Thema:
Re:Ja, auch wenn mein Sohn komplett zerstört war flat
Autor: token
Datum:20.12.22 09:58
Antwort auf:Ja, auch wenn mein Sohn komplett zerstört war von thestraightedge

>Habs v.a. ihm zuliebe geschaut, und Opa war da - und des war dann doch ziemlich geil. Er war ziemlich traurig da riesiger Frankreich-Fan, aber es war ein denkwürdiger Fußballabend.
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>Ich frage mich allerdings, was mit den Fs in der ersten Halbzeit los war. Da kam gar nichts, und A brillierte zu der Zeit nach Belieben. Dass F es kann war ja spätestens nach dem Elfer zu erkennen.
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Frankreich hat meines Erachtens eine absurde individuelle Qualität die sich durch alle Mannschaftsbereiche zieht. Aus diesem Blickwinkel beste Mannschaft die, wenn sie ernst macht, alle anderen dominiert.
Die können auf Halbgas mit temporärem Fokus immer noch jeden schlagen.
Und genau so eine Attitüde zeigen die imo schon seit geraumer Zeit.
Zeigen Spiele wo man denkt, häh, haben die kein Bock, dann ziehen die kurz an wenn es kritisch wird, machen ihre albernen Tänze, kommen damit immer durch, und nach den Ergebnissen redet keiner mehr darüber wie lustlos und überheblich die Truppe phasenweise agiert hat. Es reicht ja dennoch.

Mein persönlicher Tipp vor dem Spiel war ein 3:1 für Argentinien weil ich genau deswegen mit einem Spiel gerechnet habe wo eine Truppe mit offenem Messer in der Hose und der Bereitschaft jedes Spielers sich ohne mit der Wimper zu zucken vor einen Bus zu schmeißen, und auf der anderen Seite eine Truppe die eben so lange diesen Arroganzmodus fährt und fast immer damit durch kommt, genau so eine Attitüde in dieses Spiel tragen wird, und im Kontext eines WM-Finals mit einem komplett geladenen Gegner der eben auch noch genug Klasse mitbringt, nahezu überrollt werden wird, bevor sie überhaupt begreifen was passiert, und dann auch nicht mehr "den Schalter umgelegt bekommen".

Der grundsätzliche Verlauf hat mich da null überrascht, aber dass der Gap dann derart ausfällt dann doch. Argentinien hatte totale Dominanz, wirklich totale Dominanz, Frankreich kam ja nicht mal in Ansätzen, nicht. mal. in. Ansätzen. in Abschlusspositionen, im eigenen Strafraum wussten sie hingegen nicht wie ihnen geschieht.

Und damit Püschologie again. Die Argentinier führen Frankreich regelrecht vor, die Dominanz hat sie wohl selbst überrascht. Und dann siehst du, dass die zunehmend diesen blutrauschigen Fokus verlieren. Messi fängt wieder an zu gehen, diverse Gesten und Ausdrücke die nahe legen dass man gedanklich schon bei der Siegesfeier ist und schon paar Sprüche für die Presse vorformuliert. Und dennoch werden ihnen demontierte Franzosen immer noch nicht gefährlich.

Und dann der Anschlusstreffer der halt irgendwie passiert. Kaum was deutete daraufhin, er ist halt einfach gefallen, und plötzlich dreht sich alles auf links. Denn jetzt ist es nur ein Tor und mehr als genug Zeit. Die Franzosen die nicht mit der richtigen Einstellung ins Spiel gegangen sind werden von den Umständen des Spielverlaufs eingenordet. Komplette Demütigung, nur noch ein Tor, ein WM-Titel in Sicht. Die Argentinier hingegen, die wenn der Gegner nicht derart chancenlos gewesen wäre, sicher im Fokus geblieben wären, schon längst nur noch im fünften Gang und nicht mehr im zwölften, kriegen Schiss. Was tun? Das was vorher war kannst du nicht einfach so wieder anschalten, sind in einer Situation wo es nicht mehr darum geht nach einem Sieg zu gieren, wieder einmal könnten sie auf den letzten Metern alles verlieren und kriegen Schiss.

In dieser Phase hätte es auch nicht gewundert wenn Frankreich nicht nur ausgleicht, sondern gar dreht und erneut mit ihrer Arroganz durchkommt. Tatsächlich hat genau das fast geklappt.

Die reguläre Spielzeit war im Grunde Lehrbuchmaterial wie wichtig das ist, was in den Köpfen der Spieler abgeht. Und dass du während eines laufenden Spiels Schiefstände im Ding auf den Schultern kaum noch korrigiert bekommst.

In der kurzen Pause hatte Argentinien wieder die Möglichkeit sich zu sortieren und zu erholen, und die Franzosen waren nun auch da.
Die Verlängerung war dann der Anpfiff zu einem würdigen Finale, die reguläre Spielzeit eher eine fußballerische Farce, was Frankreich da angeboten hat ist imo das beschämenste "nicht kapieren wo man ist und um was es gerade geht" das man je in einem Finale bestaunen durfte. Klar hatte diese Dramaturgie nach hinten heraus einen gehörigen Bums in Sachen Unterhaltungswert, aber bis zu diesem Anschlusstreffer war es in Sachen Einbahnstraßenfußball eher auf dem Niveau eines DFB-Pokal-Spiels in der Vorrunde.

Und ich muss sagen, klar ist diese Arschlochattitüde welche die Argentinier auf und neben dem Platz vorgelebt haben antisympathisch hoch zehn, aber genau sowas würde ich als Fan von den Spielern meiner Mannschaft auch sehen wollen. Totale Gier, jedem der auch nur schief kuckt instant in die Fresse hauen wollen. Die Mentalität der Franzosen hingegen ist einfach nur beschämend, und wird rein dadurch kompensiert dass sie die krassesten Spieler der Welt haben und deren individuelle Übermacht so absurd ist, dass es dennoch reicht.

Nach diesem traumatischen Verlauf kann ich mir gut vorstellen dass das der brutale reality check war, den diese Torjubelchoreographen dringend gebraucht haben und dein Sohn in Bälde wieder einiges zu bejubeln haben wird. Ekelhaff!11 ;)


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