Thema:
Das Glück die größte Passion zum Beruf machen zu können flat
Autor: Staabi
Datum:22.12.21 17:13
Antwort auf:Was ist aus euch geworden... von TOM

Also, Kurzfassung
Jahrgang 1970 - unsportliches dickes Kind mit nicht ganz unkompliziertem Familienbackground - Mutter mit nie diagnostizierter psychischer Störung, die zur Folge hatte das sie sich nicht wirklich um mich gekümmert hat. Also gar nicht kümmern konnte, weil sie in ihrer eigenen Welt lebt. Erst in den letzten Jahren habe ich begonnen das zu verstehen. Mein Vater (gestorben 1995) hat immer mehr sein eigenes Ding gemacht, hat sich auch von meiner Mutter getrennt als ich 16 war. Erzogen wurde ich mehr oder weniger von meiner Oma, die ist allerdings 1981 bereits verstorben.

Immer schon interessiert gewesen an Outdoor, Survival, Geländewagen. Hab mit 11 angefangen eine Geländewagenzeitschrift regelmäßig zu lesen. Darin war 1984 ein Artikel über die ersten Mountainbikes in Deutschland. Realschulabschluss 1986, vom ersten Geld in der Ausbildung (Kaufmann im Einzelhandel, Verkäufer in einem Geschäft für Herrenausstattung) ein MTB gekauft. Das war von Anfang an mein Ding, hab massiv abgespeckt und jede freie Minute war ich mit dem Rad im Wald. Nach meiner Ausbildung bin ich dann zu einem der angesagtesten Radsportgeschäfte in unserer Gegend gewechselt, hab da ebenfalls als Verkäufer gearbeitet. Dieses Geschäft hat sich dann über die Jahre zu einem der führenden Fahrradhersteller mit Direkvertrieb entwickelt und ich habe mich irgendwann als Teamleiter Produktmanagement wieder gefunden. Und vor knapp 3 Jahren dachte ich, ich mache nochmal was neues und habe bei einem amerikanischen Hersteller von Komponenten (Federung, Lenker, Laufräder usw) als europäischer Produktmanager angefangen. Großteil meines Jobs ist Trendscouting, sicherstellen das wir als amerikanische Firma auch für den europäischen Markt die richtigen Produkte anbieten. Durch meinen Job durfte ich inzwischen einige Länder sehen und viele Menschen persönlich kennen lernen die die Helden meiner Jugend waren. Da muss ich mich schon sehr oft kneifen. Zumal der gemeinsame Nenner, die Leidenschaft am Fahrrad, etwas ist das wir in dieser Branche teilen und dies sorgt auch in Konkurrenzsituationen für ein sehr angenehmes Verhältnis - im Grunde wollen wir ja alle, das die Menschen draußen das lieben was wir auch lieben, radfahren. Dieser gemeinsame Nagel im Kopf sorgt für ein Grundverständnis über die Wettbewerbssituation hinaus. Ich habe ein wirklich gutes Verhältnis zu vielen Menschen in der Branche, auch in konkurrierenden Unternehmen.

Aktuell arbeite ich überwiegend aus dem Homeoffice und bin eigentlich, wenn nicht gerade Pandemie ist, auch viel bei allen möglichen Fahrradherstellern vor Ort. Das ist schon ein ziemlicher Traumjob, den ich mir noch dazu selbst ausgesucht habe. War eine Initiativbewerbung, die Position gab es so vorher bei meinem Arbeitgeber nicht. Mir ist bewusst, das es ein großes Glück ist, seine Passion zum Beruf machen zu können.

Privat hatte ich lange mit den Folgen meiner, ich sag mal, unkonventionellen Kindheit zu kämpfen. Erste längere Beziehung erst mit 25, jetzt aber schon seit fast 23 Jahren in einer glücklichen Beziehung, verheiratet seit 2002 und mit einem fast 16jährigen Sohn - und der macht mir/uns sehr viel Freude. Da entwickelt sich ein toller Mensch und es ist großartig, das zu sehen und daran teil zu haben. Den Kontakt zu meiner Mutter habe ich vor einiger Zeit abgebrochen, ich weiß sie aber gut versorgt in einem Pflegeheim. Und das ist für mich eine gute Lösung - da hatte ich doch ein ordentliches Päckchen zu tragen.
Ich habe einen recht kleinen, aber sehr engen langjährigen Freundeskreis. Kurioserweise sind das überwiegend Frauen und ich bin meiner Ehefrau auch sehr dankbar das sie damit überhaupt kein Problem hat.

Im großen und ganzen bin ich sehr zufrieden mit meinem Leben. Und ich empfinde ein großes Glück darüber wie es sich trotz nicht optimaler Startposition entwickelt hat. Was aus mir ohne meine große Passion "Mountainbike" geworden wäre? Keine Ahnung - da fehlt mir jede Vorstellungskraft


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