Thema:
Re:wie ist die Ukraine denn zu retten? flat
Autor: Telemesse
Datum:27.01.22 08:43
Antwort auf:wie ist die Ukraine denn zu retten? von MOGli

>lol@helmets außen vor, wie geht man so eine Krise an? und ist es überhaupt eine Krise? so blöd das klingt, noch ist schlicht nichts passiert. da hätte es zur Krim-Annexion eine härtere Reaktion geben müssen, um jetzt noch glaubhaft zu drohen. Solidaritätsbekundungen bei gleichzeitigem Abzug des Personals beeindrucken nicht. es fehlt ein Plan und die Frage und offene Diskussion, was überhaupt das Ziel ist. die Entsendung jeglichen Geräts halte ich für unangebracht, da das logistisch erstmal in die bestehende ukrainische Armee integriert werden muss, Personal, Schulungen, Wartung, das fehlt doch alles. das läuft im Ernstfall wie in Afghanistan, er fällt dem Feind in die Hände oder wird kurz davor zerstört. da müsste man schon ganze Einheiten einladen, sowas wie damals desert shield, aber das eskaliert natürlich auch massiv. wie verhandelt man mit undemokratischen Herrschern, die aussenpolitische Spannung schlicht brauchen, um fester im Sattel zu sitzen? klar kannst Du Dich über die Helme lustig machen, aber was ist denn aus Deiner Sicht eine angebrachte Unterstützung, vor allem in diesem knappen Zeitrahmen. mit dem Gas können die Deutschen auch nicht drohen, da gab's doch neulich eine Grafik, dass Deutschland weit über eu-schnitt abhängig ist vom schönen Erdgas. und hier ächzt schon jeder ob der Energiekosten. ich hab da keine Antwort

Ich habe da viel zu wenig bis gar keine Ahnung von der tatsächlichen Lage vor Ort um mir da anzumaßen Lösungsvorschläge rauszuhauen. Dafür hat ja aber die Regierung Botschafter vor Ort, Diplomaten, Militärs, Strategen und politische und wirtschaftliche Kontakte um sich daraus ein Lagebild zu verschaffen und eine Strategie zu entwickeln. Im Handeln der Bundesregierung ist für mich aber überhaupt keine Strategie erkennbar. Wenn man mit Russland auf diplomatischer Ebene verhandeln will, was ich durchaus für den besten Ansatz halte, muss man aber auch irgendeine Verhandlungsmasse im Angebot haben. Dazu gehört wahrscheinlich auch das Aufbauen einer gewissen und vor allem glaubhaften Drohkulisse. Aktuell wird jetzt zwar immer mit „Konsequenzen“ gedroht aber irgendwie weiß niemand überhaupt was denn diese Konsequenzen sein sollen. Wenn Nordstream 2 nicht anläuft haben wir wahrscheinlich die größeren Konsequenzen zu tragen als Russland weil wir auf das Gas, nach der Abschaltung der AKWs noch viel mehr, angewiesen sind. Ein Drohpotential mit zumindest in Aussicht gestellten Waffenlieferungen gibt es auch nicht, weil wir dies von vornherein kategorisch ausschließen. Bisher erscheint mir die Strategie zu sein: Wir halten mal die Füße still, glänzen mit irgendwelchen Floskelbekundungen und hoffen insgeheim das andere schon was unternehmen und sich die Sache von selbst beruhigt.
Wenn man aber so eine Position vertritt dann sollte man sich auch nach außen auch so verhalten (ähnlich der Schweiz). Dann sagt man wir halten uns raus. Der Russe vor der Tür ist euer Problem und ob ihr Zahlungen für durchgeleitetes Gas erhaltet oder nicht ist ebenfalls euer Problem.
Ich kenne jetzt auch nicht die militärische Ausstattung und Ambitionen der Ukraine. Vielleicht ist Russland auch an entmilitarisierten Pufferzonen zwischen sich und Natostaaten interessiert und fürchtet hier klar Ausweitungen der Natopräsenz in Anreinerstaaten.
Wie auch immer. Jedenfalls erscheint mir das aktuelle Handeln der Bundesregierung in vielen Punkten nicht sachorientiert sondern eher ideologisch, moralisch motiviert zu sein. Ob das allerdings international eine weise Entscheidung ist, wo es vorrangig um Interessen und Machtpolitik geht kann man durchaus differenziert sehen.


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