Thema:
Re:Ich freu mich so /sarcasm flat
Autor: _bla_
Datum:28.09.21 00:08
Antwort auf:Re:Ich freu mich so /sarcasm von Telemesse

>Das glaube ich nicht.

Ich auch eher nicht, aber völlig eindeutig finde ich es eben auch nicht.

>Die Entschädigung muß sich immer am tatsächlichen Verkehrswert orientieren und zur Bestimmung desselbigen ist der Ertragswert nur eine Größe von vielen. Anwendung finden muss aber immer die Wertermittlung die der Realität am nächsten kommt und nicht die für den Enteigner vermeintlich billigste.

Natürlich, aber die Frage ist halt, welche Rolle dabei die Erwartungen auf künftige Wertsteigerungen spielen müssen. Bei einer Enteignung müssen ja auch nicht irgendwelche Fantasiepreise bezahlt werden. Wenn das Haus einer Autobahn oder dem Braunkohleabbau weichen muss, dann richtet sich die Entschädigung nicht danach, was der Besitzer persönlich für einen Wert angemessen findet. Kindheitserinnerungen, die an einem Dorf hängen, was jetzt abgebaggert wird oder irgendwelche seltenen, vom Besitzer geschätzten Eigenschaften des Haus werden oft nicht berücksichtigt. Werte, die sich ein einzelner Besitzer einbildet, zählen nicht. Die Frage ist nun, ob diese eingebildeten Werte alleine dadurch real werden, das es eben nicht einzelne Besitzer solche Wertvorstellungen haben, sondern viele Besitzer und Käufer, auch wenn andere gewöhnliche Berechnungsmethoden wie bspw. der Ertrag zu einem wesentlich geringeren Wert führen.


>Im vorliegenden Fall wäre das Vergleichswertverfahren wesentlich naheliegender. Der Sinn der Entschädigung ist ja der, das er einem Enteigneten die Möglichkeit gibt, sich einen vergleichbaren Besitz an anderer Stelle zu verschaffen.

Die Frage ist halt bspw. was ist vergleichbarer Besitz? Du könntest bspw. auf die Idee kommen, das auch eine Entschädigung deutlich unter aktuellem Verkehrswert reicht, um etwas vergleichbares in einer anderen Stadt, mit einer mit Berlin vergleichbar schwacher Wirtschaftskraft zu kaufen. Muss sich eine Entschädigung danach richten, das Investoren bei Berlin eher an Paris, London oder New York denken und nicht an Krefeldt oder Dresden, die wirtschaftlich wesentlich vergleichbarer sind?

Und: Die Berliner Politik kann viele Entscheidungen treffen, die großen Einfluss auf den künftigen Marktwerte hätten. Sie könnten bspw. jede Menge Flächen für die Bebauung freigeben und könnten eine dichtere Bebauung zulassen. Sie könnten das theoretisch sogar alles selbst machen und könnten den Markt mit billigen Sozialwohnungen fluten. All das hätten natürlich einen riesigen Einfluss auf den zukünftigen Wert einer Mietwohnung in Berlin. Trotzdem würde es nicht zu einer Entschädigung führen. Es stellt sich also schon die Frage, was für einen Schutz die Vorstellungen von Investors auf künftige Wertentwicklung genießt. Was ist noch sinnvoll und wo fängt der kollektive Wahn an?

Und ggf. funktioniert das Ganze auch als Self-filling prophecy: Wenn das Verfassungsgericht es Berlin erlaubt, ein Objekt mit Marktwert X für eine kleinere Entschädigung Y zu enteignen, dann könnte der künftige Marktwert entsprechender Objekte bei Y liegen, weil niemand durch eine mögliche Enteignung Geld verlieren will und deshalb eben auch nur bis zu dem Preis gekauft wird, wo eine Enteignung kein Verlust mehr bedeutet.


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