Thema:
Re:30 Tage Polizeigewahrsam für Bodenkleber in München flat
Autor: Telemesse
Datum:04.11.22 22:50
Antwort auf:Re:30 Tage Polizeigewahrsam für Bodenkleber in München von fianna

>>>>[https://www.tz.de/muenchen/stadt/muenchen-klima-stachus-aktivisten-aktion-klimakrise-polizei-verkehr-91893065.html]
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>>>Oh je - WTF :(
>>>Ist die Polizei jetzt Richter?
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>>Natürlich nicht. Steht ja im Artikel das Gewahrsam auf einer richterlichen Entscheidung beruht.
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>>>Mir gehts gar nicht so sehr um die "Strafe" - wenn ein dt. Gericht entscheidet, es gibt eine Freiheitsstrafe ok. Man kann dann ja auch durch alle Instanzen gehen. Rechtsstaat eben. Ist dann so hinzunehmen. Muss man nicht gut finden, aber halt ok.
>>>
>>>Aber Polizeigewahrsam für 30 Tage? Es gibt doch hier überhaupt keinen konkreten zeitlichen Bezug?
>>>


Rechtlich kann ich das nicht beurteilen aber nach dem Artikel scheint das Vorgehen wohl unüblich aber legitim zu sein.
„ Nach dem bayerischen Polizeiaufgabengesetz können Bürgerinnen und Bürger auf Grundlage einer richterlichen Entscheidung bis zu einem Monat lang festgehalten werden, um die Begehung einer Ordnungswidrigkeit von erheblicher Bedeutung für die Allgemeinheit oder eine Straftat zu verhindern.“

Wenn die also schon angekündigt hatten direkt die nächsten Blockadeaktionen durchzuführen erscheint mir die Anwendung des Gewahrsams durchaus im Sinne des Erfinders des PAGs. Und sicherlich erhofft man sich durch die Haftzeit einen Nachdenkprozess bei den Delinquenten und eben auch ein Abschreckungsprozess in Gang zu setzen. Also ja ich würde das durchaus auch als eine Art Bestrafung bewerten.

>>Das waren alles Wiederholungstäter und haben wohl angekündigt direkt mit den Blockaden weiterzumachen. D.h. keinerlei Einsicht mit der Ankündigung weiterer Aktionen.
>>
>>>Ich könnte das nach vollziehen, wenn z.B. Olympia wäre und Aktivisten das Event stören wollen. Dann wäre es ja hinsichtlich Prävention verständlich, dass man die vermeintlichen Störer solange in Gewahrsam behält bis das Event vorbei ist.
>>>Aber so einen Bezug gibt es nicht (das Thema ist ja andauernd)- das erscheint mir wie reine Repression und Bestrafung durch die Exekutive.
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>>Die jedesmal wieder laufen zu lassen damit die sich wenige Stunden/Tage später direkt wieder auf die Fahrbahn kleben erscheint mir jetzt allerdings die merklich schlechtere Option.
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>In diesem Fall gehts mir überhaupt nicht um die Proteste, Klima und whatever - sondern um den Rechtstaat an sich. Könnten meinetwegen auch Nazis sein, die versucht haben ein Asylbewerberheim anzuzünden. Wenn Wiederholungsgefahr generell droht kann man einen Haftbefehl erlassen.
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Wie gesagt bin ich da jetzt kein Rechtsexperte aber einen Haftbefehl würde ich da doch noch mal ne Ecke höher angesiedelt sehen als eine Richterliche Gewahrsamsverfügung. Im Falle des Nazibeispiel wäre das dann doch aber Untersuchungshaft bis zum eigentlichen Prozess. Denn Asylheime anzünden ist ja ne ganz andere Liga als sich an die Straße zu kleben.

>"Polizeigewahrsam" ergibt für mich hier keinen Sinn. Wenn die Gefahr droht, dass immer und immer wieder Straftaten begangen werden, dann muss man einen Haftbefehl erlassen. Wenn es einen konkreten zeitlichen Bezug gäbe (Olympia, G7, Fußballspiel) - ergibt eine präventiver Polizeigewahrsam ja Sinn (befristet auf die kritische Zeit - danach übernehmen die Gerichte).
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>Aber das gibt es hier ja nicht. 30 Tage sind doch vollkommen willkürlich gewählt. Die Unverbesserlichen würden nach den 30 Tagen doch genauso weiter machen. Somit muss man das doch als "Bestrafung" verstehen. Ist möglich wegen des umstrittenen PAG in Bayern. Mag sein, dass ein Richter das geprüft hat - aber nach meinem Laienverständnis verstößt das gegen die Grundsäulen des Rechtstaats. Meinetwegen sollen die ne längere Freiheitsstrafe bekommen, wenn das durch ein ordentliches Strafprozessverfahren läuft.
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Ich würde mal vermuten das man die erstmal etwas schocken will und nach 14 Tagen wieder laufen läßt. So ein paar Tage in einer Zelle können schon ziemlich beeindruckend sein.

>Aber "Polizeigewahrsam" ist ja gerade kein Strafprozess. Das ist per Definition präventiv und nicht repressiv. Die 30 Tage sind willkürlich - man könnte die ja einfach immer wieder verlängeren (waren halt nicht einsichtig) ...
Da wird ein Richter schon eine Begründung für die 30 Tage abgeben müssen. Ankündigung einer Tat scheint da ja auszureichen. Die Länge des Gewahrsams dürfte sich dann sicherlich auf die individuelle Aussage des Töters stützen und eben auf die allgemeine Gefährdungslage. D.h. wenn alle anderen Aktivisten ihre Aktionen abgebrochen haben und nach ner Woche verschwunden sind  dürfte es wohl schwer werden den Gewahrsam länger aufrecht zu erhalten.

Gefahrprognose: Einige Polizeigesetzte, wie etwa das bayerische Polizeiaufgabengesetz (PAG), enthalten über das Kriterium der Unerlässlichkeit hinaus weitere Hinweise, wann eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit als „unmittelbar bevorstehend“ angesehen werden kann. Nach Artikel 17 Absatz 1 Nr. 2a PAG ist dies beispielsweise der Fall, wenn die betroffene Person die Begehung der Tat angekündigt hat oder dazu aufgefordert hat.


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>Normalerweise ist sowas doch immer konkret auf Ort und Zeit bezogen. Z.B. Platzverweise usw. Das muss doch schon problematisch erscheinen, selbst für den Hardcore-Berufsautofahrer, der die Aktivisten (aus verständlichen Gründen) absolut verachtet. Oder nicht?


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