Thema:
Re:Frage zu einer privaten Rentenversicherung flat
Autor: segafreak1
Datum:16.09.22 00:07
Antwort auf:Frage zu einer privaten Rentenversicherung von Xtant

Wie versprochen gebe ich dir nun eine kurze Einschätzung von mir. Dabei gilt dass ich ohne den konkreten Vertrag vorliegen zu haben, nicht auf alles im Detail eingehen kann und einiges auch etwas simpel / verkürzt darstelle:

>Da meine Freundin aufgrund einer Autoimmunerkrankung längerfristig nicht arbeiten kann, sucht sie jetzt nach Einsparmöglichkeiten.
>
>Sie hat eine private Rentenversicherung bei der Bayerischen VK ("FlexVario")
>
>Beginn war der 01.01.2019; Fälligkeit 01.01.2032 zum Renteneintritt. Monatlicher Beitrag 150 Euro.


Eine Laufzeit von 13 Jahren ist für eine fondsgebundene private Rentenversicherung sehr kurz, da eine lange Laufzeit das entscheidende ist um Renditen zu erzielen und es durchaus üblich ist heutzutage einen entsprechenden Vertrag mit Ausbildungsanfang oder -ende (dann noch nicht mit 150 € Beitrag) oder zumindest vor dem 30. Lebensjahr abzuschließen. Ein Fondsdepot wäre bei der Laufzeit wahrscheinlich die bessere Alternative gewesen..

>
>Ich hab mir jetzt mal den aktuellen Auszug angesehen und werde daraus hinten und vorne nicht schlau. Das Einzige, was passt, ist der aktuelle Wert, der mit ca. 6.100 Euro angegeben wird, was in etwa den bisherigen Beiträgen entspricht (Stand Mai 2022, bis dahin 41 x 150 Euro eingezahlt = 6.150 Euro)
>- als Beitrag sind 115,50 Euro (1.386 Euro/Jahr) angegeben. Wo die restlichen 34,50 hin sind, wird nicht erklärt.


Wahrscheinlich sind die 115,50 € der reine Sparbeitrag und die 34,50 € gehen für Zusatzbausteine wie eine Beitragsbefreiung bei Berufsunfähigkeit, Hinterbliebenenabsicherung o.ä. drauf. Hier sollte auch geprüft werden ob deine Freundin eine Leistung wegen der erwähnten Krankheit / arbeitsunfähigkeit geltend machen kann, zumindest eine Beitragsfreistellung des Vertrags, d.h. dieser läuft unverändert weiter und die Beiträge "zahlt die Versicherung" für Sie.

>- Die Erträge der letzten 12 Monate belaufen sich auf etwa 93 Euro, die Abschluss-, Betriebs- und Verwaltungskosten aber auf satte 133 Euro. Dass die nicht zimperlich sind bei sowas wusste ich, aber fast 10% der Beiträge und mehr als die Erträge!? Sprich: Ihr Kapital ist noch nicht mal um das Eingezahlte gestiegen... Ist die jährliche Abbuchung normal? Kommt das jetzt so 13 Jahre lang? Oder stehen die genauen Gebühren im Vertrag selbst? (den sie erst noch raussuchen muss...)

Die Abschlusskosten eines solchen Vertrags werden auf die ersten 5 Jahre umgelegt, daher mein o.g. Hinweis dass 13 Jahre Laufzeit sehr kurz sind. Zu Beginn des Vertrags sind die Kosten i.d.R. höher als zum Ende der Laufzeit.

>- die Leistungen bei Tod, Beitragsfreistellung und vorzeitiger Beendigung wirken vernünftig/plausibel. Für die "normale" Fälligkeit werden hingegen Garantiebeträge von knapp 20.000 Euro bei Einmalzahlung oder rund 57 Euro/Monat bei der Rentenoption angegeben. Eingezahlt hat sie bis dahin aber 23.400 Euro... "amortisieren" würde sich das also nach rund 35 Jahren, wenn sie also 102 Jahre alt wäre... wie kann das sein? Oder unterliege ich da einem Denkfehler?

Die Sterbetafeln der Versicherer sehen eine sehr hohe Lebenserwartung vor, diese wird von vielen Versicherungsnehmer aber auch unterschätzt. Zu konkreten Zahlen kann ich aus der Ferne nichts sagen. Generell gilt: Eine sehr hohe Garantie die deine Freundin scheinbar gewählt hat, wirkt sich sehr nachteilig auf die Rendite aus. Der Versicherer muss sehr vorsichtig kalkulieren um die Garantiesumme auch wirklich garantieren zu können und es fließen keine / kaum Beiträge in die freie Fondsanlage. Bei Fondsprodukten würde ich bei langer Laufzeit auf jegliche Garantien verzichten (sehr vereinfacht dargestellt).

>- zur "FlexVario" gehört, dass ein Teil in Fonds angelegt wird, aufgeteilt auf freie Fonds und Teilgarantiefonds. Der Wert dieser Fonds beträgt aktuell rund 260 Euro. Soll das ein Witz sein oder ist es der aktuellen Lage geschuldet?

Würde sich mit dem oben beschriebenen erklären lassen. Der Großteil des Guthabens befindet sich im Garantietopf, im freien Fonds fließen nur geringe Anteile.

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>Grundsätzlich gehe ich davon aus, dass einen die Sparkasse als Vermittler nicht absichtlich übers Kreuz legen will... oder ist das zu naiv gedacht? Warum müssen solche Verträge dermaßen kompliziert sein? Oder ist es Absicht, dass der 08/15-Bürger da ja nicht durchblickt?


Kann man pauschal nicht beantworten, aber "über´s Kreuz legen" ist ein dehnbarer Begriff. Dass er danach sicher war, deine Freundin regelrecht verarscht zu haben, würde ich ihm nicht unterstellen. Dass es aber nicht das ideale Produkt war und ein Fondsdepot sich besser geeignet hätte, an dem er aber weniger verdient hätte klingt für mich durchaus plausibel. Generell gilt: Bankberater stehen heutzutage unter Verkaufsdruck. Vielen fehlt aber auch generell Fachwissen und vielleicht steht er auch 100% hinter seiner Empfehlung.. Alles durchaus möglich und schon erlebt !

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>Kann mich jemand über die paar Dinge aufklären? Kann man aus der Ferne beurteilen, ob der Vertrag crap ist? Zumindest für mich stellt er sich als extrem nachteilig dar, aber wie gesagt, sind vielleicht Denkfehler...
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>Danke!


Melde dich ruhig bei weiteren Fragen !? Viele Grüße, Timo !!


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