Thema:
Re:Wie sehen Russen in Deutschland den Krieg? (WDR5) flat
Autor: McDee
Datum:18.03.22 06:41
Antwort auf:Wie sehen Russen in Deutschland den Krieg? (WDR5) von thestraightedge

>In meinen Augen veranschaulicht der Bericht beide Perspektiven ganz gut. Aber: v.a. Irinas "wir wollen Frieden"-Geschwurbel mit den unterliegenden eigentlichen Meinungen empfinde ich als problematisch. Gebildet, eloquent und trotzdem Putin- oder "Vaterlands"-treu.
>
>[https://www1.wdr.de/mediathek/audio/wdr5/wdr5-westblick-aktuell/audio-wie-sehen-russen-in-deutschland-den-krieg-100.html]


Imo bleibt der Bericht zu seicht und zeigt eben lediglich zwei Perspektiven. Dass sind mitnichten „beide“ (einzigen) vorhandenen Perspektiven unter Russen und Russlanddeutschen in Deutschland. Da gibt es noch ne Menge mehr (von glühenden Anhängern Pro Putin, über die zwei im Beitrag gezeigten Perspektiven bis hin zu vollständiger Ablehnung der Lügen der russischen Propaganda und absoluter Verurteilung des ungerechtfertigten Krieges und vollständige Unterstützung der Ukraine).

Ja, da steckt bei den Putin-Anhängern bis hin zu „Irina“ leider viel Naivität bis Ignoranz dahinter. Man will teils einfach nicht glauben dass die russischen Medien, die bisher die Hauptnachrichtenquelle waren (wenn überhaupt je deutsche Medien konsumiert wurden) „plötzlich“ Lügen verbeiten würden. Das Argument, bereits über Dinge wie Flüchtlinge in 2015 und jüngst Corona wurden ja auch Lügen verbeitet prallt ab, denn da hat das russische TV ja genau das gesagt was „wahr“ ist und man sich hier nur nie getraut hat zu sagen. Sind doch schließlich die offiziellen Nachrichten und die lügen doch nicht. Genau das hat halt auch ne Menge tendenziell Rechte und Querdenker ohne russische Wurzeln zu RT Deutsch etc angelockt, da man da zu hören bekam was man hören wollte über Jahre, muss ja auch der Rest der da kommt die Wahrheit sein, oder zumindest was dran sein…

Letzteres ist auch recht weit verbreitet: Man ist schon skeptisch, und traut nicht allem was gesagt wird. Das gilt aber ebenso für alle anderen, eben auch deutschen, Medien. Man hat in Russland gelernt dass es in der Regel nur „Propaganda“ und „Gegen-Propaganda“ gibt und man die Wahrheit eh nicht erfährt. „Die Wahrheit liegt wohl in der Mitte“ ist dann ein gefährlicher Trugschluss, weil Putin die Lügengrenze soweit verschoben hat, dass man in der „Mitte“ zwischen beiden Nachrichten schon tief in seinem Lügenkonstrukt steckt.

Teils leider echt schwierig da mit noch so vielen Argumenten gegen anzukommen, jedem noch so kleinen Bröckchen des Zweifels, an den neusten russischen Nachrichten oder einem zugeschickten Video könnte ja diesmal was Wahres dran sein, wird gerne hinterhergejagt und man müsste da jedesmal lang und breit stichfest widerlegen warum das nicht so ist.

Und da ist soooooo viel Hass und Falschinformation unterwegs…

Dennoch ist es eben falsch jeden mit russischen Wurzeln vermeintlich so einzuordnen, viele sind absolut in der Lage aus den gegeben Gesamtinformationen ein klares Bild zu zeichnen und haben dank der Sprachkenntnisse sogar die besten Möglichkeiten dazu. Nur weil man russisch kann verfällt man noch lange nicht automatisch Putins Propaganda und Kinder (bzw eher Jugendliche) plappern nicht automatisch nach was ihre Eltern ihnen vorkauen

Das wäre genauso falsch wie das nunmal existierende Problem runterzuspielen. Das birgt wie gesagt absoluten Zündstoff für viele Freundschaften und Familien, wo diese verschiedenen Meinungsbilder mitten durch gehen. Was übrigens auch nicht exklusiv für Russen und Russlanddeutsche hier gilt, das hast Du teils auch in Familien und Freundschaften mit gänzlich anderen Wurzeln. Putin-Verehrer gibt es ja nun längst nichtmehr nur unter „Russen“.

mcdee


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