Thema:
Re:Nach 30+ Aufenthalten in den USA: flat
Autor: Phil Gates
Datum:29.10.22 10:17
Antwort auf:Re:Nach 30+ Aufenthalten in den USA: von Atlan

>>Was uns beide fasziniert, ist die Hilfsbereitschaft in den Kleinstädten. Wenn da jemandem das Haus abbrennt oder einer alleinerziehenden Veteranenwitwe das Auto kaputt geht, steht wenig später die halbe Nachbarschaft/Kirchengemeinde auf der Matte mit Truck, Werkzeug und Material und dann wird repariert und hinterher noch der Hut rumgegeben und Geld gespendet.
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>Der Haken an der Sache ist halt, dass vielen aufgrund des katastrophalen Versicherungs- und Sozialsystems gar nichts anderes übrig bleibt, als auf derlei letztlich immer vollkommen willkürliche Charity angewiesen zu sein.
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>In einem intakten und nicht von Neocon-Ideologie zerstörten System (zu deren Propagandisten wahrscheinlich auch dein Springer-Jurist gehört) könnte eine alleinerziehende Veteranenwitwe die Reparatur ihres Autos nämlich einfach selbst bezahlen und würde gar nicht erst in Armut leben.
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Naja. Auch in Deutschland kann sich nicht jede alleinerziehende Mutter ein Auto leisten, braucht es aber in der Regel dennoch, um überhaupt in den Arbeitsmarkt zu kommen.

>Geil sind auch immer diese stolzen US-Lokalnachrichten-Meldungen wie: Tausende Menschen legen Geld zusammen und zahlen einem Kind zu armer Eltern seine Krebs-Therapie, yeah! USA USA!!1
>Da denke ich immer nur: WTF?! Die eigentliche Nachrichtenmeldung müsste sein, dass es ein absoluter Skandal und ein politisches Armutszeugnis ist, dass in einem der reichsten Länder der Welt überhaupt privat Spenden gesammelt werden müssen, damit ein krankes Kind die zum Überleben benötigten Medikamente bekommt...
>Auf jedes dieser "Glückskinder" kommen nämlich zehn, die im stillen Kämmerlein verreckt sind, weil ihre Eltern nicht über das notwendige Netzwerk oder die Skills für eine gelingende Crowdfunding-Kampagne verfügten. Oder weil das Kind einfach nicht niedlich genug aussah für soziale Medien.
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Schöner Populismus. Auch in den USA werden lebensrettende Operationen/Therapien nicht verweigert, weil man keine Krankenversicherung hat. Die lassen Dich nicht sterben, das ist auch dort eine Straftat. Die Kliniken haben dafür Sozialfonds von reichen Spendern (ähnlich wie die Unis). Ja, es kann sein, dass man danach eine Rechnung bekommt und nominell hunderttausende Dollar Schulden hat. In den USA ist aber auch eine Privatinsolvenz deutlich leichter als bei uns.

Und abgesehen von den untersten Einkommensschichten hat so ziemlich jeder Ami eine Krankenversicherung. Das ist halt nicht Vollkasko wie bei uns, aber es gibt da schon auch Spartarife, die das lebensnotwendige abdecken. Und ich hätte ehrlich gesagt auch nichts dagegen, wenn ich in der GKV (bin bewusst nicht in der PKV) eine Selbstbeteiligung vereinbaren und bestimmte Leistungen, die ich nicht brauche, ausschließen könnte und dafür 50% weniger bezahlen würde.


>Die USA sind wirklich nur ein erstrebenswerter Lebensort, wenn man weit überdurchschnittlich situiert ist und wirklich alles aus eigener Tasche bezahlen kann, von der Schule bis zur Krebstherapie. Aber dann ist es natürlich auch geil dort, keine Frage. Zu ner netten Villa in den Hollywood Hills würde ich auch nicht Nein sagen.

Das gilt für nahezu jedes Land. Ich bezweifle, dass es erstrebenswert ist, in Deutschland Hartz IV zu beziehen. Da hast Du doch auch permanent die Sorge, ob das Geld bis zum nächsten Monatsanfang reicht, um noch was zu Essen auf den Tisch zu stellen.


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