Thema:
Re:Russlands Rhetorik flat
Autor: dixip
Datum:27.04.22 18:26
Antwort auf:Re:Russlands Rhetorik von Deadly Engineer

>Also aus russischer Idealsicht sah es so aus: Man sackt in kurzer Zeit die Ukraine ein, und der dekadenten Westen schaut zu und macht nichts?

So wie sie den Krieg begonnen haben, war das wohl der Plan: Schnell Kiew einnehmen, die Regierung festsetzen oder aus dem Land vertreiben, die Hauptarmee der Ukraine im Osten einkesseln. Ukraine kapituliert nach wenigen Tagen.

Ich hab das auch so erwartet, dass die Ukraine schnell kapitulieren müsste. Aber ich hab jetzt auch eher Kriegsführung á la USA erwartet: Massive Luftangriffe, die Kommunikation, Luftabwehr, Luftwaffe und die Masse der schweren Waffen nahezu vollständig zerstören und dann mit Truppen die Reste erledigen.

Die Russen haben ja einen - auch nach Expertenmeinung - eher unkonventionellen Krieg geführt, nach dem Motto Wehrpflichtige, wenig Nachschub, kaum Dynamik, keine Unterstützung und dann mal auf 1000km Front mit unterlegener Anzahl anklopfen.


>Hm, naiv, denn wenigstens mit Sanktionen muss man rechnen.

Die Geschlossenheit des Westens hat Russland mit Sicherheit unterschätzt, wozu die minimale Reaktion nach der Eroberung der Krim sicher beigetragen hat.

>Und das Ziel die Nato nicht näher rücken zu lassen?

Das ist natürlich größtenteils eh vorgeschoben. Als ob in moderner Kriegsführung diese Distanzen irgendwas ändern würden. Das Baltikum grenzt auch an Russland an, Polen ist daneben,... ja, Ukraine in der NATO will man nicht, aber eine Eroberung der Ukraine brächte Russland ja von sich aus näher an die NATO.


>Man kann sich doch ausrechnen dass die Besetzung der Ukraine wahrscheinlich Finnland und Schweden in die Nato treibt.

ne, gerade die Beiden waren ja neutral und schon lange nicht mehr von Russland bedroht.

>Also im realistisch besten anzunehmenden Ausgang hätte doch 4ussland nix gewonnen gehabt?

Ich denke weiterhin, dass der Donbass das eigentliche Kriegsziel von Beginn an war, auch wenn man dazu zuerst die Regierung stürzen wollte. Aber langfristig hätte man die gesamte Ukraine eh niemals halten können, höchstens in Form einer Marionettenregierung. Und natürlich will man die Anerkennung der Krim als Gebiet Russlands, um da von den Sanktionen weg zu kommen.


Ich hab mir da aber auch immer noch keine Meinung gebildet, wie man mit Russland weiter umgehen soll. Ukraine unterstützen, bis sie den Krieg evtl. "gewinnen", Russland selbst in der Krim und in Russland angreifen können?

Oder bei weiterem Stillstand an der Front jetzt auf einen Frieden drängen. Was sind dann die Forderungen an Russland? Rückgabe der Krim (imo eher "nein")? Zahlungen an die Ukraine für den Wiederaufbau (imo klares "ja")? Aber wenn Reparationen dann auch im Austausch Sanktionen zurückfahren? Oder zerstört man Russlands Wirtschaft jetzt für immer oder bis Putin hingerichtet wurde? Was ist da das Ziel des Westens?

Das sind imo auch sehr spannende Fragen.
Ich denke weiter, dass Russland diesen Krieg nicht vollständig verlieren kann á la Deutsches Reich in WW2. Russland hat für immer Reserven, um gegen die Ukraine zu bestehen.

Russland kann aber eine Ukraine auch nicht vollständig besiegen, erst recht nicht mit der jetzigen Unterstützung durch den Westen. Und mit Besiegen meine ich dann auch komplett erobern und befrieden. Es wird mind. Partisanen immer geben, wahrscheinlich ist der ganze Westen für Russland auch militärisch nicht zu schlagen. Und auch diese Etappe braucht eher Jahre als Monate.

Also ein zügiges Ende lässt sich nur über Waffenstillstand und Verhandlungen erreichen. Und da müssen -in dieser Konstellation- beide Seiten irgendwo was verlieren und was gewinnen.


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