Thema:
Re:Sorry Leute, wollte kein Spielverderber sein! flat
Autor: Telemesse
Datum:28.07.21 08:37
Antwort auf:Re:Sorry Leute, wollte kein Spielverderber sein! von token

>>Tokens Beitrag hat mich halt getriggert, da es da um ein Thema geht, mit dem ich mich mein erwachsenes Leben lang beschäftige.
>>
>>Ich verstehe die humorige Seite seines Beitrags, dennoch finde ich das, was er beschreibt, nicht normal.
>>
>Fühl dich nicht angegriffen.
>Ich denke ich hab einfach verkannt was der Post triggern könnte.
>Natürlich hat es mir als Autor nicht gefallen in welche Richtung ein Aufsatzpunkt der als Entertainment gedacht war gegangen ist.
>Das was das getriggert hat wollte ich nicht triggern, und hab dieses Potenzial wohl einfach verkannt.
>
>Den Diskurs mit dir abzubrechen lag einfach nur daran zu erkennen wie dich die Thematik emotional auflädt. Da lehrt einfach die Erfahrung, Perspektivdifferenzen mit einem Kontrahenten der emotional aufgeladen ist sind ein Fass ohne Boden, da findet auch kein Austausch statt sondern nur eine Verkettung von Missverständnissen.
>
>Und abschließend zum Hintergrund.
>Mir ist bewusst dass mein Verständnis von Humor nicht ganz einfach ist, und nicht von allen Menschen geteilt wird. Für mich ist Humor einfach ein Anker, mich selbst, mein Leben und die ganzen anderen haarlosen Affen einfach auszulachen ist für mich quasi mein way of the ninja um mit dem ganzen Irrsinn klar zu kommen.
>
>Zum Thema Gewalt hab ich eine klare Meinung. Ich lehne sie mit jeder Faser meines Körpers ab. Ich bin aber wohl auch ein Stück weit abgestumpft was gewisse Gewaltgrade angeht. Das heißt nicht dass ich diese harmlos finde, nur hab ich selbst genug erlebt und gesehen so dass mich gewisse Formate der Gewaltausübung nicht berühren, nicht als Opfer, nicht als Beobachter.
>
>Vielleicht ist das ein blöder Vergleich, aber er kommt mir halt in den Sinn.
>Dieser Moment wo sich dein eigenes Kind das Knie aufschlägt. Für das Kind geht gerade die Welt unter. Ein großes Drama.
>Ich nehme das ernst, nehme sie in den Arm und tröste weil ich weiß wie das ist, da geht halt gerade für dich die Welt unter, ich war auch mal Kind, i know, you need a hug. Und das Spenden von Trost ist keine Fassade, es kommt von Herzen. Dennoch denk ich mir da nicht "Ohgottohgottohgott" sondern halt lol, aufgeschlagenes Knie, ich wäre auch gerne wieder Kind, wie schön eine Lebenswirklichkeit ist in der einen sowas noch aus der Bahn wirft weil man noch nicht erfahren hat was die Lifebitch sonst noch so in Petto hat.
>
>Was mich lange Zeit aufgefressen hat war, wie machtlos man ist. Auch ein Beispiel das mit Gewalt zu tun hat. Ich habe als Erwachsener glaube ich nur ein einziges selbst aktiv zu Gewalt gegriffen um jemanden einzufangen. Meine Ex hatte eine Kommilitonin eingeladen und sie hat ihren Freund mitgebracht. Wir sitzen im Wohnzimmer, unterhalten uns, und aus irgendeiner Lappalie entbrennt zwischen den Beiden ein Streit der sich hochschaukelt. Plötzlich springt der Typ auf und klatscht ihr eine, zwar "nur" mit der flachen Hand, aber frag nicht nach Sonnenschein. Hab mir den sofort gepackt, weggerissen und den Kerl ordentlich gegen die Wand gepfeffert und da halt in einem Haltegriff eingeklemmt. Reine Impulshandlung wo der Denkapparat erst nach der Abwicklung anspringt. Da merkst du, fuck, jetzt aufpassen, was kommt zurück?
>Von dem Kerl jedenfalls nichts, der war so klein mit Hut. Das Hiebgewitter bekam ich in den Rücken, und zwar von seiner kreischenden Freundin.
>Um die hat sich meine Ex gekümmert, wir haben beide kurzerhand aus der Wohnung befördert und ihnen ihre Schuhe hinterhergeschmissen.
>
>Und dann sitzt du da und denkst darüber nach was da passiert ist und wie man damit umgehen soll. Man will helfen, und nach Stunden über Stunden betrübter Gespräche gelangt man zum Schluss, du kannst da nichts machen. Du kannst nicht helfen. Das ist alles so fürchterlich und man ist da involviert und kommt zum Schluss, du kannst nicht helfen! Weil man genau das nicht zum ersten mal erlebt, sondern sowohl meine Ex als auch ich diese Tanten hatte und das kennt, diese Dynamik schon mal beobachtet hat und mittlerweile versteht.
>
>Was willst du aus sowas machen, außer sich emotional zu distanzieren, weil sich nicht davon zu distanzieren Nachts nicht schlafen lässt?  
>Vielleicht gibt es Wege und Mittel, aber für mich hab ich sie nicht erkennen können, also nehme ich gewisse Missstände einfach hin und sehe sie als Normalzustand, der einem nicht gefallen muss, aber der halt ist wie er ist.
>Und mit dieser Distanzierung schaust du auf die Welt wie auf einen Zoo. Und erkennst ein Konglomerat aus Einfältigkeiten, Grotesken, Absurditäten, Idiotien und lauter haarlosen Affen als Hauptdarstellern. Und schaust in den Spiegel und erkennst, auch ich bin ein haarloser Affe. Du erkennst aber auch eine gewisse Komik in dieser ganzen Tragik, weil das alles insgesamt einfach nur hoffnungslos albern ist. Wir sitzen auf einem Gesteinsbrocken der durch ein sich expandierendes Universum rast dessen Größe jede Vorstellungskraft sprengt, und uns fällt nichts besseres ein als uns gegenseitig das Leben schwer zu machen und die Köpfe einzuschlagen.
>
>Das ist traurig, aber es ist irgendwie auch lustig weil es so albern ist, finde ich. Man muss nur aufpassen nicht zu einem Zyniker zu mutieren der sein Herz einfach komplett abgeschottet hat und gar nichts mehr ernst nimmt.
>Aber für mich funktioniert das, wohingegen das Modell Werther nicht funktioniert, da würd ich vor Verzweiflung ebenso verrückt werden.
>Stattdessen versuche ich mir einfach meinen Humor zu bewahren und den ganzen Quatsch dieses Alltags durch den Kakao zu ziehen.


Das ist imo auch eine sehr gute Strategie um nicht irgendwann, in Anblick des täglichen Irrsinns der so auf einen einprasselt, durchzudrehen. Ich versuche auch mich an diese Strategie zu halten was mir aber leider nicht immer gelingt und was ich gerne optimieren möchte.

Kurz nur zu deiner Story und der Polizeithematik.
Natürlich kann man so eine Anekdote jetzt im Nachhinein gemütlich vom Sofa analysieren und zu durchaus sinnigeren Handlungsempfehlungen kommen. Doch jeder der auch schon mal besoffen durch Clubs gezogen ist, wird wissen das solche Aktionen selten rationell und durchdacht sondern meist eher emotional, spontan und nicht selten ziemlich dümmlich sind. Aber so ist das eben. Polizei wäre imo ein Thema gewesen nachdem dich der Security rausgeschmissen hat. Danach, als dein Kumpel den anderen für einen Revengefight auf die Straße geholt hat war der Zug aber abgefahren. Was hättet ihr der Polizei erzählen wollen? „Der hat mich gehauen, weswegen wir uns an dem rächen wollten, was aber leider ziemlich in die Hose ging“. So eine Story hätte bei der Polizei sicher für einige Schmunzler gesorgt aber viel herausgekommen wäre da sicher nicht mehr.

Ich finde es schön wenn hier mal solche Anekdoten geposted werden auch wenn der Inhalt nicht höchsten Moralansprüchen gerecht wird. Das ganze Leben ist ein Lernprozess und imo schadet es deswegen auch aus eigenpädagogischer Sicht nicht durch solche Fehler fürs Leben gelernt zu haben;-)


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