Thema:
Re:Entlastung bei Heizkosten flat
Autor: Telemesse
Datum:26.05.22 17:30
Antwort auf:Re:Entlastung bei Heizkosten von Orrpus

>>>>>Wird irgendwie verhindert, dass die Vermieter einfach den Mietpreis entsprechend erhöhen?
>>>>
>>>>Absolut gar nicht. Und genau das wird passieren im Nachgang, kaschiert mit Renovierungen und "Gründen".
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>>>Durch eine Renovierung kann man eine Miete nicht erhöhen und auch nach Modernisierungsmaßnahmen sind die Möglichkeiten zur Mieterhöhung begrenzt.
>>>Und einfach so die Miete erhöhen geht auch nicht ohne weiteres, es gibt Grenzen (ortsübliche Vergleichsmiete, Kappungsgrenze).
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>>>Gruß
>>>Orrpus
>>
>>Es geht ja hier nicht um einen Fassadenstrich sondern um energetische Modernisierungen
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>Es ging darum, dass Vermieter "den Mietpreis einfach entsprechend erhöhen"; Rafael schrieb von "Renovierungen". Und das geht eben nicht so einfach. Eine energetische Modernisierung muss man erstmal durchführen können, Du kennst die Lage am Markt doch (steigende Preise, fehlendes Material, fehlende Fachkräfte). Es ist ja gar nicht möglich, dass auf einmal alle Vermieter ihre Objekte energetische sanieren - zumal auch nicht jede Maßnahme bei jedem Objekt möglich ist. Hier in Hamburg kann man zum Beispiel an rund 43 % der Gebäude keine Außendämmung anbringen.
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>>Bei der energetischen Modernisierung und da kann man die Miete sehr wohl (unabhängig von den von dir genannten Faktoren) erhöhen. Aktuell kannst du 8% der Modernisierungskosten jährlich auf die Miete aufschlagen. (Früher waren das sogar 11%).
>Und es gibt noch die Kappungsgrenzen von 2 bzw. 3 Euro pro m² in sechs Jahren.
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>>Z.b. 100.000 Euro energetische Modernisierungskosten (Heizung + Dämmung) bei einem Wohnblock mit 10 gleichgroßen Wohnungen gestattet eine Erhöhung der Jahresmiete pro Wohnung um 800 Euro also etwa 67 Euro im Monat.
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>Bei der Heizung wird man in den meisten Fällen einen ziemlich hohen Anteil an Erhaltungskosten abziehen müssen (seit BGH VIII ZR 81/19), bei der Dämmung ggf. auch, je nach Zustand der Fassade. Dann müssen die Maßnahmen formgerecht mindestens drei Monate vor Beginn angekündigt werden, die Arbeiten durchgeführt und die Mieterhöhung mit dreimonatiger Frist angekündigt werden. Das ist nichts, was man als Vermieter den Mietern mal einfach so aufs Auge drücken kann. Es ist zeitlich nicht möglich, mit solchen Maßnahmen zum 1.1.2023 die Miete anzuheben, wenn man nicht schon längst mit dem Prozedere begonnen hat.
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>Gruß
>Orrpus


Um mal ein konkretes Beispiel zu nennen:
Wir haben in der Innenstadt ein Wohnhaus mit 7 großen Wohnungen aus den 60ern. Insgeamt etwas über 700qm Wohnfläche, alte Ölheizung, Warmwasser mit Boiler und Flachdach. Die Wohnungen sind alle keine Luxus aber in gutem Zustand und waren bisher für 5-6 €/qm sehr günstig vermietet und alle Mieter waren zufrieden (Ortsübliche Vergleichsmieten liegen bei mindestens 8,-€/qm..
Letztes Jahr haben wir mit der Modernisierung dort begonnen. Alte Ölheizung ist rausgeflogen und wir haben ans Fernwärmenetz angeschlossen. Das Dach wird jetzt erneuert und die Fassade saniert und ebenfalls gedämmt. Gesamtkosten ca. 300.000 Euro davon gehen ca. 240.000 Euro unter energetischer Modernisierung durch. D.h. wir könnten die Mieten um 19.000,-€ im Jahr erhöhen. Also etwa 230,-€/Monat und Wohnung.
Dazu kommen dann noch durch steigende Energie- und Bewirtschaftungskosten etwa 100,-€ höhere Nebenkosten im Monat. D.h. auf jede Wohnung kämen fast 4.000,-€ Mehrkosten im Jahr zu.
Jetzt weiß ich aber das sich das nicht alle Mieter im Haus leisten können. Andererseit müssen sich die Kosten für die Sanierung ja auch wieder irgendwie refinanzieren. Was also tun?
Im Endeffekt gibt es zwei Optionen
1. Man reizt den rechtlichen Spielraum aus und knallt die Mieten hoch. Das würde dazu führen das einige aus den Wohnungen raus müssten. Dann könnten wir die Wohnungen innen etwas aufhübschen und problemlos für 9-10 Euro/qm neu vermieten.
2. Wir schlucken einen Teil der Mehrkosten selbst, erhöhen die Mieten nur moderat und kommen dann auf eine Mietrendite bei der die ganze Vermieterei langsam aber sicher keinen Sinn mehr macht.

Und jetzt kannst du dir ja mal überlegen welche Option wohl die allermeisten Wohnbaukonzerne und auch Genossenschaften wählen würden und was viele private Vermieter machen.


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