Thema:
Re:Wer fliegt denn diese Ferien? flat
Autor: Orrpus
Datum:20.06.22 10:17
Antwort auf:Re:Wer fliegt denn diese Ferien? von Guy

>>Und das Problem fehlender Arbeitskräfte zieht sich durch viele Branchen. Im Hamburger Abendblatt gab es neulich einen Bericht, wonach über 13.000 offene Stellen allein beim Arbeitsamt gemeldet waren - und dort ist längst nicht jeder offene Arbeitsplatz registriert. Seien es Verkäufer, Kellner, Handwerker, Lehrer, Energieberater, Zahnarzthelfer, Juristen, etc..
>>Ich habe das Gefühl, dass durch die Pandemie die Motivation, einen neuen Job anzunehmen, abgenommen hat.
>
>Das Problem ist ganz offensichtlich branchenbezogen.


Nein, das eben nicht. Es zieht sich durch fast alle Branchen:
"In nahezu jeder Branche fehlen Beschäftigte. Industriebetriebe suchen verzweifelt nach Ingenieuren, Einzelhändler könnten unzählige Verkäufer einstellen, Landwirte benötigen Erntehelfer, Schulleiter stöhnen mit Blick auf den Lehrermangel, Handwerker finden weder Gesellen noch Auszubildende"
[https://www.abendblatt.de/wirtschaft/article235530125/arbeitsmarkt-hamburg-apokalypse-noch-zu-verhindern-mitarbeiter-gesucht-fachkraeftemangel.html]

>In den Bereichen, die durch die Lockdowns am stärksten gebeutelt waren (Einzelhandel, Gastronomie, Hotellerie, Veranstaltungen, Flughäfen und Reisen, usw.) gab es halt, notgedrungen, riesige Abwanderungen in andere Branchen.

Das ist richtig.
>Ich frage mich halt nur: IN WELCHE?!

Das frage ich mich auch.
Und wo sind die ganzen Fachkräfte aus anderen Branchen geblieben? Mein Arbeitgeber sucht seit einem Jahr einen Juristen im Bereich Miet- und Wohnungseigentumsrecht (egal ob Vollzeit oder Teilzeit). Früher hatte man zig Bewerber, nun gab es kaum Angebote und wenn, dann von überwiegend fachfremden Juristen oder Rentnern.
Ich könnte Dir auch einige Ärzte nennen, die in Hamburg und Umgebung Arzthelfer suchen. Der Lehrermangel ist schon länger bekannt, fehlende Energieberater ein Ergebnis der politischen Entwicklung.

>Wo sind nun die ganzen Kellner, Köche, Pagen, Verkäufer, Veranstaltungstechniker, Security-Mitarbeiter, Piloten, Stewardessen, Fluglotsen & Co. abgeblieben?
>Und wer hat die Jobs, die sie nun machen, vorher gemacht?
>In viele der genannten Branchen will man vielleicht nach einem erfolgreichen Quereinstieg woanders auch gar nicht mehr zurück.
>Gerade die extrem belastenden und oft schlecht bezahlten (sowie von den Arbeitszeiten eher unattraktiven) Nerv-/Kackjobs (und dazu zähle ich vor allem auch Gastronomie, Hotellerie und Einzelhandel) will naturgemäß kaum jemand (mehr) machen.
>Ähnlich sieht es bei Service aus, den jeder Kunde haben, aber keiner bezahlen will, wie Gas-/Wasser/-Elektro u.Ä.
>Und ich gehe fest davon aus, dass dieses Problem in Zukunft noch viel größer werden wird.


Ja, spätestens wenn die Baby-Boomer in Rente gehen (offiziell ab 2025, jetzt spürt man schon die Auswirkungen von Frühtentnern), wird es für alle schwieriger.

>Die Servicequalität wird das jedenfalls nicht verbessern, ganz im Gegenteil.
>Höhere Löhne zur Kompensation (und um die Jobs für potenzielle Bewerber überhaupt irgendwie interessant zu machen) wären da zumindest ein Teil der möglichen Lösung.
>Was dann wiederum bedeutet, dass alles, was mit Service zu tun hat, teurer wird (womit ich kein Problem hätte, war IMO eh lang überfällig).


Richtig, aber es betrifft halt nicht nur die Branchen, die während der Pandemie besonders betroffen waren.


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