Thema:
Re:Im Endeffekt gibts doch nur eine Lösung oder? flat
Autor: Pezking
Datum:07.03.22 11:15
Antwort auf:Im Endeffekt gibts doch nur eine Lösung oder? von Derrick

>Putin wird sich die Ukraine schnappen bzw. man lässt das zu.

Das Problem ist, dass sich Putin womöglich die Ukraine gar nicht schnappen kann.

Ihm fehlen die Mittel, ein riesiges Land mit einer maximal widerspenstigen 40-Millionen-Bevölkerung effektiv zu unterwerfen.

Der bisherige russische Überfall läuft katastrophal. Laut US-Geheimdienst sind mittlerweile 95 Prozent der für diesen Krieg herbeigeschafften Truppen in der Ukraine aktiv. Und es wird geschätzt, dass es sich dabei um 60 bis 75 Prozent der Bodentruppen der gesamten russischen Armee handelt.

Die Russen haben nicht unbegrenzte Nachschubtruppen. Sie rekrutieren jetzt schon Syrer für den Häuserkampf in der Ukraine.

Und da kommen wir direkt zum nächsten Problem: Zieht Russland Truppen aus Syrien ab, gerät dort ratzfatz wieder die Herrschaft des Putin-Kumpels Assad ins Wanken. Das wären dann weitere Kopfschmerzen für Russland.

So lange Putin an der Macht ist, steht zu befürchten, dass er sich an der Ukraine abreagieren wird. Eine Zukunft, in der Putin die Ukraine tatsächlich kontrolliert, sehe ich mittlerweile nicht mehr kommen. Das Land könnte für sehr lange Zeit ein Schlachtfeld bleiben.

Das Problem dabei: Wie lange kann sich Russland einen solchen Krieg noch leisten? Eine leere Kriegskasse ist eine leere Kriegskasse.

Was Putin tun könnte: Rückzug aus der Ukraine, den Anschluss von Weißrussland im Inland als Propagandaerfolg verkünden, hinter sich den Eisernen Vorhang 2.0 hochziehen und fortan das Land im Stile von Nordkorea führen. Stellt sich nur die Frage, ob die Bevölkerung das mitmacht. Oder das Militär. Oder der FSB. Oder wer auch immer in Russland.

Denn die andere, schnellere und erheblich vielversprechendere Lösung für Russland lautet: Putin absägen, raus aus der Ukraine, Wirtschaft und Diplomatie reparieren, um wenigstens eine Chance zu haben, irgendwann in den 2030ern wieder ein Russland zu erleben, das so halbwegs den Lebensstandard und das Ansehen aus der Zeit vor dem Überfall auf die Ukraine wiedererlangt.

Deshalb sehe ich zwei mögliche Szenarien: Entweder einen langfristigen Zustand wie jetzt, was keine Lösung wäre, sondern nur das letzte verbliebene Mittel für Putin zur Machterhaltung ohne zu großen Gesichtsverlust.

Szenario 2 hingegen - der Sturz von Putin - wäre eine Lösung.

>Die andere Möglichkeit wäre, ein dritter Weltkrieg fängt an wenn andere Länder mit in den Krieg einsteigen. Und das wäre weitaus verheerender. Der Mann wird seinen Angriff auf die Ukraine ja nicht einfach abblasen oder stoppen. Und die russische Bevölkerung steht in großen Teilen hinter ihm bzw. wird ihn nicht stürzen.

Der Erste Weltkrieg war zu Beginn auch überall populär. Die Stimmung kippt schnell und dramatisch, wenn man feststellt, dass man im Gegenzug Tod, Armut und Hunger ertragen muss.

>Wenn es dann darum geht, dass das eigene Land selbst in diesem Krieg mitmacht und eventuell einen Atomkrieg riskiert, da werden viele imo einfach sagen: Tja, dann überlassen wir ihm halt die Ukraine weils besser ist als selbst in den Krieg gezogen zu werden. Kann ich mir zumindest gut vorstellen.

Das ist richtig. Kein anderes Land wird zur Rettung der Ukraine in den Krieg ziehen.


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