Thema:
Re:Dümmlichster Whataboutism … flat
Autor: Pezking
Datum:01.11.22 18:34
Antwort auf:Dümmlichster Whataboutism … von Telemesse

>… und natürlich Applaus von den üblichen Verdächtigen.
>Das ist exakt das Problem warum hierzulande so einiges aus dem Ruder läuft. Offensichtliche Probleme sollen nicht benannt werden, wenn doch wirds ignoriert oder ins lächerliche gezogen und die links-grüne Fanboybubble beginnt mit dem kollektiven Circlejerk und hält sich dabei noch für total clever.  Das ist exakt der Grund weswegen AFD & Co. immer mehr Zulauf kriegen aber Hauptsache ihr findet das alles voll lustig.


Der Ton macht immer die Musik, und es ist meist leicht ersichtlich, ob solche öffentlichen Feststellungen rassistisch motiviert sind oder tatsächlich nüchtern und objektiv auf eine Problematik aufmerksam machen wollen, die es zu lösen gilt.

Reißerische Boulevard-Schlagzeilen legen eher Ersteres nahe, während Du so tust, als würde man hier am laufenden Band seriöse wissenschaftliche Studien zu solchen Themen verlachen.

Sowas wie dieses sehr lesenswerte Gutachten zum Thema "Entwicklung der Gewalt in Deutschland - Schwerpunkte: Jugendliche und Flüchtlinge als Täter und Opfer" aus dem Jahr 2018 zum Beispiel. Auf einer solchen Basis kann man über derartige Problematiken 1000x fruchtbarer und sachlicher diskutieren als über Links zu Ösi-Clickbait mit Schaum vorm Mund.

Ein paar aussagekräftige Zitate aus dem zusammenfassenden Kapitel des Gutachtens:

"Nach sieben Jahren kontinuierlichen Rückgangs der Gewaltkriminalität ist es sowohl in Niedersachsen als auch in Deutschland insgesamt während der beiden Jahre 2015 und 2016 erstmals wieder zu einem deutlichen Anstieg der polizeilich registrierten Gewaltdelikte gekommen. Am Beispiel Niedersachsens haben wir aufgezeigt, dass die neue Entwicklung ganz überwiegend auf der Zuwanderung von Flüchtlingen beruht. Für Deutschland insgesamt hat dies Bundesinnenminister de Maizière anhand der PKS-Daten des Jahres 2016 ebenfalls bestätigt."

(...)
"Die Gewaltopfer suchen mit ihrer Anzeige dann verstärkt die Unterstützung von Polizei und Rechtsstaat, wenn ihnen der Täter fremd ist und deshalb als besondere Bedrohung empfunden wird. Gerade gegenüber Flüchtlingen, die zudem die Sprache des Opfers nicht beherrschen, ist deshalb von einer deutlich höheren Anzeigebereitschaft auszugehen."
(...)
"Die isolierte Darstellung solcher Tatverdächtigenzahlen erscheint dagegen geeignet, die Ängste vor den Fremden zu steigern, Vorurteile zu verfestigen und die Bereitschaft zum zivilgesellschaftlichen Engagement für die Integration von Flüchtlingen zu verringern. Hinzu kommt, dass Politik und Medien es teilweise versäumen, auf die großen Unterschiede hinzuweisen, die es im Vergleich der verschiedenen Gruppen von Flüchtlingen gibt. Bei fast zwei Dritteln von ihnen handelt es sich aber um Kriegsflüchtlinge, die schon deswegen relativ selten als Gewalttäter auffallen, weil sie ihre Aufenthaltsperspektiven nicht gefährden wollen."
(...)
"Mit den hier vorgelegten Auswertungen soll einen Beitrag dazu geleistet werden, die Öffentlichkeit möglichst umfassend darüber zu informieren, was aus kriminologischer Sicht zu den Auswirkungen der großen Flüchtlingszuwanderung der letzten beiden Jahre zu sagen ist. Jedes Verheimlichen von Problemen würde hier nur denen nutzen, die darauf hoffen, mit einer Skandalisierung von aus dem Zusammenhang gerissenen Daten die Ängste der Bevölkerung schüren zu können und für sich daraus Vorteile abzuleiten. Stattdessen ist Transparenz angesagt, die es allen an diesem Thema Interessierten ermöglicht, sich selber ein Bild von den Fakten und den aus ihnen abgeleiteten Folgerungen zu machen."

Und genau deshalt ist es so töricht, die Ausbreitung von Rassismus und antidemokratischen Haltungen á la AfD ausgerechnet damit erklären zu wollen, dass andere Parteien, die Medien und normale Leute der AfD quasi die Exklusivrechte an Rassismus und antidemokratischen Haltungen kampflos überlassen. Als ob es eine Verpflichtung gäbe, dass diese Geisteshaltung ja irgendjemand vertreten muss und sich sonst immer mehr Leute zu antidemokratischen Rassisten entwickeln.

Was ist das denn für eine widersinnige Schlussfolgerung?

Wie kann man es als Ignoranz bezeichnen, wenn man rassistische Deutungen und Interpretationen solcher Problematiken ablehnt? Und diese Ablehnung dann auch noch als Stärkung der AfD deutet?

Und wie kommt man bitte schön auf den Trichter, dass die Ablehnung solcher Deutungen nach stramm rechtem Muster gleichbedeutend ist mit einer vermeintlichen Leugnung von gewaltkriminellen Ausländern? Hat hier schon mal jemand die Glaubwürdigkeit solcher Studien angezweifelt oder ihnen Rassismus vorgeworfen?

Der Kontext ist immer maßgeblich, und wer auf diese Probleme hinweist um Ressentiments zu fördern und damit Geld zu verdienen oder Wählerstimmen zu gewinnen, der ist nun mal nicht an nüchtern-sachlichen Lösungansätzen interessiert - sondern einfach nur am Schüren von Ängsten und Vorurteilen.
Und manche suchen auch an den beknacktesten Orten nach Sündenböcken für herbeigeredete künftige AfD-Erfolge. Da wird's dann schnell so richtig konfus.


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