Thema:
Das Wunder von Mainhattan flat
Autor: Phil Gates
Datum:26.12.22 10:44
Antwort auf:FUCK CANCER HOCH 10 von Tota

Heute vor einem Jahr bekam ich um genau diese Uhrzeit den Anruf, dass mein Vater in der Notaufnahme in Gießen ist, Blut spuckt und vermutlich nur noch wenige Wochen zu leben hat.

Es folgten Wochen des Wartens und Bangens auf eine genaue Diagnose, unzählige OPs, Radio, Platin-Chemo etc.

Im Sommer Urlaub in Spanien, wo sogar unser Pfarrer und jahrzehntelanger Freund meines Vaters dabei war, der zufällig in der Gegend war.

Im September weitere OP um den Kehlkopf wieder aufzubauen, dabei beim CT Tumor in der Lunge gefunden (aber keine Metastase, zweiter Krebs).

Lungenkarzinom R0 rausgeholt. Keine Bestrahlung oder Chemo, hat der Patient abgelehnt.

Letzte Woche Check, sieht alles gut aus.

Heiligabend war Papa hier und hat uns damit überrascht, dass er wieder nahezu normal sprechen kann (hatten uns 4 Wochen nicht gesehen weil wir ständig irgendwelche Erkältungen hatten). Er hat selbst mit den Sprechkanülen auf dem Markt rumexperimentiert und einige Features kombiniert, weil die alle ihre Vor- und Nachteile haben. Am Ende kriegt der noch ein Patent drauf, irgendwo ein Snüffelstück vorzusehen, was das Sprechen erleichtert.

Hat auch wieder ein paar Kilo zugenommen, was gut ist.

Für mich ein Weihnachtswunder. Er hat in den letzten 12 Monaten mehrfach die Krankensalbung empfangen, weil er dachte, er wacht am nächsten Tag nicht mehr auf. Er ist extrem (vielleicht zu extrem) katholisch aufgewachsen, war Messdiener, danach auf einem katholischen Internat und hat dann 30 Jahre lang mit der Kirche nichts mehr am Hut gehabt. Dass er ausgerechnet an Weihnachten in der Notaufnahme gelandet ist nach einem wunderbaren Weihnachtsfest mit seinen Kindern und Enkeln und im wiederentdeckten Glauben die Kraft entwickelt hat, sich durchzukämpfen, ist eigentlich Anlass, unseren Pfarrer, der ihn ab Tag 1 begleitet hat und auch mal nachts zu ihm gefahren ist beim Papst für die Heiligsprechung zu Lebzeiten vorzuschlagen (was kirchenrechtlich nicht geht). Ich bin einfach sehr glücklich, seine Prognose war anfänglich katastrophal. Natürlich ist jedes Leben endlich, aber gerade an Weihnachten darf man sicher auch mal einfach danke sagen. Den Ärzten, dem Seelsorger und vielleicht auch Gott.


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