Thema:
Re:Das erste mal wieder geflogen flat
Autor: Telemesse
Datum:29.05.22 21:29
Antwort auf:Re:Das erste mal wieder geflogen von thestraightedge

>>>>Na dann ist ja alles in Butter. Johann Tetzel gefällt das.
>>>
>>>D.h. Du würdest solche Trips machen, ohne entsprechend zu kompensieren?
>>
>>Mir geht es eher um deine Art damit umzugehen.
>>Du schreibst was von Flugschamreise*, schämst dich also offenbar zu fliegen und kaufst daher fürs Gewissen Neuzeit Ablasszettel. Dann postest du das um dir hier noch die Absolution zu holen?
>>
>>
>>Den Begriff finde ich völlig bescheuert. Entweder ich fliege weil ich muss (z.b. beruflich) oder weil ich es möchte (Urlaub/Vergnügen). Insbesondere zweites ist ja eine völlig freiwillige Sache und da gibt es für mich eigentlich nur 2 Optionen. Entweder ich mache es und schäme mich nicht dafür oder ich las es bleiben.
>
>Mal das Thema Scham, was sicher aus den von Dir genannten Gründen augenzwinkernd zu verstehen ist, aussen vor gelassen: dass solche Lustreisen mit dem Flieger ein Problem darstellen, ist doch keine Debatte mehr wert. Insofern gibt es natürlich Facetten, und nicht nur Dein proklamiertes s/w-Denken.
>

Mir geht die ganze Diskussion und die damit verbundene Doppelmoral massiv auf die Nerven.
Vor kurzem z.b. gab es das EL Finale in Sevilla. Da sind mal eben wegen einem fuckin Fußballspiel einige hundert zusätzliche Flieger von England und Deutschland nach Andalusien und wieder zurückgeflogen. Dazu gab es kein einziges kritisches Wort, im Gegenteil das wird unisono medial und gesellschaftlich abgefeiert. Warum sollte sich dann jemand schämen, dem nach 2 Jahren Corona und Urlaub auf Balkonien zu Hause die Decke auf den Kopf fällt und dem es dann psychisch auch mal saugut tut für ein paar Tage Tapetenwechsel mit Strand und Sonne zu genießen.

>Die Auswirkungen durch meinetwegen äquivalentes Aufforsten des Regenwaldes wenigstens zu mindern ist ein naheliegendes Anliegen.
>
>Warum sollte man das nicht tun? Würdest Du es nicht tun?
>

Ich glaube nicht. Ich hab da zu wenig Einblick wo die Kohle hingeht, was damit passiert und ob das tatsächlich nachhaltige Effekte hat oder ob da ein Großteil der Kohle nicht in irgendwelchen Alibiprojekten oder Verwaltungsstrukturen versickert. Kann aber von mir aus jeder machen wie er möchte.
Ich hab hier aktuell täglich mit der energetischen Sanierung/Modernisierung unserer Verwaltungen zu tun. Wenn ich es da hinkriege in einer Wohnanlage mit 75 Wohneinheiten den Gasverbrauch um 40% zu reduzieren erscheint es mir sinnvoller da meine Energie reinzustecken und die Ergebnisse unmittelbar sehen zu können.
Privat zu Hause bin ich aktuell auch kräftig am umrüsten um meinen fossilen Energieverbrauch merklich zunreduzieren. Das ist aber etwas was ich eigentlich nicht an die Große Glocke hängen möchte da es da schon eine Frage des „sich leisten können“ ist, weil es erst mal ein ordentliches Invest benötigt um dahin kommen zu können. Insofern finde ich es auch ziemlich fragwürdig das Leute die so etwas eben nicht stemmen können zukünftig politisch bestraft werden, durch steigende Energiepreise.

Ich bin schon ewig nicht mehr geflogen. Bis Anfang der 2000er dagegen jahrelang etwa 100.000 Meilen/Jahr beruflich und auch Privat. Meiner Frau bekommt das Fliegen aber nicht so, weswegen wir unsere Urlaube in Autoreichweite (Ostsee/Italien/Kroatien etc.) verbringen und beruflich muss ich nirgends mehr hin fliegen.
Insofern dürfte meine Klimabilanz wohl ganz OK sein. Deswegen klopfe ich mir aber nicht auf die Schulter weil der Grund des Nichtfliegens bei mir jetzt nicht primär aus Klimaschutzgründen erfolgt.
Nächstes Jahr will ich aber z.b. mit meiner Tochter mal nach Nordamerika (USA und Canada)um ihr zu zeigen das die Welt im Original oft eine ganz andere ist als der Eindruck der im TV vermittelt wird und das es in USA auch was anderes als Trump und NRA Fanboys gibt.

>Und um Absolution gehts mir hier nicht. Ich habe doch schon lange recht transparent auch über meine Gesamt-Kompensation des CO2-Verbrauchs geschrieben. Damit muss ich hier niemandem was beweisen, es kennt mich doch eh nur eine Handvoll privat. Es geht auch darum, den Diskurs am Leben zu halten.

Der Diskurs wird aber von einer privilegierten, elitären Minderheit geführt. Schau dir mal die Buchungszahlen an. Sobald man wieder irgendwo hinjetten kann ist alles ausgebucht. D.h. der Klimaschutz durch Flugverzicht geht der Masse doch völlig am Arsch vorbei sobald es um die eigenen Belange gibt.
Ich bin da mittlerweile völlig desillusioniert. Entweder die Menschheit schafft es Technologien zu entwickeln die ökologisch vertretbares Reisen/Fliegen erlauben oder es geht weiter wie bisher und man wird sich mit den Konsequenzen arrangieren müssen ohne da nennenswert was dran beeinflussen zu können.


< antworten >