Thema:
Re:Ist im Zentrum von Galaxien der Teufel los? flat
Autor: token
Datum:20.05.22 10:46
Antwort auf:Re:Ist im Zentrum von Galaxien der Teufel los? von thestraightedge

>>Dort mag die Wahrscheinlichkeit viel höher sein, das ist aber hier irrelevant. Könnten wir von dort was hören waren die Signale so alt dass die Zivilisation längst ausgestorben sein könnte.
>
>Könnte. Und wer sagt nicht, dass die Signale recht frisch sind, und einfach schneller sind?
>
>Nur mal als Gedankenspiel:
>[https://www.handelsblatt.com/technik/forschung-innovation/schneller-als-licht-wellen-ohne-tempolimit/2860810.html]


Das ist kein Gedankenspiel.
Es ist eine Illustration dessen wie Medien und Menschen funktionieren wenn da "der eine" Wissenschaftler kommt der behauptet die gesamte Fachwelt sei auf dem Holzweg und mit seiner Sensation auch noch das erzählt, was man gerne hören würde.

Das hier mag ein unaufgeregter Kontext sein, im Kontext Pandemie oder Klimawandel macht dieses Phänomen weit weniger Freude als bei so einem lustigen Quatschfug.

Ob der gute Mann einfach nur nicht verstanden hat was er da gemacht hat, oder ob er verdammt gut versteht was er da macht und einen gelungenen Publicity-Stunt durchgezogen hat, kann man nicht bewerten.

Der ganze Artikel ist auch darüberhinaus zum Haare raufen. Was da für ein Bild von Physikern gezeichnet wird. Einstein, der mit eigenen Fehlannahmen äußerst humorvoll umgegangen ist und an Erkenntnissen interessiert war, und nicht daran ein unerschütterliches Manifesto zu hinterlassen, rotiere also im Grab.

Wissenschaftler schauen sich sowas an, und reagieren mit religiös fanatischem Eifer, was Albert Christus gesagt hat ist ewiges Gesetz, wir müssen sein Erbe verteidigen.

Es ist komplett anders herum. Etwas derartiges wäre für die Wissenschaft wie Weihnachten und Ostern gleichzeitig, endlich passiert was, ein nachweislicher Fundamentalirrtum und damit vor allem die Möglichkeit von neuen Fundamentalentdeckeungen, niemand würde sich noch mit was anderem beschäftigen wollen, etwas derartiges wäre eine absolute Sensation, und die ersten die raffen was Phase ist gehen in die Geschichte ein.  

Das gute Gedankenspiel ignoriert nicht die Gesetzmäßigkeiten, es trickst sie aus, findet irgendeinen Glitch.

Populär sind da vor allem zwei Ansätze die nicht gegen die allgemeine Relativitätstheorie verstoßen.
Zum einen das Wurmloch.
Das Problem, das Wurmloch ist für die Relatitivitätstheorie sowas wie ein geflügelter Penis der im Takt der neunten Symphonie erigiert für die Evolutionstheorie. Er ist kein Vorstoß gegen diese, kommt in der Natur aber nicht vor und kann auch nicht künstlich erzeugt werden.
Und weiter, selbst wenn es erzeugt würde, käme man afair nicht durch.

Und das Reisen per Warp. Hierbei bewegt sich die Masse nicht schneller als das Licht, aber man krümmt den Raum, komprimiert nach vorne, expandiert nach hinten.
Da Wissenschaftler am Ende des Tages ja auch selbst Hardcore-Nerds sind, bekommen auch solche Gedankenspiele kompetente Aufmerksamkeit, und tatsächlich gab es im Coronakoller wieder Bewegung in der Warpfeldtheorie und einen Durchbruch.
Bislang war die theoretische Konstruktion auf einen Baustein angewiesen von dem man nicht wusste was der überhaupt sein soll. Hier hat man es nun geschafft ein Rezept zu schreiben wo man alle Bausteine kennt, also in der reinen Theorie den Showstopper rausdrehen können. Also doch Interstellar?
Leider Nein, denn auch mit der Warpblase landet man am Ende des Tages vor der gleichen Problematik, Massebeschleunigung und dafür erforderliche Energieaufwände die schlicht und ergreifend nicht abbildbar sind. Ein Problem, das auch in der Theorie nicht gelöst werden kann. Und an dem man sich nicht vorbeimogeln kann.

Und noch etwas unnötige Schlaubischlumpferei:
- Dass sich nichts schneller als das Licht durch die Raumzeit bewegen kann, ist keine Prämisse der Relativitätstheorie sondern eine Konsequenz aus dieser.
Entsprechend wäre das da oben eine absolute Sensation, weil sie die Theorie fundamental auf links drehen würde. Und wie schon gesagt, wäre das eben NICHT schlimm, da würden überall die Knorken knallen, weil es wieder was richtig fundamentales zu entdecken gäbe. Aber genau sowas passiert halt nicht, Experimentalphysiker sind im Godmode und leisten undenkbares, das ist komplett irre, aber die Theorie hinter diesen Experimenten ist ein abgefuckter Türsteher an dem weiterhin alles abprallt.
- Die Geschwindigkeitsbegrenzung gilt nur innerhalb der Raumzeit-Autobahn, es ist kein universelles Gesetz oder sowas. Die Raumzeit selbst expandiert schneller als das Licht, was aber eigentlich ziemlich ungeil ist, weil es irgendwann dazu führen wird dass der Nachthimmel für alles und jeden irgendwann ziemlich schwarz werden wird, weil alles auseinander driftet und uns das Licht dann nicht mehr erreichen kann. Entsprechend spricht man auch vom observable universe, weil das halt auch akut passiert, Dinge die wir gestern noch sehen konnten, sind morgen nicht mehr sichtbar, und die kannst du auch nicht mehr einholen.


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