Thema:
Auf Umwegen zufrieden flat
Autor: Konsi
Datum:22.12.21 13:43
Antwort auf:Was ist aus euch geworden... von TOM

Nach dem Abi erstmal wie viele in einen Studiengang eingetragen, weil ich kein Plan hatte, was ich beruflich anfangen soll (Sozialwissenschaften). Also die nächsten Jahre "hauptberuflich" gezockt und nebenbei studiert...dies am Ende sogar recht erfolgreich mit einem Diplom und 1er Schnitt. Ich hätte nicht mal gedacht, dass ich lange an der Uni bleibe, aber so kommt's. Das Zocken und die Studentenparties haben zuviel Spaß gemacht. Bafög hat's bezahlt (Ist im Nachhinein Assi aber wahr...) Nebenbei habe ich zusätzlich bei meinen Eltern gearbeitet (also hat es Bafög doch nicht ganz allein finanziert). Das ist ein Gastronomiebetrieb, bei dem ich immer im Hintergedanken hatte, dass ich es mal übernehme. Nach dem Studium und einer gescheiterten Ehe habe ich mich dann auf diverse Sachen beworben die zu meinem Studiengang passten, aber ich bekam nur absagen.

Eigentlich hatte ich auch viel mehr Lust auf die IT, also bewarb ich mich mit 29 Jahren bei Drillisch um einen Ausbildungsplatz, wurde genommen und habe ob des lächerlichen Azubigehalts abgesagt. Die nächsten 1,5 Jahre habe ich Vollzeit bei meinen Eltern im Laden gearbeitet und war so kurz davor einzusteigen, als ich in einem klaren Moment doch realisiert habe, dass ich keine Lust habe 7 Tage die Woche, 12 Stunden am Tag zu arbeiten, nie krank sein zu dürfen und überhaupt.

Mein Cousin hatte mich währenddessen schon seit Jahren darauf angesprochen bei dem Eisenbahnkonzern mit dem rot weißen Logo und den ganzen Verspätungen anzufangen...wollte ich nie, weil ich dachte, dass sei unter meiner Würde im Zug zu arbeiten. Mit dem größten Respekt vor meinen Eltern die bis zum Umfallen schuften und ich dies (entgegen meiner obigen Darstellung war ich nie faul, im Gegenteil...das kann man nur falsch verstehen) für besagte 1,5 Jahre auch getan habe, dann doch bei der DB bewarb. Als Gastronomiekraft im Fernverkehr. Meine Güte.. das hat einfach nur Spaß gemacht und schnell entdeckte ich, dass die Eisenbahn ein unglaublich komplexer Apparat mit tausenden (nein keine Übertreibung) Weiterbildungsmöglichkeiten ist. So habe ich es bis zum Ausbilder im Tarifwesen des Fernverkehrs geschafft, blieb dies einige Jahre und bin jetzt aus Überzeugung wieder im Fahrdienst als Zugführer (nein ich fahre nicht den Zug, das macht der Eisenbahnfahrzeugführer) tätig. Ich habe Verantwortung für ein immer anderes Team, die Prozesse an Bord, mache Durchsagen, regle Anschlüsse im Zusammenspiel mit anderen Schnittstellen und bei einem technischen Fehler darf ich auch mal die Warnweste anziehen und am Zug auf Fehlersuche gehen (spannend und höchst komplex!). Finanziell geht's mir und meiner jetzigen Verlobten gut (nicht viel, nicht wenig; einfach genug um sorgenfrei zu Leben) und darf seit 2 1/2 Jahren die Vaterfreuden erleben.

Geht sicher besser, geht auch ganz viel schlechter. Bin einfach zufrieden!


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