Thema:
Rückblick auf ein Verbrauchsjahr PV-Anlage (lang) flat
Autor: Rocco
Datum:02.10.22 12:42
Antwort auf:Solaranlage gesucht ! von cessi

Für alle Interessierten, ein langer Bericht für ein komplettes Abrechnungsjahr mit PV-Anlage.

Infos zum Setup und Kosten:

Auf dem Dach liegen seit Juli 2021 insgesamt 12.05kWp, eine Batterie mit 11.04kW ist vorhanden, im Carport wurde eine 11kW-Wallbox installiert. Ein E-Auto war zu der Zeit noch kein akutes Thema, aber die Wallbox wurde zu 100% gefördert und daher nimmt man das natürlich vorausschauend mit. Das Auto hatten wir dann früher als erwartet nach einer Probefahrt bestellt und vor zwei Wochen in Empfang genommen. Die Anlage wurde im Frühjahr 2021 inklusive Allem für €23k in Auftrag gegeben. Davon kann man noch €2000 Förderung für Batteriespeicher und Wallbox abziehen, so dass man bei €21k landet.

Damals hätte man aber durchaus noch Anbieter recherchieren und vergleichen können, um den ein oder anderen Tausender zu sparen. Ich habe mich aus Bequemlichkeit für einen Installateur mit guten Bewertungen in der Nähe entschieden ([https://bauer-solar.de/]). Im Juli war dann alles fertig und in Betrieb. Panels waren vom Solarteur selbst (Bauer 33x365Wp), Wechselrichter ist der Fronius Symo Gen24 10.0plus, Batterie die BYD HVM 11.04 und schließlich die Wallbox, ein Fronius Wattpilot 11 Home.

Unser Abrechnungszeitraum beim Stromversorger läuft von Oktober bis September und für das Jahr 2021/2022 war das Ganze demnach erstmals über den gesamten Zeitraum in Betrieb. Hier nun im Detail was die Solaranlage wirklich gebracht hat. Wir befinden uns in Mainz, die Solarpanels sind auf Dachflächen Süd-West und Süd-Ost verteilt.

Ausgangszahlen und Verhaltensanpassungen:

Unser Strombezugspreis lag damals bei ~28 ct/kWh, mittlerweile sind es ~37 ct/kWh. Die Einspeisevergütung liegt bei ~7.4 ct/kWh. Unser Jahresverbrauch lag in den letzten Jahren bei durchschnittlich 8000 kWh (keine Wärmepumpe). Ja, das ist sehr viel und hat unterschiedliche Gründe, einige davon haben wir dank der Solaranlage eliminieren können, denn erstmals hat man sich einen Überblick darüber verschafft, wie viel Strom man überhaupt so den lieben langen Tag wann verbraucht. Es wurden noch etliche Glühbirnen gefunden, die nicht auf LED umgestellt waren. Ein NAS muss auch nicht unbedingt 24/7 laufen.  Spülmaschine, Trockner und Waschmaschine laufen nur noch, wenn die Sonne scheint bzw. die Batterie ausreichend gefüllt ist. Die Devise war ab jetzt, es krachen zu lassen, wenn PV-Strom verfügbar ist, ansonsten unnötigen Verbrauch zu minimieren. Im Sommer liefen z.B. den ganzen Tag Klimaanlagen und Aufstellpool-Pumpe.

wann wurde wieviel produziert/verbraucht

[https://i.imgur.com/JbyU0OU.png]

Aufgrund des krummen Abrechnungszeitraums ergibt sich bei uns bildlich ein Solar-Wal, links der Schwanz, rechts der Kopf. :-) Soweit wenig überraschend, dass ab Oktober die Produktion sinkt, um im Februar dann wieder anzusteigen. Im Detail sahen Eigenverbrauch und Netzbezug bei uns folgendermaßen aus:

[https://i.imgur.com/7tDp7Ff.png]

Berechtigterweise könnte man fragen, warum im Frühjahr/Sommer überhaupt Strom bezogen wird. Das hat  technische Gründe, d.h. unser Wechselrichter braucht situativ bedingt manchmal ein paar Sekunden Zeit, um zu entscheiden, ob er Strom von der PV-Anlage, der Batterie oder aus dem Netz in den Haushalt führt. Es kann passieren, wenn mal kurz Wolken aufkommen oder mehrere Herdplatten eingeschaltet werden und in der Sekunde eine hohe Last entsteht, dass hier kurz der Netzbezug angeschmissen wird - das summiert sich dann auf ein paar hundert Watt pro Tag. Andere Wechselrichter machen das vielleicht besser.

Entsprechend ist die Autarkie in den Wintermonaten bescheiden, ab Frühjahr hingegen sehr gut bis hervorragend.

[https://i.imgur.com/P79MNqW.png]

So  kommt man für die 12 Monate auf einen Schnitt von  73.8%, was auch absolut in meinem Erwartungsfenster lag.

die nackten Zahlen für die Abrechnung 21/22:

PV-Produktion: 12.169 MWh (entspricht 1009 kWh pro installiertem kWp)
In’s Netz Eingespeist: 5.090 MWh
Direkt verbraucht bzw. In Batterie eingespeist: 6.36 MWh
Netzbezug: 2.30 MWh
Gesamtstromverbrauch: 8.66 MWh
Autarkie: 73.8%

Wer aufgepasst hat, merkt vielleicht, dass hier irgendwo 719 kWh abhandengekommen sind, sprich es wurde mehr produziert als verbraucht/eingespeist. Hierbei handelt es sich um die berüchtigten Wandelverluste, die beim Wechselrichter bzw. bei der Batteriespeicherung entstehen. Das ist technisch leider so. Wen das Thema interessiert, kann diesen Thread mal lesen: [https://www.photovoltaikforum.com/thread/139153-gesamtverlustleistung-pv-wechselrichter-akku-system-batterie-wechselrichter]

Einnahmen/Kosten:

Bezugskosten für Strom aus dem normalen Netz: 647€
Umsatzsteuer auf PV-Strom-Eigenverbrauch: 277€
abzgl Vergütung für Stromeinspeisung: 380€

Ergibt Gesamtkosten: 544€ bzw. im Schnitt 45€ Stromkosten pro Monat - super!

Eine kleine Gegenrechnung (theoretische Kosten ohne PV-Anlage, also Gesamtverbrauch mal meinem durchschnittlicher kWh-Preis beim Versorger)  
=> Verbrauch 8.62 MWh * Kosten 28ct ergäben 2413€ bzw. 201€ Stromkosten pro Monat.

D.h. Ersparnis durch die PV-Anlage für das Abrechnungsjahr 21/22: 1869€

Amortisierung der Investitionskosten wäre also aktuell nach ca. 12 Jahren. Allerdings wurden die Zahlen aufgrund meines im Zeitraum 21/22 relativ günstigen Strompreises von 28 ct/kWh berechnet. Der aktuelle Strompreis liegt bei mir nun bei 37 ct/kWh und neue Verträge sogar bei 56 ct/kWh, was die Amortisierungsdauer natürlich deutlich verkürzt, wenn das die nächsten Jahre so weitergeht (ich hoffe nicht!). Auf der anderen Seite muss man mit einbeziehen, dass wir jetzt ein E-Auto haben und damit die Einspeisevergütung stark runter gehen wird bzw. der Eigenverbrauch und damit die Kosten für die Umsatzsteuer entsprechend steigen. Nicht vergessen darf man aber, dass man natürlich bei Wartung, Service und Erweiterungen natürlich wieder die Umsatzsteuer geltend machen kann, so dass man das durch weitere Investitionen in die PV-Anlage schon austarieren kann.

Mal von den ganzen Zahlen abgesehen, hat man natürlich einfach ein gutes Gefühl drei Viertel seines Stroms selbst zu erzeugen und geht auch ganz anders mit dem Verbrauchsverhalten um. Zwar verbrauchen wir immer noch genauso viel Strom wie vorher, bzw. wird das jetzt durch das E-Auto mehr, aber da man diese Verbräuche so gut es geht in die PV-Überschuss-Zeiten drückt, belastet man nicht das öffentliche Stromnetz respektive den eigenen Geldbeutel.

Greets
Rocco


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