Thema:
psychologische Einblicke? flat
Autor: MOGli
Datum:24.02.22 10:38
Antwort auf:Re:Sanktionen von suicuique

ich wollte das schon vor Tagen hier schreiben, als es noch darum ging, wie man mit der Krise umgehen soll, was Maßnahmen ein könnten...
Meiner Meinung nach wäre erfolgversprechend, gerade bei autoritären Herrschern, Ihren Charakter sichtbar zu machen und so ihren inländischen Nimbus zu zerstören.

Ich muss da schmunzelnd an Brainstormings der CIA im kalten Krieg denken, wo wohl vorgeschlagen wurde, Castro etwas in die Schuhe zu kippen, dass ihm der Revoluzzer-Rauschebart ausfiele, um so seine Wirkung zu schmälern.

Bei Putin ist das komischerweise nie richtig versucht worden - zumindest in meiner Wahrnehmung. Die westlichen Medien haben Macht und Reichweite, aber alles, was man zu Putins Geldanhäufungen etc erfahren hat, kam von russischen Dissidenten, das ploppte kurz auf dem Radar auf und dann war wieder Stille. Klar ist das Ansehen traditioneller Medien im Westen nach den ganzen Kampagnen und der bescheuerten Verhedderung im Kulturkrieg stark beschädigt, aber eine richtige Reportage, die das mal alles prägnant und vor allem mit breiter Zielgruppe (ich will jetzt nicht Boulevard sagen) präsentiert, fehlt mir völlig. Vermutlich ist der Westen schon viel zu sehr in die Korruption verstrikt. Und die russische Bevölkerung ist durch die Zeit um 1990 mit dem Ausverkauf und den aufkommenden Oligarchen vermutlich extrem enttäuscht und misstrauisch gegenüber dem Westen.

Ich selbst bin als 1974-Kind der BRD-Mittelschicht einfach grenzenlos naiv. Mein einziger konkreterer Berührungspunkt war mein chinesischer Kollege (wir waren beide wissenschaftliche Angestellte) um 2005 herum. China schickt seit jeher seine Jugend zur Ausbildung ins Ausland, und da hab ich mich immer gefragt, was sie nach dem Leben hier wohl mitnehmen, dass doch die mitgenomenen Erfahrungen auf kommende Führungsleute auch Auswirkungen haben. Vielleicht sind der aufgebaute chinesische Wohlstand und die sonstigen gewaltigen Fortschritte einfach schon gut genug, dass eine liberale Lebensart einfach unwichtig ist. Ist bei uns im Westen mitterweile ja auch weit verbreitet, dass autoritäre Führungsstile und Sozialdarwinismus salonfähig sind und positiv, weil effizient, gesehen werden. Ich raff es halt irgendwie nicht.
Mein Kollege meinte ganz klar, der Industrialisierung und dem Aufbau von WOhlstand sei das unterzuordnen und sah eigentlich nur in der Korruption der Beamten ein Problem. Das war schon ernüchternd für mich.


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