hinstellen und sagen „Mir hilft ja keiner“ sondern man muss schon auch selbst mal aktiv werden und Hilfe und Veränderung wollen und das auch artikulieren.


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