Thema:
Re:Poll finds 89% in Japan back Kishida’s ban on new flat
Autor: Tobakaido
Datum:07.12.21 14:28
Antwort auf:Re:Poll finds 89% in Japan back Kishida’s ban on new von wynk

>>>Nichts desto trotz liest man ja auch immer wieder von Reiheweisen Laeden und Geschaeften, die wegen dem fehlenden Auslandstourismus pleite gehen.
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>>"Immer wieder" und "reihenweise"? Dann poste doch mal bitte ein paar Links.
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>Ich habe vor einigen Monaten online (ich meine es war bei japantimes.co.jp) einen Artikel dazu gelesen, dass Kyoto vor dem Bankrott steht. Dass es grundsaetzlich ein Pfad ist auf den die Stadt schon lange zusteuert, dass das Ausbleiben der internationalen Touristen das Ganze jetzt aber stark beschleunigt. Da wurde eben auch gesagt, dass viele Ladenbesitzer dort nur vom Tourismus leben, und das vom reinen Innland Tourismus nicht gedeckt werden kann.
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Ich meine mich an den Artikel erinnern zu können - aber Kyoto ist nicht in erster Linie Opfer des ausbleibenden Auslandstourismus, sondern in erster Linie von Baubeschränkungen und ungünstiger Altersverteilung der Einwohner (viele Studenten und Senioren, die kaum Steuern zahlen, aber viele Vergünstigungen nutzen - die Mehrheit der Kyotoer Buslinien hat beispielsweise im Rekordtouristenjahr 2019 Verluste gemacht; wenn sie es dann nicht schaffen, schwarze Zahlen zu schreiben, wann dann?). Und in Orten mit viel Tourismus gibt es immer einige Leute, die ausschließlich vom Tourismus leben und darunter leiden, wenn er ausbleibt - egal, ob vom Inland oder Ausland. (Ich bin auch nicht generell gegen Tourismus! Ich bin gegen Massentourismus und Übertourismus. Statt den Yen zu entwerten und massenweise Billigtouristen ins Land zu locken, hätte man besser auf Qualitätstourismus setzen sollen; weniger Einheiten, hohe Gewinnspanne statt umgekehrt - Kyoto versuchte da ja auch schon das Ruder rumzureißen mit Sonderabgaben, aber halt zu spät und kurz vor der Pandemie. Und das sollte IMHO flächendeckend umgesetzt werden - JR Pass abschaffen, Kurtaxe für Übertourismus-Orte, steuerfreie Einkäufe für Touristen im Land (nicht an Flughäfen, sondern IM Land!) abschaffen.

>Mich wuerde aber mal deine konkrete Sicht und Erfahrung interessieren @ Tobakaido. Offenbar lebst du ja schon lange Zeit in Japan und bist direkt an der Quelle.
>Was bekommst du denn so alles mit? Was wird erzaehlt, was ist in den Nachrichten usw usw.
>Wie ist dein persoenlicher Eindruck von der Lage, aufgrund der (fast) kompletten Abkapselung eines gesamten Landes, ueber Jahre, zur Aussenwelt?
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Ich arbeite nicht in der Tourismusindustrie, von daher sind meine Erfahrungen anekdotisch - aber ich reise selbst viel innerhalb Japans, Urbex bedingt, und kenne auch einige Leute, die im Tourismus arbeiten; Reiseführer, Reise"journalisten", Autoverleiher... Die (internationalen) Reiseführer und -schreiber sind mehr oder weniger arbeitslos, weil die auch alles, wie die Hoteliers, auf Wachstum und Massentourismus gesetzt haben; da wurde dann halt die Frau zum Reisverdiener. Der Kumpel bei der Autovermietung meinte, dass 2020 lief, aber schlechter - derzeit brummt es wie blöd, weil Japan derzeit nur etwa 150 neue Infektionen pro Tag hat, landesweit, und viele ständig auf Achse sind. Ich hab die letzten 6 Wochenenden auch nur eines zu Hause verbracht. Eines auf Shodoshima, da war es nahezu unmöglich, irgendwo ein Mittagessen zu bekommen, weil alles voll war - auf der Nachtfähre haben sich die Leute gestapelt. In Tochigi wollte ich eine nahezu unbekannte Seilbahn rauf - der Bus dorthin stand kurz vor der Talstation 10 Minuten im Stau, dann haben die Seilbahnmitarbeiter den Verkehr runter gesperrt, damit der Bus etwa 50 Autos umfahren und zur Station fahren konnte. Das hab ich zuvor noch nie erlebt, auch 2019 nicht. Die Flieger sind voll, die Bahnen sind voll, selbst die Highway-Busse sind voll. Vermutlich aber halt vor allem am Wochenende - und Montag bis Freitag fehlen die Kartoffeln und Wuhanseln wohl dann tatsächlich ein wenig; wobei ich meist lange Wochenenden mache und da keinen großen Unterschied zwischen Donnerstag und Samstag festgestellt habe.
Eine dauerhafte Abschottung will natürlich niemand wirklich - dazu reisen die Japaner ja auch selbst viel zu gerne. Und ich kenne genug Leute hier, die ähnlich wie die Weebs mit den Hufen scharren, wann es endlich wieder international losgeht.
Zu dem Thema könnte man vermutlich ewig schreiben, weil irre komplex und ständigen Veränderungen ausgesetzt. Japan wird sich nicht ewig abschotten, so sehr es auch Spaß macht, dieses Knöpfchen bei den Weebs zu drücken. Aber glaub mir, bei 30 Millionen Auslandstouristen machst du auch nicht mehr wirklich Urlaub in Japan, sondern eher in Chipan. (Ohne Scheiß, 2019 hab ich in Otaru mehr Chinesisch als Japanisch in den Straßen gehört - und das ist kein Seitenhieb gegen China, die stellten nur damals die größte Gruppe. 15 Millionen russische oder deutsche Touristen wären genauso ätzend, weil es einfach die Atmosphäre zerstört!) Und ganz ehrlich: Derzeit ist nicht Japan das Problem. Wenn Deutschland entsprechend umgerechnet 100 neue Fälle pro Tag hätte, wären die Grenzen schon längst wieder offen. Bedankt euch bei den Impf- und Maskenverweigerern...


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